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Peter-Pan-Syndrom Woran du die Angst vorm Erwachsensein erkennst

Peter-Pan-Syndrom: junges, verliebtes Paar auf einer Wiese
© Jacob Lund / Adobe Stock
Erwachsensein macht nicht immer Spaß. Wenn wir uns aber permanent dagegen sträuben, Verantwortung zu übernehmen, könnte das Peter-Pan-Syndrom dahinterstecken.

Inhaltsverzeichnis

"Alle Kinder, außer einem, werden erwachsen", heißt es in J. M. Barries Roman "Peter und Wendy". Dabei sprach er von Peter Pan, dem Jungen, der nicht erwachsen werden wollte. 

Auch wenn es im realen Leben keine Magie gibt, die Kinder daran hindert, physisch erwachsen zu werden, so klammern sich einige Erwachsene weiterhin an die sorglosen Tage der Kindheit und empfinden emotionale und finanzielle Verantwortung bis weit ins Erwachsenenalter hinein als Herausforderung. Das Peter-Pan-Syndrom ist die gängige Bezeichnung für dieses Verhaltensmuster.

Was ist das Peter-Pan-Syndrom?

Dr. Dan Kiley prägte den Begriff "Peter-Pan-Syndrom" in den 1980er Jahren in seinem Buch "Das Peter Pan Syndrom: Männer, die nie erwachsen werden". Ein Jahr später veröffentlichte er das Buch "Die Angst der Frauen, sie selbst zu sein. Das Wendy-Dilemma", in dem er die Schwierigkeiten junger Frauen in Beziehungen mit Peter Pans beschrieb. Doch was hat das Peter-Pan-Syndrom zu bedeuten

In erster Linie beschreibt es Menschen, die Schwierigkeiten haben, erwachsen zu werden. Anstatt sich zu den sozialisierten Aspekten des Erwachsenseins zu entwickeln, verharren diese Personen im Wesentlichen in der Kindheit. Laut Kiley verhalten sich Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom unverantwortlich und können narzisstische Persönlichkeitsmerkmale aufweisen. Dies mache es für sie schwierig, funktionierende, soziale, berufliche und romantische Beziehungen zu führen. Da Menschen mit Peter-Pan-Syndrom sich weigern, Verantwortung zu übernehmen, neigen sie dazu, anderen die Schuld für Probleme zu geben. 

Beachte, dass es sich hierbei nicht um eine anerkannte psychische Erkrankung handelt. Viele Expert:innen sind sich aber einig, dass dieses Verhaltensmuster Auswirkungen auf die Beziehungen und die Lebensqualität der Betroffenen haben kann. 

Gibt es das Peter-Pan-Syndrom auch bei Frauen?

In seinem Buch konzentriert sich Kiley auf überholte, patriarchalische Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität. Viele von ihm genannte Kriterien spiegeln sich daher in einer moderneren Sichtweise des Peter-Pan-Syndroms nicht wider. Während in früheren Texten behauptet wurde, dass das Syndrom nur Männer betrifft, können diese Merkmale auf jeden Menschen zutreffen – unabhängig von Geschlecht oder Gender. Genauso verhält es sich mit dem Wendy-Syndrom

Was ist das Wendy-Syndrom?

Kiley stellte schnell fest, dass es bei Frauen ein Gegenstück gibt, das als Wendy-Syndrom bekannt ist – in Anlehnung an Peter Pans weibliche Begleiterin. Das Wendy-Syndrom beschreibt die Eigenschaften einer Person, die ihrem Partner ein Peter-Pan-Dasein ermöglicht. Ursprünglich sollte es das weibliche Gegenstück des erwachsenen Mannes beschreiben. Es gilt aber für alle, unabhängig vom Geschlecht, die dieses Verhalten ermöglichen. Diejenigen, die das Wendy-Syndrom zeigen, meinen es oft gut und glauben, dass sie unterstützend wirken. Wenn sich jedoch ein Peter und eine Wendy voneinander ernähren, geraten sie in eine Sackgasse, die eine Co-Abhängigkeit begünstigt. 

Peter-Pan-Syndrom: Welche Symptome sind typisch?

