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Tibetische Medizin Sanfte Heilung aus dem fernen Osten?

Tibetische Medizin: Frau stellt Medizin her
© bondburn / Shutterstock
Tibetische Medizin ist eine Heilmethode, die immer mehr Anhänger findet. Vor allem chronisch Kranke hoffen auf Heilung. Aber kann das wirklich helfen?

Tibetische Medizin: Was ist das?

Ähnlich wie die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist die Traditionelle Tibetische Medizin (TTM) eine fernöstliche Heilmethode, bei der die fünf Elemente Erde, Wasser, Feuer, Holz und Metall eine große Rolle spielen. Damit wir gesund sind und bleiben, müssen diese Elemente in einem Gleichgewicht zueinander stehen. Demnach beeinflussen die individuelle Lebensweise und unsere Ernährung diese Balance erheblich – ist sie gestört, können verschiedene Krankheiten auftreten. Die Traditionelle Tibetische Medizin soll auf sanfte Art gegen dadurch auftretende Beschwerden helfen.

Grundlagen der Tibetischen Medizin

Die fünf Elemente stehen laut der Tibetischen Medizin für aktive Verdichtungen oder auch Lebenskräfte, die sogenannten Doshas (auch bekannt als 3 Nyes pa), die verschiedene Funktionen haben. Ihnen werden drei Geistesgifte zugeordnet, die wiederum den Geisteshaltungen entsprechen, die das Gleichgewicht der Doshas stören und uns so krank machen können. Die Geisteshaltungen sind:

Lung: Energie der Bewegung, steht für den Wind (Vatta)

Lung steht generell für alles Bewegliche in Körper und Geist, außerdem für dynamische und physiologische Funktionen im Körper sowie für Sinneseindrücke. Das Geistesgift, das Lung entgegensteht, ist die Gier – auch in Form von Begierde oder Anhaftung.

Tripa: Feuer des Lebens, steht für die Galle (Pitta)

Unter Tripa ist die Wärmeregulierung des Körpers zusammengefasst, dazu zählen außerdem Verdauung und Stoffwechsel.Der Gegenspieler in Form des Geistesgiftes ist der Hass oder auch Zorn, Neid oder generelle Aggression.

Beken: Die Flüssigkeit, steht für Schleim (Kapha)

Das flüssige Element Beken versinnbildlicht flüssige Beweglichkeit und Mechanik des Körpers, beispielsweise den funktionalen Bewegungsapparat. Das Geistesgift, das dem entgegensteht, besteht aus Unwissenheit, Engstirnigkeit und Verblendung.

Gerät die Balance dieser drei Grundenergien durcheinander, beispielsweise indem ein Mangel oder Überschuss in einem der Bereiche vorliegt, können verschiedene Beschwerden und Krankheiten entstehen. Dafür kann es neben den Geistesgiften verschiedenen Ursachen geben – beispielsweise eine generell ungesunde Lebensweise oder auch schlechte Ernährung. Aber auch jahreszeitbedingte Gründe, die man nicht beeinflussen kann, können eine Rolle spielen.

Generell nutzt die Tibetische Medizin Gegensätzlichkeit zur Diagnose und Behandlung von Erkrankungen. Vor allem Hitze und Kälte spielen hier eine Rolle:Sogenannte kalte Erkrankungen müssen beispielsweise demnach durch wärmende Maßnahmen behandelt werden – und umgekehrt.

Wann wird Tibetische Medizin angewendet?

Tibetische Medizin kann unter anderem bei folgenden Beschwerden eingesetzt werden:

  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Immunschwäche
  • Kopfschmerzen bis hin zu Migräne
  • Atemwegserkrankungen

Wie entsteht Tibetische Medizin?

Im nordindischen Dharamsala, dem Sitz des Dalai Lama, werden für Tibetische Medizin hunderte von verschiedenen Kräutern kleingehackt, zusammengemischt, zu Brei verrührt und in rotierenden Trommeln zu Kugeln geformt. Neben 125 "normalen" Heilpillen werden auf diese Weise auch acht sogenannte Juwelenpillen hergestellt. Sie können außer Kräutern in langwierigen Verfahren entgiftete Stoffe wie Gold, Silber, Smaragde, Diamanten, Korallen, Saphire oder Kupfer enthalten. Die kostbaren Kügelchen sollen bei besonders hartnäckigen Krankheiten heilend wirken und bei gesunden Menschen das Immunsystem stärken.

Padma 28: gut fürs Herz?

