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Hochsensibilität Wie verhält sich ein hochsensibler Mensch?

Hochsensibilität: Erschöpfte, junge Frau liegt auf einem Bett
© Ilona / Adobe Stock
Wie äußert sich Hochsensibilität und was tut hochsensiblen Menschen gut? Wann das vermeintliche Problem zum Vorteil wird, und an welchen Merkmalen du erkennst, dass du hochsensibel bist.

Inhaltsverzeichnis

Hochsensibilität ist kein Leid, sondern eine Gabe – wenn Betroffene wissen, wie sie das Empfinden zu ihren Gunsten nutzen können. In unserer rasanten und lauten Welt wird Stille oft vermisst und Sensibilität als Schwäche angesehen. Doch es gibt einen beinahe verborgenen Anteil in der Bevölkerung, etwa zehn bis 20 Prozent weltweit, der diese Stille sucht und die Welt auf eine Weise erlebt, die viele nicht nachvollziehen können. Es sind die hochsensiblen Menschen, die stets die subtilsten Veränderungen in ihrer Umgebung bemerken, intensive Emotionen erleben und einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik und Empathie besitzen. 

Was bedeutet Hochsensibilität?

Wir alle reagieren auf bestimmte Dinge empfindlich – das liegt in der Natur des Menschen. Aber unter Hochsensibilität versteht man ein anderes Maß an Empfindlichkeit. Der Begriff "hochsensible Person" wurde erstmals Mitte der 1990er Jahre von den Psycholog:innen Elaine Aron und Arthur Aron geprägt. Elaine Aron veröffentlichte dazu 1996 ihr Buch "The Highly Sensitive Person". Seitdem hat das Interesse an diesem Konzept stetig zugenommen. Hochsensibel zu sein, bedeutet nicht, dass man eine psychische Krankheit hat. Es ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das eine erhöhte Reaktionsfähigkeit sowohl auf positive als auch auf negative Einflüsse beinhaltet. 

Wie äußert sich Hochsensibilität?

  • Vermeidung von gewalttätigen Filmen und Fernsehsendungen, weil sie zu intensiv sind und ein Gefühl der Beunruhigung hinterlassen.
  • Tief bewegt sein von Schönheit, die entweder in der Kunst, der Natur oder dem menschlichen Geist zum Ausdruck kommt.
  • Überwältigung durch Sinnesreize, wie laute Menschenmengen, helle Lichter oder unbequeme Kleidung.
  • Das Bedürfnis nach einer Auszeit, vor allem an hektischen Tagen
  • Das Bedürfnis, sich in einen dunklen, ruhigen Raum zurückzuziehen
  • Ein reiches und komplexes Innenleben mit tiefen Gedanken und starken Gefühlen, die damit einhergehen.

Wodurch wird Hochsensibilität verursacht?

Was eine Person hochsensibel macht, kann nicht pauschal beantwortet werden. Hier alle Faktoren, die eine Rolle spielen könnten:

  • Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Hochsensibilität ein evolutionäres Merkmal ist, das die Wahrscheinlichkeit des Überlebens erhöht, weil unsere Vorfahren nach potenziellen Raubtieren oder gefährlichen Situationen Ausschau hielten. Doch diese ständige Wachsamkeit, auch wenn keine unmittelbare Bedrohung besteht, kann zu Angstzuständen führen. 
  • Die Forschung zeigt auch, dass ein Mangel an elterlicher Wärme in der Kindheit dazu führen kann, dass ein Kind eine Hochsensibilität entwickelt und diese Eigenschaft bis ins Erwachsenenalter trägt. Gleiches gilt für negative Erfahrungen in der frühen Kindheit. Wenn du als Kind ein Trauma erlebt hast, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass du als Erwachsene hochsensibel wirst. 
  • Auch die Genetik kann zu einer hohen Empfindlichkeit beitragen.Die Wahrscheinlichkeit, dass du hochsensibel bist, ist größer, wenn Hochsensibilität generell in deiner Familie vorkommt. 

