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Finanz-Tipps Wie kauft man Aktien?

Wie kauft man Aktien?: Frau mit Aktien auf Tablet abgebildet
© kacha somt / Shutterstock
Mit Sparbuch oder Tagesgeld sparen wir uns arm, denn es gibt keine Zinsen mehr. Was nun? Aktien kaufen! Börsenexpertin Jessica Schwarzer erklärt, worauf es ankommt und welche Anlagestile es gibt.

Was könntest du dir eher vorstellen: eine Handtasche zu kaufen – oder eine Aktie? Wenn du "beides" antwortest, bist du schon mal auf einem guten Weg. Aber noch in der Minderzahl: Erst jede achte Frau in Deutschland besitzt Wertpapiere. Die meisten halten Börsengeschäfte für zu riskant und zu kompliziert, setzen aufs vermeintlich sichere Sparbuch, Giro- oder Tagesgeldkonto, wo das Geld dann herumliegt und nicht arbeitet und womöglich sogar weniger wird: Die ersten Banken verlangen inzwischen Minuszinsen – wenn auch erst für große Geldbeträge.

Finanzexpert*innen und Verbraucherorganisationen sind sich einig: Wenn wir kurz vor dem Ruhestand bemerken, dass uns jeden Monat mehrere Hundert Euro zum Leben fehlen, ist es zu spät. Wir müssen unser Geld cleverer, nämlich an der Börse anlegen, nur dann wächst unser Vermögen.

Liebhaber-Investments als Einstieg

Natürlich wirst du nicht über Nacht zur überzeugten Aktionärin. Aber so wie eine Nichtschwimmerin sich nicht direkt ins tiefe Becken stürzen würde, kann eine Sparerin erste Erfahrungen sammeln, ohne dabei unterzugehen. Beispiel Handtasche: Du kannst dir ein bisschen Luxus auch ins Depot packen. Und erst mal in Firmen investieren, deren Produkte du kennst, beispielsweise in die Aktie eines Taschenlabels. Im Zweifel gehört es zu einem der beiden großen Luxusgüterkonzerne LVMH (Louis Vuitton, Kenzo, Christian Dior ...) oder Kering (Gucci, Bottega Veneta, Alexander McQueen ...). Zwei Aktien, die einen genaueren Blick wert sind und über die du leicht im Internet recherchieren kannst. Und schon macht die ach so sperrige und langweilige Börse Spaß.

Solche Liebhaber-Investments sind vielleicht ein Einstieg. Investiere erst mal nur einen kleinen Teil deines Geldes in Aktien. Vielleicht schließst du einen monatlichen Sparplan ab, oder du zahlst deine vermögenswirksamen Leistungen ab jetzt in einen Aktienfonds.

Das wichtigste Gebot: Streue dein Risiko. Monogamie ist an der Börse nicht gefragt, einzelne Titel oder Branchen sollten keinen zu großen Anteil haben. Wer beispielsweise in den vergangenen Jahren zu stark auf deutsche Automobilkonzerne gesetzt hat, die im jüngsten Dieselskandal mächtig unter Druck kamen, weiß, wovon ich rede. Mindestens zehn Einzeltitel sollten es in einem gut diversifizierten Depot sein. Ab 20 oder gar 30 Positionen wird es aber schwierig, den Überblick zu behalten. Deshalb empfehle ich für den weiteren Vermögensaufbau immer Fonds und ETFs. Damit setzt du auf Dutzende, Hunderte, manchmal sogar Tausende Einzeltitel. Eine Niete im Portfolio fällt dann kaum noch ins Gewicht.

Ich stelle dir hier sieben bekannte Anlagestile vor, aus denen du auswählen und kombinieren kannst. Alle lassen sich mit Einzelaktien, aber auch über Fonds oder ETFs abdecken.

1 Dividenden – Regelmäßige Erträge

Damit setzt du auf Aktien, die hohe Ausschüttungen versprechen. Achte auf die Dividendenrendite: Sie beschreibt das Verhältnis des ausgeschütteten Gewinns zum Aktienkurs. Allerdings kann eine sehr hohe Dividendenrendite auch in die Irre führen: Sie steigt natürlich rechnerisch an, wenn der Kurs abstürzt. Wichtig ist deshalb auch, ob das Unternehmen bisher bereits hohe Dividenden ausgeschüttet hat und ob die Dividende regelmäßig erhöht wird.