Besonders populär ist Padma 28, eine Kräuterpille, die vor allem bei verengten Blutgefäßen, Angina pectoris und der Entzündung des Herzmuskels helfen soll. Padma 28 besteht aus 20 Pflanzenteilen sowie Kalziumsulfat und Kampfer, wird nach einer tibetischen Originalrezeptur in der Schweiz hergestellt und dort rezeptfrei in Drogerien oder Apotheken verkauft. Rund 70 Mark kostet eine Packung mit 200 Tabletten der Tibetischen Medizin.

Rätselhafte Kombination aus 22 Stoffen

Deutsche Ärzte verordnen das Mittel nur ungern. Weil sie es in der Regel nicht kennen und weil es gegen die Gebote der Schulmedizin verstößt. "In Deutschland darf ein Medikament eigentlich nur aus fünf Inhaltsstoffen bestehen. Padma 28 enthält aber 22 Stoffe. Und wie diese in ihrer Kombination wirken, kann niemand sagen", so der Arzt Thomas Ross von der Patienteninformation für Naturheilkunde in Berlin. Allerdings hätten drei Studien ergeben, dass Padma 28 tatsächlich bei verengten Blutgefäßen helfen würde, räumt Ross ein. Trotzdem sollte man sich das Mittel nicht – wie es viele Deutsche tun – auf eigene Faust in der Schweiz oder übers Internet besorgen.

Kritik an der Tibetischen Medizin: "Das sind keine Wunderpillen!"

Weil die Tibetische Medizin als natürliche Methode gilt, glauben viele Patienten, sie könne keinen Schaden anrichten. Doch unbedachte Anwendung kann sehr wohl unerwünschte Nebenwirkungen haben. Vor leichtsinnigem Umgang mit tibetischer Medizin warnt darum Professor Jürgen Aschoff – obwohl er selbst Migränepatienten mit tibetischen Kräutermixturen behandelt: "Das sind keine Wunderpillen. Die meisten Berichte über die Erfolge dieser Präparate beruhen auf persönlichen Erfahrungen. Seriöse wissenschaftliche Untersuchungen gibt es kaum", sagt der Neurologe von der Universität Ulm.

Warum suchen trotzdem viele Menschen Hilfe durch Tibetische Medizin?

Patienten, die seit Jahren an einer chronischen Krankheit leiden und im Fachjargon der Schulmedizin als "austherapiert" gelten, ist das egal. Sie sind offen für alles Neue, was hoffen lässt. Noch etwas kommt hinzu: "Die meisten Schulmediziner sehen nur den Körper des Kranken. Vielleicht noch die Seele, also die Gefühle, wenn es um die Behandlung psychosomatischer Krankheiten geht. Die Tibetische Medizin berücksichtigt aber auch den Geist", sagt Walburg Maric-Oehler, eine Bad Homburger Ärztin, die in ihrer Praxis auch das traditionelle Heilverfahren anwendet.

Eine sehr persönliche Diagnose und eine schlichte Therapie – ist es das, was die Tibetische Medizin so attraktiv macht? Deutsche Ärzte jedenfalls, die Elemente der fernöstlichen Heiltradition in ihre Behandlung einbeziehen, sind auf Monate im Voraus ausgebucht. Auch die Telefonleitungen der deutschen Tibet-Zentren, die sich mit der ganzheitlichen Methode befassen, drohten zusammenzubrechen. Der Anthropologe Frank Zablewski vom Institut für traditionelle tibetische Medizin in Freiburg sagte dazu: "Wir sind auf diesen Ansturm überhaupt nicht vorbereitet und müssen viele der Anrufer erst einmal vertrösten." Denn in Deutschland gibt es kaum niedergelassene tibetische Ärzte, die sich mit dem Gleichgewicht von Körper und Geist beschäftigen. Allerdings kann man hierzulande mittlerweile an bestimmten Instituten eine Ausbildung im Bereich Tibetische Medizin absolvieren.

Noch mehr Infos gefällig? Alles über Akupressur erfährst du hier. Außerdem erklären wir, wie die Handreflexzonenmassage bei Beschwerden helfen kann und was es mit der Bioresonanztherapie auf sich hat.

Quellen

Tibetische Medizin in: Der Brockhaus, Gesundheit, wissenmedia, 2010

Quick, M.: Über die Kenntnis der vier medizinischen Traktate Tibets, der rGyud bži. Anmerkungen und bibliographische Notizen zu den Grundlagen tibetischer Heilkunde. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen, Band 5, 1987

Clark, B. (Hrsg.): Die Tibeter-Medizin, Barth Verlag, 1998

sp Brigitte

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