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Bindungstypen Die 4 Bindungsstile und deren Bedeutung

Bindungstypen: zwei Hände, die einander reichen
© LIGHTFIELD STUDIOS / Adobe Stock
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass du in romantischen Beziehungen auf bestimmte Weise denkst und handelst? Dein Bindungstyp kann die Ursache dafür sein.

Inhaltsverzeichnis

Bindungsstile begleiten uns das gesamte Leben. Gekennzeichnet ist der Bindungstyp durch unterschiedliche Arten der Interaktion und des Verhaltens in Beziehungen. In der frühen Kindheit konzentrieren sich diese Bindungsstile darauf, wie Kinder und Eltern miteinander umgehen. Im Erwachsenenalter werden Bindungstypen verwendet, um die Bindungsmuster in romantischen Beziehungen zu beschreiben. Das Konzept der Bindungsstile entwickelte sich aus der Bindungstheorie und -forschung, die in den 1960er und 1970er Jahren aufkam. Daraus resultieren vier Hauptbindungsstile, die auch heute noch von Psycholog:innen anerkannt sind.

Die Kenntnis deines Bindungsstils kann dir helfen, dich selbst besser kennenzulernen und gesunde, langfristige Partnerschaften aufzubauen. 

Was ist Bindung?

Bindung ist eine besondere, emotionale Beziehung, die unter anderem den Austausch von Trost, Fürsorge und Freude beinhaltet. Schon Freuds Theorien über die Liebe haben sich mit der Bindungsforschung beschäftigt. Als Begründer der Bindungstheorie gilt jedoch eine andere Person: John Bowlby. Er teilte die psychoanalytische Ansicht, dass frühe Erfahrungen in der Kindheit die Entwicklung und das Verhalten im späteren Leben beeinflussen können. Laut Bowlby werden Bindungsstile bereits in der Kindheit durch die Beziehung zwischen Säugling und Bezugsperson geprägt. Darüber hinaus war er der Ansicht, dass Bindung eine evolutionäre Komponente hat, die dem Überleben dient.

Laut Bowlby gibt es charakteristische Merkmale der Bindung. Das sind sie:

  • Aufrechterhaltung von Nähe: Der Wunsch, in der Nähe der Menschen zu sein, mit denen wir verbunden sind.
  • Sicherer Hafen: Die Rückkehr zur Bindungsperson, um Trost und Sicherheit angesichts von Angst oder Bedrohung zu finden.
  • Sichere Basis: Die Bezugsperson dient als sichere Basis, von der aus das Kind seine Umgebung erkunden kann.
  • Trennungsangst: Ängste, die bei Abwesenheit der Bezugsperson auftreten.
© Brigitte

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Die 3 Thesen zur Bindungstheorie nach Bowlby

Bowlby stellt drei wichtige Thesen zur Bindungstheorie auf. Hier alle auf einen Blick.

  1. Kinder, die mit der Gewissheit aufgewachsen sind, dass ihre primäre Bezugsperson für sie da sein wird, leben angstfreier als Kinder, die ohne diese Überzeugung aufwachsen.
  2. Dieses Vertrauen wird während der Jahre als Säugling, Kleinkind und Teenager aufgebaut. Die Erwartungen, die sich in dieser Zeit herausbilden, bleiben in der Regel für den Rest des Lebens relativ unverändert.
  3. Kinder entwickeln die Erwartung, dass ihre Bezugspersonen auf ihre Bedürfnisse eingehen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass ihre Bezugspersonen in der Vergangenheit auf sie eingegangen sind. Mit anderen Worten: Die Erwartungen, dich sich herausbilden, sind direkt mit Erfahrungen verbunden.

Weiterführung von Mary Ainsworth

In den 1970er Jahren baute die Psychologin Mary Ainsworth diese Annahmen von Bowlby weiter aus. In ihrer "Strange Situation"-Studie wurden Kinder im Alter von 12 bis 18 Monaten dabei beobachtet, wie sie auf eine Situation reagierten, in der sie kurz allein gelassen und dann wieder mit ihrer Mutter zusammengeführt wurden. Im Detail sah die Abfolge wie folgt aus:

  1. Elternteil und Kind sind allein in einem Raum.
  2. Das Kind erkundet den Raum unter elterlicher Aufsicht.
  3. Eine fremde Person betritt den Raum, spricht mit dem Elternteil und nähert sich dem Kind.
  4. Die Bezugsperson verlässt den Raum …
  5. … und kehrt im Anschluss wieder zurück, um das Kind zu trösten.