Diese Strategie ist ein Risikopuffer: Selbst wenn es mit dem Kurs der Aktien mal abwärts geht, bekommen die Aktionäre in der Regel ihre Dividenden. Die 30 im deutschen Aktienindex Dax gelisteten Unternehmen schütteten in den vergangenen Jahren im Schnitt gut drei Prozent aus. Beim Dax werden die Gewinne reinvestiert, mehr als die Hälfte des Dax-Anstiegs der vergangenen 30 Jahre geht auf die Dividenden zurück. Deshalb sollten Sie für den langfristigen Vermögensaufbau Fonds und ETFs mit dem Zusatz "thesaurierend" wählen: Bei denen werden die Erträge automatisch wieder investiert. Bei ausschüttenden Fonds oder ETFs dagegen landen die Dividenden auf deinem Konto, du musst dann selbst entscheiden, was du damit machst.

2 Qualität – Die Kraft starker Marken

Es gilt für Waschmaschinen, Autos, Schuhe und auch für Aktien: Qualität zahlt sich aus. Qualitätsaktien sorgen für Stabilität im Depot, bringen relativ zuverlässig Rendite auch in stürmischen Zeiten und sind wertvoll für die Risikostreuung. Ein Qualitätsunternehmen hat eine starke Marktstellung und einen starken Namen. Das mag ein eher weiches Kriterium sein, trotzdem garantiert ein weltweit anerkannter Markenname gute Geschäfte. Unter den Top 10 im MSCI Europe Quality finden sich zum Beispiel Nestle, Roche oder SAP. Im weltweiten MSCI World Quality sind die Internet-Megakonzerne Apple, Microsoft und Facebook am höchsten gewichtet. Da die Analyse einzelner Unternehmen recht kompliziert und zeitaufwendig ist, solltest du auch hier auf Fonds und ETFs setzen – sie sind ganz einfach am Zusatz "Quality" im Namen zu erkennen.

3 Value - Investieren wie Warren Buffett

"Value" heißt "Wert". Das grundlegende Prinzip: günstig, also unter Wert kaufen und teuer verkaufen. Oder um es mit Warren Buffett zu sagen, Guru der Value-Investoren und einer der reichsten Menschen unserer Zeit: "Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent dafür." Klingt einfach, logisch und auch genial, oder? Wenn es so einfach wäre!

Value funktioniert so: Die Investoren kaufen Unternehmen mit einem stabilen Geschäftsmodell, verlässlichen Gewinnen, hohen Ausschüttungen und einem Aktienkurs, der im Verhältnis dazu günstig ist. Du geduldest dich, bis andere Anleger den Wert dieser Firma ebenfalls erkennen, was zu einem steigenden Aktienpreis führt. Das kann einige Zeit dauern. Das psychologische Problem beim Value-Ansatz: Du kaufst ständig, was gerade nicht gefragt ist, legst also antizyklisch an. Die Herde rennt im Zweifelsfall in die andere Richtung. Das muss man aushalten können. In den vergangenen Jahren lief Value nicht so gut, Wachstum war gefragt (siehe nächster Punkt) – aber das kann sich ganz schnell wieder ändern.

4 Growth – Höher, schneller, größer

Der Gegenentwurf zum Value-Investing. Growth-Anleger setzen vor allem auf Wachstumswerte. Ihre Auswahlkriterien sind Gewinneinschätzungen von Experten oder der Gewinn je Aktie. Wie teuer die Aktie gerade ist, ist sekundär. Es geht um Wachstum, um Zukunftsfantasien. Growth-Aktien findest du beispielsweise in der Technologiebranche, bei Biotech und Medizintechnik und anderen Branchen, die sehr innovativ sind.

5 Nachhaltig – Gutes tun und damit Geld verdienen

Wir kaufen regional, sparen Strom und vermeiden Plastikmüll. Bei der Geldanlage spielt das Thema bisher noch keine so große Rolle. Nur sechs Prozent aller Anleger besitzen nachhaltige Geldanlagen. Doch das Interesse steigt, vor allem bei Frauen.

Nachhaltigkeit ist für viele Fondsgesellschaften bereits selbstverständlich. Sie schließen beispielsweise Unternehmen mit Kinderarbeit oder Produzenten von Streuwaffen generell aus. Und sie bieten spezielle Produkte an: Die Buchstaben ESG stehen für "Environment,

Social, Governance" und gelten für Unternehmen, die besonders nachhaltig, sozial und umweltbewusst agieren. Die Fonds und ETFs legen verschiedene ESG-Filter an. Es gibt zwar mehrere Gütesiegel – unter anderem vom Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) –, aber noch keine Standards; die EU-Kommission arbeitet an verbindlichen Kriterien.

ESG-Fonds schneiden nicht schlechter ab als Fonds ohne diesen Filter. Nachhaltige Geldanlage ist also gut für die Gesellschaft und für das eigene Finanzpolster.