Da es sich beim Peter-Pan-Syndrom um keine klinische Diagnose handelt, haben Expert:innen keine offiziellen Symptome festgelegt. Es gibt jedoch einige Anzeichen, die Betroffene miteinander teilen. Zu diesen Symptomen gehören Verhaltensweisen, die man von einem Kind oder Teenager erwarten würde. Dazu gehören: 

  • Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen
  • Geringe Motivation
  • Perspektivlosigkeit
  • Weigerung, konstruktive Kritik anzunehmen
  • Weigerung, Beziehungen zu definieren
  • Freundschaft mit jüngeren Menschen, anstatt mit Gleichaltrigen
  • Emotionale Ausbrüche in stressigen Situationen
  • Anspruchsdenken und die Erwartung, dass man sich um sie kümmert
  • Unzuverlässigkeit und Nachlässigkeit
  • Der Wunsch, sich alle Optionen offen zu halten, anstatt konkrete Pläne zu schmieden

Überdies führt Kiley in seinem Buch sieben Hauptmerkmale des Peter-Pan-Syndroms auf. Hierbei ist zu beachten, dass diese Kriterien teilweise auf veralteten, patriarchalen Vorstellungen von Geschlechtern und Sexualität aufbauen. 

  1. Emotionale Lähmung: Betroffene haben abgestumpfte Emotionen oder drücken ihre Gefühle auf unangemessene Weise aus.
  2. Langsamkeit: Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom können apathisch sein, Aufgaben aufschieben und häufig zu spät kommen.
  3. Soziale Herausforderungen: Sie fühlen sich ängstlich und haben Schwierigkeiten, sinnvolle Freundschaften zu schließen. Das Resultat ist stattdessen eine toxische Freundschaft
  4. Verantwortungslosigkeit: Die Betroffenen vermeiden es oft, für ihre Fehler die Verantwortung zu übernehmen und geben stattdessen anderen die Schuld.
  5. Weibliche Beziehungen: Sie können Schwierigkeiten mit mütterlichen Beziehungen haben und zukünftige romantische Partner:innen als "Mutterfiguren" behandeln.
  6. Männliche Beziehungen: Sie fühlen sich eventuell von ihrem Vater distanziert und haben Schwierigkeiten mit männlichen Autoritätspersonen. 
  7. Sexuelle Beziehungen: Betroffene können Angst vor Ablehnung durch romantische Partner:innen haben und wünschen sich Partner:innen, die von ihnen abhängig sind. Mehr dazu hier: Verlustangst.

Was sind die Ursachen für das Peter-Pan-Syndrom?

Da das Peter-Pan-Syndrom nicht ausreichend erforscht ist, kann man über die Ursachen nur mutmaßen. Es gibt jedoch verschiedene Erklärungsansätze, die stark von der jeweiligen Person und ihren Lebensumständen abhängen. Hier die möglichen Ursachen für das Peter-Pan-Syndrom:

  • Überbehütete Elternschaft: In diesem Fall werden die Kinder in dem Glauben erzogen, dass die Außenwelt gefährlich ist. Wenn sie sich nicht auf eigene Faust in die Welt hinauswagen, werden sie übermäßig abhängig, unsicher und haben möglicherweise Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden. 
  • Ängste: Ängste können den erfolgreichen Übergang ins Erwachsenenalter für viele Menschen erschweren. Erwachsene müssen im Wesentlichen für sich selbst sorgen, Lebensentscheidungen treffen, sich selbst und andere unterstützen oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Misserfolge können als persönliche Unzulänglichkeiten empfunden werden, die ohne angemessene Anleitung schwer zu akzeptieren sind. 
  • Angst vor Bindung: Viele Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom haben Angst, sich zu binden. Vielleicht fürchten sie sich auch vor jeder Entscheidung, die sie in eine Lage bringt, aus der es kein Entkommen gibt. Anstatt ein Risiko einzugehen, entscheiden sie sich dafür, sich nicht zu binden, weil dies die sicherere Alternative ist. Mehr dazu hier: Bindungsangst und Bindungsangst überwinden
  • Einsamkeit: Gewollte oder gefühlte Einsamkeit kann lähmend und problematisch sein. In diesen Fällen können sich Betroffene in die Kindheit zurückversetzen, um sich geliebt und unterstützt zu fühlen. Da sie sich nach Aufmerksamkeit sehnen, kann es sein, dass sie sich wie ein Kind verhalten oder sich weigern, mehr Verantwortung zu übernehmen. 
  • Narzissmus:Narzissmus ist ein häufiger Faktor im Zusammenhang mit dem Peter-Pan-Syndrom. Menschen mit narzisstischen Tendenzen glauben, dass sie Anspruch auf eine überhöhte Behandlung durch andere haben. In ihrer Vorstellung geht es nur um sie selbst. Deshalb manipulieren sie ihre Mitmenschen, um zu bekommen, was sie wollen und was sie glauben, verdient zu haben. 