Einige Kinder erkundeten und spielten frei, wenn ihre Mutter im Zimmer war, verzweifelten, wenn sie wegging, und konnten dann bei ihrer Rückkehr beruhigt und getröstet werden. Diese Kinder wurden als sicher gebunden bezeichnet.

Einige Kinder neigten dazu, die Mutter zu meiden oder zu ignorieren, schon bevor sie wegging, und zeigten wenig Emotionen, wenn sie den Raum verließ und wenn sie zurückkam. Ainsworth und ihre Kolleg:innen stellten die Hypothese auf, dass dieses Vermeidungsverhalten ihren wahren Kummer verdeckte, und einige weitere Untersuchungen, bei denen die Herzfrequenz der vermeidenden Kinder verfolgt wurde, bestätigten diese Theorie. Diese Kinder wurden als unsicher-vermeidend bezeichnet.

Einige Kinder waren bereits etwas verzweifelt, bevor die Mutter den Raum verließ, zeigten dann aber eine erhebliche Verzweiflung und waren schwer zu beruhigen, wenn die Mutter zurückkam. Die Forscher:innen beobachteten manchmal den Wunsch, die Mutter für ihre Abreise zu "bestrafen", indem sie sich trotz ihrer Erleichterung über die Rückkehr der Mutter weiter aufführten. Diese Kinder wurden als unsicher-ambivalent bezeichnet.

Einige Kinder zeigten weitgehend inkonsistente Verhaltensweisen, darunter allgemeine Ziellosigkeit während des gesamten Experiments, Angst vor der Betreuungsperson oder sogar Aggressivität ihr gegenüber. Manchmal zeigten sie diese Momente deplatzierten Verhaltens und fielen dann in eine der anderen Kategorien, oder sie waren eine Mischung aus mehreren. Diese Kinder wurden als Kinder mit desorganisierter Bindung eingestuft.

Welche 4 Bindungstypen gibt es?

Zahlreiche andere Studien haben diese Schlussfolgerungen bestätigt und weitere Forschungen haben ergeben, dass diese frühen Bindungsstile dazu beitragen können, Verhaltensweisen im späteren Leben vorherzusagen. Manche Psycholog:innen kritisieren die Bindungstheorie jedoch. Sie halten es für wahrscheinlicher, dass Bindungsstile im Eltern-Kind-Bereich und Bindungsstile im romantischen Beziehungsbereich mäßig miteinander verbunden sind. Wodurch zeichnen sich die vier Bindungsstile jeweils aus?

  • Unsicher-vermeidende Bindung: Vermeidend, abweisend-vermeidend oder ängstlich-vermeidend sind alles Begriffe für denselben unsicheren Bindungsstil. Er zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht gelingt, langfristige Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, weil die Betroffenen nicht in der Lage sind, körperliche und emotionale Nähe zuzulassen. Sie haben Bindungsangst. Das kann aus einer strengen oder emotional distanzierten Erziehung sowie abwesenden Bezugspersonen resultieren.
  • Sichere Bindung: Der sichere Bindungsstil bezieht sich auf die Fähigkeit, sichere, liebevolle Beziehungen zu anderen aufzubauen. Betroffene sind in der Lage, anderen zu vertrauen, zu lieben, Liebe anzunehmen und anderen relativ leicht nahezukommen. Sie haben keine Angst vor Intimität und geraten auch nicht in Panik, wenn ihre Partner Zeit oder Abstand von ihnen brauchen. Sie sind in der Lage, sich auf andere zu verlassen, ohne völlig abhängig zu werden.
  • Unsicher-ambivalente BindungDer unsicher-ambivalente Bindungsstil – auch bekannt als ängstlich-ambivalent oder ängstlich-besorgt – ist eine weitere Form der unsicheren Bindung. Dieser Bindungstyp entsteht, wenn Kinder Schwierigkeiten haben, ihre Bezugspersonen zu verstehen sowie keine Sicherheit dahingehend verspüren, was sie von ihnen erwarten können. Menschen mit einem unsicher-ambivalenten Bindungsstil neigen dazu, in ihren Beziehungen sehr unsicher zu sein. Sie haben Verlustangst und sind daher immer auf der Suche nach Bestätigung.
  • Desorganisierte Bindung: Eine ängstlich-desorganisierte Bindung ist definiert als extrem inkonsistentes Verhalten und Schwierigkeiten, anderen zu vertrauen. Die häufigsten Ursachen für einen desorganisierten Bindungsstil sind Kindheitstraumata, Vernachlässigung oder Missbrauch. Auch Angst vor den Eltern ist vorhanden. Menschen mit einer desorganisierten Bindung sehnen sich einerseits verzweifelt nach Zuneigung und wollen sie andererseits um jeden Preis vermeiden. Sie zögern, eine romantische Beziehung einzugehen, haben aber gleichzeitig das Bedürfnis, sich von anderen geliebt zu fühlen. 