Nicht alles ist Hochsensibilität

Oft verwechseln Menschen Hochsensibilität mit anderen Persönlichkeitsmerkmalen oder psychischen Erkrankungen:

  • Introvertiertheit: Sowohl hochsensible Menschen als auch Introvertierte können überwältigt werden, wenn sie mit zu vielen Reizen konfrontiert werden. Introvertierte werden jedoch insbesondere von sozialen Reizen, wie großen Menschenmengen oder Partys, überwältigt. Hochsensible Menschen können ebenfalls von sozialen Reizen überwältigt werden. Allerdings reagieren diese empfindlich auf alle verschiedenen Arten von Sinnesreizen, wie zum Beispiel helles Licht und laute Musik. 
  • Autismus: Hochsensibilität ist keine Form von Autismus. Hochsensible werden von sensorischen Informationen überwältigt, während Menschen mit Autismus entweder über- oder unterempfindlich auf sensorische Informationen reagieren können.
  • ADHS: Während sowohl hochsensible Menschen als auch Menschen mit ADHS eine Überempfindlichkeit gegenüber Reizen aufweisen, zeigen Menschen mit ADHS auch kognitive Symptome, die Hochsensible nicht haben, wie zum Beispiel Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder aufmerksam zu sein.

Hochsensibilität wird oft mit anderen psychischen Erkrankungen verwechselt. Nicht ohne Grund, denn sie kann neben ihnen auftreten. Zum Beispiel kann eine Person ADHS haben und gleichzeitig hochsensibel sein.

Welche Herausforderungen erleben Hochsensible?

  • Hektische Zeitpläne: Nicht jeder liebt es, zu viel zu tun zu haben, aber manche Menschen blühen in der Aufregung und dem Rausch eines geschäftigen Lebens auf. Hochsensible hingegen fühlen sich überfordert und verunsichert, wenn sie in kurzer Zeit viel zu tun haben – auch wenn sie eigentlich genug Zeit hätten, um alles zu erledigen. Die Ungewissheit, vielleicht nicht alles schaffen zu können, und der Druck, den solche Situationen mit sich bringen, können sich überwältigend anfühlen. 
  • Erwartungen an andere: Hochsensible Menschen neigen dazu, die Bedürfnisse und Gefühle anderer wahrzunehmen. Sie hassen es, andere im Stich zu lassen. Zu lernen, "Nein" zu sagen, ist eine Herausforderung und eine Notwendigkeit für hochsensible Personen, weil sie sich von den Forderungen anderer erdrückt fühlen können. Insbesondere, weil sie die Enttäuschung ihrer Freunde spüren, wenn sie "Nein" sagen müssen.
  • Konflikte: Hochsensible Menschen sind anfälliger für Stress durch Konflikte. Sie sind sich stärker bewusst, wenn sich in einer Beziehung Probleme zusammenbrauen – weil sich die Dinge mit jemandem, der nicht kommuniziert, dass es ein Problem gibt, einfach nicht gut anfühlen. Dies kann aber auch dazu führen, dass sie Signale, die nichts mit der Beziehung zu tun haben, als Anzeichen für einen Konflikt oder Ärger fehlinterpretieren. 
  • Sozialer Vergleich: Hochsensible Menschen können auch für den Stress des sozialen Vergleichs anfällig sein. Sie spüren die negativen Gefühle der anderen Person ebenso wie ihre eigenen Gefühle.
  • Persönliche Misserfolge: Da Hochsensible ihre eigenen schlimmsten Kritiker sind, neigen sie eher zu Grübeleien und Selbstzweifeln. Wenn ihnen ein peinlicher Fehler unterläuft, können sie sich noch eine ganze Weile daran erinnern und schämen sich dafür mehr als der Durchschnittsmensch. Sie mögen es nicht, beobachtet und bewertet zu werden, wenn sie sich an etwas Schwieriges wagen und können es sogar vermasseln, weil sie unter Beobachtung stehen. 