Sind Narzissmus und das Peter-Pan-Syndrom das Gleiche?

Die Begriffe Peter-Pan-Syndrom und Narzissmus werden häufig gleichbedeutend verwendet. Aber es handelt es sich um unterschiedliche Konzepte. Es stimmt, dass viele Menschen, die mit diesem Syndrom leben, auch narzisstische Tendenzen zeigen. Viele Menschen haben aber auch narzisstische Züge, ohne die Kriterien für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung zu erfüllen. Darüber hinaus weist nicht jeder, der das Peter-Pan-Syndrom hat, narzisstische Züge auf. Auch wenn die beiden Begriffe Gemeinsamkeiten aufweisen (keine Verantwortung übernehmen, anderen die Schuld für Misserfolge geben, Angst vor Kritik oder Konflikten), sollten sie nicht miteinander zu verwechseln sein. Beim Narzissmus gehen diese Verhaltensweisen oft mit einer Abwertung anderer und einem Mangel an Empathie einher. 

Mehr zum Thema Narzissmus liest du hier: Vulnerabler Narzissmus, verdeckter Narzissmus, weiblicher Narzissmus, Narzissmus in Beziehungen und Narzissmus in der Familie.

Wie geht man mit Menschen mit dem Peter-Pan-Syndrom um?

Es ist zwar möglich, Betroffene zu positiver Veränderung zu ermutigen und diese zu unterstützen, doch in der Regel ist es nicht möglich, jemanden zu ändern, der nicht bereit oder willens ist, diese Arbeit aufzubringen. Kommuniziere stattdessen deine eigenen Ambitionen, Erwartungen und Lebensziele. Auch die Beendigung von Verhaltensweisen, die die betroffene Person in diesem Syndrom unterstützen (Hinterherräumen, Verwöhnen, etc.) kann helfen, die Notwendigkeit einer Veränderung zu erkennen. 

Was kann ich tun, wenn ich selbst Peter Pan bin?

Das Erwachsenenalter bringt viele komplizierte Dinge mit sich, über die man sich Gedanken machen muss. Kurz gesagt: Es ist nicht einfach, ein produktives, steuerzahlendes Mitglied dieser Gesellschaft zu sein. Daher ist es ganz normal, dass man sich manchmal in seine Teenagerzeit zurückwünscht. Wenn du feststellst, dass du dazu neigst, notwendige Angelegenheiten des Erwachsenseins zu vermeiden, zum Beispiel Arbeit finden oder gesunde Beziehungen zu pflegen, ist es wichtig, diese Muster zu hinterfragen.

Kann das Peter-Pan-Syndrom behandelt werden?

Eine Therapie ist der Schlüssel zu erfolgreichen Erforschung des Selbst. Therapeut:innen können dir ihre unvoreingenommene Unterstützung bieten, indem sie dir dabei helfen, Muster in deinem Leben zu untersuchen und zu erkennen, wie diese deine Beziehungen und Erfolgschancen beeinträchtigen. Denn: Beim Peter-Pan-Syndrom handelt es sich eher um eine Reihe von Verhaltensweisen, als um eine offizielle Diagnose. 

Verwendete Quellen:

  • "Peter Pan Syndrome 'Men Who Don't Grow': Developing a Scale", journals.sagepub.com, 2019

  • "Das Peter-Pan-Syndrom. Männer, die nie erwachsen werden", Dan Kiley, 1987

  • "Overprotecting parents can lead children to develop the so-called ‘Peter Pan Syndrome’", canal.ugr.es, 2007

  • "The Peter Pan and Wendy syndrome: a marital dynamic", journals.sagepub.com, 1982

Informationen zu Hilfsangeboten

Erkennen Sie bei sich Anzeichen einer Depression? Beim überregionalen Krisentelefon unter 0800 1110111 wird schnell und anonym geholfen! Weiterführende Informationen gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Brigitte

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