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Diagnose Brustkrebs: "Chemo ist wie Dauer-Kater"

Diagnose Brustkrebs: Carolin vor und während der Therapie
© Georg Verhasselt / Privat
Carolin ist 29, als sie die Diagnose Brustkrebs erhält. Jetzt, nach dem Ende ihrer Therapie, erzählt sie ihre Geschichte in einer Miniserie – um anderen jungen Frauen Mut zu machen. Hier ist der dritte Teil!

Mein Name ist Carolin Kotke, ich bin 30 Jahre jung, wohne in dem wunderschönen Hamburg, bin glücklich liiert und bisher lief eigentlich immer alles nach Plan in meinem Leben. Bis zum 08.11.2017, denn an diesem Tag bekam ich die Diagnose, die alles ändern sollte: Ich hatte Brustkrebs!

Teil 1 von Caros Geschichte findest du hier: Diagnose Brustkrebs: Und plötzlich ist alles anders

Teil 2 von Caros Geschichte findest du hier: Diagnose Brustkrebs: "Ich lenkte mich mit Arbeit ab."

Die Chemotherapie

Dann war es so weit: Kurz vor Weihnachten und kurz vor meinem 30. Geburtstag startete ich mit der ersten Chemo. Ich konnte es sogar kaum erwarten. Klar hatte ich Angst (riesengroße Angst sogar!), aber ich wollte endlich wissen, wie mein Körper auf die Chemo reagiert. Und wie meine nächsten Monate nun aussehen würden…

Während der Chemotherapie fühlte ich mich lediglich etwas müde und auch die ersten Stunden danach war erst einmal alles “easy”. Ich war noch etwas mit meinen Eltern essen und schaute gemütlich Netflix. Hauptsache ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, was da eigentlich gerade in mir passierte. 

Die Tage nach der Chemo: Ein einziger Kater

Diagose Brustkrebs: Caro während der Chemo
Während der Chemo baute Caro schnell ab
© Carolin Kotke / Privat

Und dann baute ich Stunde für Stunde ab. Die Farbe wich mir aus dem Gesicht, die Augenringe wurden immer dunkler und größer, ich nahm noch schnell eine Tablette gegen die leichte Übelkeit und dann ging ich auch vollkommen erschöpft ins Bett. Am nächsten Tag wachte ich auf und traute mich kaum, mich zu bewegen. Ich hatte zu sehr Angst vor all den Nebenwirkungen, die auf mich warten könnten. 

Dann beugte ich meinen Oberkörper langsam nach oben und konnte kaum glauben, dass die Welt doch einigermaßen in Ordnung war. Keine Schmerzen, keine Übelkeit! Ich fühlte mich lediglich schwach, erschöpft und alles andere als ausgeschlafen – und das trotz über zehn Stunden Schlaf. Hinzu kam eine komplette Appetitlosigkeit. Stellt euch vor, ihr habt am vorherigen Tag ordentlich die Sau rausgelassen und richtig gefeiert. In etwa so fühlen sich die Tage nach der Chemo an: Wie drei Tage lang Dauer-Kater, an denen man sich einfach nur im Bett verstecken möchte. 

Die Tage danach groovte ich mich zwar so langsam wieder ein, baute aber trotzdem immer weiter ab: Die Appetitlosigkeit und Magenprobleme machten mir zu schaffen, ich verlor immer mehr Gewicht und wurde immer schwächer. Bis zu diesem Punkt hatte ich sogar noch im Homeoffice für meinen Arbeitgeber weitergearbeitet. Nach der vierten Chemo merkte ich aber, dass ich an meine körperlichen Grenzen kam und dass ich das ganze unterschätzt hatte. Ich beschloss, mich nun komplett krank schreiben zu lassen und mich auf die Therapie zu konzentrieren.

Die Therapie ließ mich altern

Nach weiteren Chemotherapie-Sitzungen kamen Knochen- und Gelenkschmerzen hinzu. Ich wurde zu einer alten und zerbrechlichen Frau – was schließlich auch an meiner Psyche nagte. Und das war leider nicht alles: Hatte ich den Verlust meiner Haare noch ganz gut weggesteckt, machte mir das Ausfallen von Wimpern und Augenbrauen nun sehr zu schaffen. 

Wer ist diese Frau im Spiegel?

Ich erkannte mich selbst nicht mehr wieder und hatte jeden Morgen erneut Angst vor dem Blick in den Spiegel, denn das was ich dort sah, das war nicht ich, das war eine kranke Frau. Ein blasser und fahler Gesichtston, kleine Fältchen, kleine Unebenheiten, dunkle Augenringe, farblose unförmige Lippen und Augenbrauen und Wimpern, die sich von Tag zu Tag mehr lichteten. Definitiv kein Anblick, der einen vor Selbstbewusstsein strotzen lässt. Doch ein Glück gibt es die Zaubereinheiten namens Make-Up, womit ich die kranke Frau einfach überschminken konnte. Anschließend noch die Perücke auf und kein Nachbar kam auf die Idee, dass ich Krebs haben könnte.

Das Abbild der kranken Frau änderte sich zum Ende der Chemo hin glücklicherweise wieder. Die Haare wuchsen langsam nach und ich traute mich irgendwann wieder ohne Perücke aus dem Haus. Manche Nachbarn konnten sich ihren Teil denken, manche machten mir Komplimente zur mutigen neuen Frisur und wieder andere stellten sich bei mir sogar neu vor. 

Die Abschluss-OP

Diagnose Brustkrebs: Caro nach der Masektomie
© Carolin Kotke

Nachdem ich mit den letzten Chemos noch einmal ordentlich zu kämpfen hatte, erholte ich mich so langsam und meine Abschluss-OP stand an. Da es sich bei mir um einen genetisch bedingten Brustkrebs handelte und meine Rückfallquote relativ hoch war, entschied ich mich für eine beidseitige Mastektomie. Das heißt, dass ich mir meine beiden Brüste inklusive Brustgewebe vollständig entfernen lassen habe. Noch in derselben OP ließ ich sie allerdings auch wieder mit Silikon aufbauen – ähnlich wie Angelina Jolie 2013. 

Die OP war alles andere als schön. Nach drei Stunden wachte ich in meinem Krankenhauszimmer auf und war vollkommen fertig. Zum einen konnte ich kaum glauben, was ich da gerade eben und das letzte halbe Jahr über geschafft hatte und war wahnsinnig stolz auf mich. Auf der anderen Seite war ich aber auch echt angeschlagen. Da mir neben dem Brustgewebe auch noch Lymphknoten in den Achseln entfernt worden waren, konnte ich meine Arme kaum bewegen. So scheiterte ich schon dabei, ein Glas Wasser zu trinken. Die ersten Tage war ich ein kompletter Pflegefall und auf Hilfe angewiesen. 

Das nervte mich gewaltig, aber die Erleichterung über das, was ich geschafft hatte und das Therapieende siegte. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Noch war ich weit entfernt davon, wieder in mein altes Leben zurückzukommen.

Teil vier der Miniserie folgt in Kalenderwoche 4.

Tipp: Über ihre Erfahrungen bloggt Caro auch auf carolionk.com.

Text: Carolin Kotke

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