6 Nebenwerte – klein, aber fein

Die Aktien von mittelgroßen und kleinen börsennotierten deutschen Unternehmen findest du im MDax und im SDax. Diese Unternehmen – viele in ländlicher Umgebung – sind oft bodenständiger als Großkonzerne, auf ein Produkt oder eine Dienstleistung spezialisiert und in ihrem Segment sogar (Welt-)Marktführer. "Hidden Champions", die im Verborgenen wachsen. Viele werden von ihren Eigentümern geführt. Und die denken nicht nur von Quartalszahlen zu Quartalszahlen wie viele Konzernvorstände, die vier- oder fünfjährige Arbeitsverträge haben und nur wenige Anteile am Unternehmen halten. Mittelständler tätigen deshalb auch Investitionen, die sich erst in zehn oder mehr Jahren rechnen. All das zahlt sich langfristig aus, auch an der Börse. Aber natürlich sind die kleineren Unternehmen mit weniger Geschäftsfeldern auch anfälliger, wenn es einmal nicht mehr so läuft mit der Weltwirtschaft oder ein großer Kunde in Not gerät. Deshalb ist auch bei Nebenwerten Risikostreuung oberstes Gebot – via Fonds oder ETF.

7 Schwellenländer - stark im Kommen

Die aufstrebenden Länder – auch Emerging Markets genannt – werden in der Weltwirtschaft und Börsenwelt zunehmend wichtig. Während die Industrienationen schwächeln, holen Schwellenländer wie China, Südkorea, Indien oder Brasilien auf. Das ist ein langsamer Prozess, aber er ist nicht aufzuhalten. Diese langfristige Perspektive müssen wir auf unsere Anlagestrategie übertragen. Zwischendurch kann es aber teils schmerzhafte Kursrücksetzer geben – also brauchst du gute Nerven.

Es gibt unzählige weitere Strategien an der Börse. Alle haben ihre Berechtigung und ihre Anhänger, und keine Methode funktioniert immer und in jeder Marktphase. Doch es geht um den langfristigen Erfolg. Die alte Börsenweisheit "Hin und Her macht Taschen leer" warnt vor häufigen Käufen und Verkäufen und den damit verbundenen Kosten – und vor dem Versuch, den besten Ein- und Ausstiegszeitpunkt zu erwischen. Auch die Profis scheitern regelmäßig am sogenannten "Timing". Mein Tipp: Bewahre die Ruhe, gebe deinen Anlagen Zeit.

WAS IST WAS?

Aktienfonds
Beim Aktienfonds stellen Fondsmanager*innen "aktiv" das Portfolio zusammen. Sie analysieren Unternehmen, Branchen und Märkte und entscheiden, wann sie einzelne Titel kaufen oder verkaufen und wie hoch deren Anteil am Gesamtportfolio sein soll. Im Grunde nehmen sie dir alle Entscheidungen ab. Je erfolgreicher sie sind, je schneller sie gegensteuern, vielleicht sogar die Reißleine ziehen, desto besser deine Rendite. Aber: Auch die Portfolios der Besten kommen nicht unbeschadet durch eine Krise. Wenn etwa der Dax massiv Federn lässt, dann trifft es auch Fonds mit Anlageschwerpunkt deutsche Aktien.

ETFs
(Exchange Traded Funds) bilden einfach nur "passiv" einen Index wie beispielsweise den deutschen Aktienindex (Dax), den europäischen Euro Stoxx 50 oder den amerikanische Dow Jones nach. Alle drei sind sogenannte Standardwerte-Indizes. In ihnen sind die größten börsengehandelten Aktien des Landes beziehungsweise der Region gelistet. Der ETF der jeweiligen Anbieter (z. B. Amundi, Comstage, Deka, iShares) entwickelt sich wie der ihm zugrunde liegende Index, nicht besser, aber auch nicht schlechter. ETFs sind extrem günstig – und die Kosten sind natürlich für die langfristige Rendite ein wichtiger Faktor.

KENN ICH, KAUF ICH

"Breit gestreut" sieht anders aus:
In einem durchschnittlichen deutschen Anlegerdepot stammen mehr als die Hälfte der Aktien von deutschen Unternehmen, hat die Deutsche Bank berechnet. Dabei machen die gerade mal drei Prozent des weltweiten Börsenwerts aus. Grund ist der sogenannte Home Bias (Heimatmarktneigung): Über deutsche Unternehmen wird häufiger berichtet, Anleger*innen glauben, mehr über sie zu wissen, und entscheiden sich nach Gefühl für Unternehmen, die ihnen vertraut sind.

Jessica Schwarzer besitzt mehr Aktien als Handtaschen und liebt beides. Die Finanzjournalistin und Speakerin erklärt in ihrem neuen Buch "Damit sie sich keinen Millionär angeln muss" detailliert und gut verständlich, warum Frauen dringend für ihre finanzielle Unabhängigkeit sorgen müssen – und wie der Einstieg an der Börse gelingt. (220 S., 14,99 Euro, Börsenbuchverlag)

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