Kann man den Bindungsstil ändern?

Mit viel Arbeit und Geduld ist es möglich, den Bindungsstil zu verändern. Besonders hilfreich kann die Unterstützung von außen sein. Zum Beispiel in Form einer tiefenpsychologischen Therapie. Diese Tipps können dir außerdem helfen.

  • Identifiziere dein Beziehungsmuster. Dafür kannst du an deine Beziehung zu deinen Eltern als Kind denken. Stelle dir Fragen wie: Wie haben sich meine Eltern mir gegenüber verhalten? Wie habe ich auf sie reagiert? Zu wem bin ich gegangen, um Trost zu finden? Beurteile deinen gegenwärtigen und früheren Bindungsstil und stelle fest, ob es bei der Wahl von Liebespartner:innen irgendwelche Muster gibt.
  • Arbeite an deinem Selbstwertgefühl. Ein geringes Selbstwertgefühl ist ein gemeinsames Merkmal aller unsicheren Bindungsstile. Lerne zuerst, dich selbst anzunehmen, wertzuschätzen, zu lieben und zu pflegen. Manchmal kann uns diese Selbstliebe im Leben abhandenkommen. Etwa, weil wir als Kind vernachlässigt oder abgelehnt wurden. Wir können uns diese Liebe zu uns selbst aber wieder zurückerobern. Hier erfährst du mehr: Selbstwertgefühl stärken und Selbstvertrauen stärken.
  • Komme in Kontakt mit deinen Bedürfnissen. Letzten Endes haben die meisten Menschen, die dazu neigen, unsichere Beziehungen einzugehen, tiefe Ängste. Ängste davor, dass ihre Beziehungen nicht funktionieren werden. Deshalb ist es wichtig, herauszufinden, wie du dich in deinen Beziehungen sicherer fühlen kannst. Dazu gehört auch, dass du dir über deine Bedürfnisse und Wünsche in einer Beziehung im Klaren bist. 

Welches ist der ungesündeste Bindungsstil?

Der unsicher-vermeidende Bindungsstil wird oft als der schwierigste angesehen und ist der Bindungsstil, der am häufigsten mit psychologischen und Beziehungsproblemen in Verbindung gebracht wird. Alle drei unsicheren Bindungsstile (vermeidend, ambivalent und desorganisiert) neigen jedoch auf ihre eigene Art und Weise zu Beziehungsproblemen. Die sichere Bindung gilt oft als das gesunde Ideal, das in Beziehung angestrebt wird. Wichtig zu wissen ist aber auch, dass wir in verschiedenen Situationen einen anderen Bindungsstil haben können. So ist es möglich, einen primären Bindungsstil in uns zu tragen, aber je nach Beziehung fühlen wir uns bei einer Person sicherer als bei einer anderen. Dazu tragen die Persönlichkeit des Gegenübers und das Gefühl der Sicherheit bei. 

Was ist der beste Bindungstyp?

Der sichere Bindungsstil wird für ein erfülltes Leben am meisten angestrebt. Das bedeutet aber nicht, dass Menschen mit einem anderen Bindungsstil schlechter sind oder kein erfülltes Leben führen können. 

Verwendete Quellen: 

Brigitte

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