Vorteile der Hochsensibilität

  • ausgeprägte Aufmerksamkeit für Details
  • Rücksichtnahme auf die Wünsche und Bedürfnisse anderer Menschen
  • Fähigkeit, tiefe und bedeutungsvolle Beziehungen zu anderen zu entwickeln, aufgrund des hohen Maßes an Empathie
  • ausgeprägte Gefühle von Freude, Aufregung und Liebe
  • Fähigkeit, gut überlegte Entscheidungen zu treffen

Was tut Hochsensiblen gut?

Wege zu finden, mit dem Stress des Lebens umzugehen, kann besonders hilfreich sein, wenn du eine eher sensible Persönlichkeit bist – denn dann kannst du sie nämlich zu deinen Gunsten nutzen! Schaffe eine Barriere zwischen dir und Sinnesreizen, die sich überwältigend anfühlen. Erkenne, was bei dir Stress auslöst und lerne, diese Dinge zu vermeiden. 

  • Nimm dir Zeit für dich selbst. Dazu gehört auch, Situationen zu vermeiden, in denen du dich überfordert fühlst.
  • Pass deine Umgebung an. Gestalte die Umgebung, die du kontrollieren kannst, so sensorisch freundlich wie möglich. Berücksichtige Elemente wie Beleuchtung, Farbwahl und Geräusche. Wenn du kannst, dann mache dein Zuhause zu einem sicheren Zufluchtsort und fülle es mit Dekoration und Kunstwerken, die für dich von Wert sind. 
  • Gönne dir Zeit zum Auftanken. Als hochsensible Person brauchst du vielleicht mehr Zeit zum Auftanken als andere. Das könnte so aussehen, dass du dir nach einem anstrengenden Tag Zeit für dich selbst nimmst oder darauf achtest, dass du zwischen den Aufgaben eine Auszeit einplanst.
  • Über dich in Akzeptanz und Achtsamkeit: Die Forschung zeigt, dass Akzeptanz und Achtsamkeit dazu beitragen können, die mit Hochsensibilität verbundenen Symptome von Angst und Depression zu verringern. Akzeptanz kann so aussehen, dass du deine eigenen Befindlichkeiten nicht bewertest. Achtsamkeit und Meditation können dir helfen, die Reizüberflutung zu bewältigen. Hier findest du verschiedene Achtsamkeitsübungen. 
  • Wähle deine Freunde mit Bedacht aus. Da Hochsensible ein hohes Maß an Empathie besitzen, kann es besonders wichtig sein, mit den richtigen Menschen Zeit zu verbringen. Achte darauf, dass du Beziehungen eingehst, in denen ihr einander unterstützt und lass deine Lieben wissen, was du brauchst, wenn du dich überfordert fühlst.
  • Scheue dich nicht, "Nein" zu sagen: Nimm nicht mehr auf dich, als dir guttut und habe keine Angst, Grenzen zu setzen. Es kann zwar schwierig sein, zu Menschen, die dir wichtig sind, "Nein" zu sagen, aber es ist wichtig, dass du dein eigenes Wohlbefinden und deine Bedürfnisse weitestgehend in den Vordergrund stellst. 

Fazit

Hochsensible Menschen haben eine erhöhte Empfindlichkeit für ihre Umgebung. Das ist zwar keine Krankheit, kann aber Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, zwischenmenschliche Beziehungen und darauf haben, wie du dich in der Welt bewegst. Als hochsensible Person hast du aber auch deine einzigartigen Stärken. Du neigst dazu, dich besser auf die Gefühle anderer einzustellen, hast ein hohes Maß an Empathie und schätzt Kunst und Schönheit sehr. Das Leben als hochsensible Person mag überwältigend erscheinen, aber wenn du dein Umfeld anpasst, dir Zeit zum Aufladen nimmst und dich in Akzeptanz und Achtsamkeit übst, kannst du dich in deiner Welt besser zurechtfinden. 

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Verwendete Quellen:

Brigitte

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