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Lebenskrise: "Was läuft falsch?"

Frau mit Panikattacke sitzt auf dem Boden
© Pixel-Shot / Shutterstock
Eine Lebenskrise in den Griff bekommen: Das klingt nach jahrelanger Psychotherapie. Doch oft helfen schon ein paar einfache Strategien, um eine Lebenskrise zu bewältigen weiß Psychologin Eva Wlodarek.

Ursachen für eine Lebenskrise

Warum gerate ich immer wieder an Männer, die mich unglücklich machen? Nehme Jobs an, die mich unterfordern oder aufreiben? Ziehe in Wohnungen, die mir eigentlich zu klein, zu groß, zu dunkel sind? Was läuft bloß falsch in meinem Leben? Wenn Sie sich immer wieder solche Fragen stellen, macht das traurig und vielleicht auch missgünstig auf andere, die anscheinend alles im Griff haben. Verständliche Gefühle – und ein Signal, dass es Zeit für eine Veränderung ist. Natürlich kann eine Lebenskrise durch einen Schicksalsschlag ausgelöst werden. Meistens aber haben wir durch innere Einstellungen und Verhaltensweisen selbst zu einer Lebenskrise beigetragen.

So beugen Sie einer Lebenskrise vor

1. Der eigenen Intuition vertrauen: Der Partner hat doch versprochen, nicht mehr so viel zu trinken. Der Firma ging es immer gut, das mit den Entlassungen ist sicher ein Gerücht. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, biegen sich manche die Wahrheit zurecht, verharmlosen eine schlimme Diagnose, nehmen ernst gemeinte Ankündigungen nicht zur Kenntnis, blenden aus, was sie wahrnehmen oder hören. Den Kopf in den Sand zu stecken verhindert nicht, dass die Katastrophe dann doch hereinbricht. Wer sich Menschen und Situationen immerzu schönredet, verpasst die Chance, sich rechtzeitig auf eine drohende Lebenskrise vorzubereiten.

Keine Lebenskrise ohne Warnzeichen. Viele verspüren ein mulmiges Gefühl, bevor tatsächlich etwas passiert. "Sei vorsichtig, da stimmt etwas nicht", sagt die Intuition. Nehmen Sie solche Signale bewusst wahr, spielen Sie nicht herunter, was Sie beobachtet haben, suchen Sie nicht nach beruhigenden Erklärungen. Auch wenn es Ihnen unangenehm ist, stellen Sie sich dem Problem und sprechen Sie es an.

2. Sich konkrete Ziele setzen: Der Vermieter kommt bestimmt selbst darauf, sich um den Schimmel im Hausflur zu kümmern. Das Geld wird schon irgendwie reichen für die Kreditraten. Der Ehemann wird nach dem schlimmen Streit ja nicht gleich die Scheidung wollen. Wer Probleme aussitzt, überlässt es dem Zufall oder anderen Menschen, wie die Dinge sich entwickeln. Vielleicht geht alles gut – es kann aber auch eine Katastrophe passieren, die sich hätte vermeiden lassen.Was viele nicht bedenken: Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung. Wer passiv bleibt, entscheidet sich dafür, andere bestimmen zu lassen.

Überlegen Sie, was Sie erreichen wollen und was Sie dafür tun müssen. Schreiben Sie alles auf und arbeiten Sie Ihre Liste Punkt für Punkt ab. Damit steigen Ihre Chancen, zu bekommen, was Sie wollen: den richtigen Mann, einen guten Job, ein Hotelzimmer mit Meerblick oder eine klare Antwort.

3. Bei Wut oder Verzweifelung: Abstand suchen: "Mach doch deinen Kram allein." – "Mir reicht’s, ich kündige!" – "Wenn du sie wiedersiehst, verlasse ich dich!" Auch wenn es gute Gründe gibt, wütend oder verzweifelt zu sein – wer aus diesen Gefühlen heraus spontan weitreichende Konsequenzen zieht, schadet sich unter Umständen nur selbst. Denn oft gibt es nach so einem Ausbruch kein Zurück mehr. So weit muss es nicht kommen: Wir sind auch extrem starken Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert, sondern können uns mit bestimmten Gedanken "emotional abkühlen". Diese Reaktion wird vom präfrontalen Kortex gesteuert, der Region im Gehirn, die für das rationale Verhalten zuständig ist.

Wenn Sie rot sehen, schalten Sie in den Vernunft-Modus. Wiederholen Sie innerlich wie ein Mantra: "Ganz ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben." Oder Sie sagen Ihrem Gegenüber: "Entschuldige mich für einen Moment, ich muss das erst einmal verarbeiten." So ziehen Sie sich für ein paar Minuten aus der brenzligen Situation und gewinnen Zeit, sich zu sammeln.

4. Den eigenen Anteil erkennen: Viele suchen die Schuld für ihre Sorgen grundsätzlich bei anderen: bei den Eltern, die sie in der Kindheit nicht gefördert haben, bei dem Mann, der gegangen ist, bei der Schwester, die sich an der Pflege der kranken Mutter nicht beteiligt. So berechtigt Wut und Trauer über alte Verletzungen auch sein mögen – wer immer anderen die Verantwortung zuschiebt, macht sich zum Opfer. Das mag kurzfristig entlastend sein, auf Dauer jedoch blockiert es die Energien: In der Opferrolle bleiben Menschen passiv und können am Status quo nichts ändern.

Handlungsspielraum bekommen Sie, wenn Sie sich fragen, was Ihr Anteil an der Situation ist. Vielleicht halten Sie an Vergangenem fest, um nichts Neues wagen zu müssen. Oder Sie können sich nicht entschließen, einen Mangel aus früherer Zeit auszugleichen, etwa einen Schulabschluss nachzuholen. Überlegen Sie, wie Sie Dinge selbst ändern können. Wenn Sie allein nicht weiterkommen, scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

5. Klare Grenzen ziehen: Ihre Tochter weigert sich, den Geschirrspüler auszuräumen: "Mama, ich muss gleich weg." Ihre Freundin sagt fünf Minuten vorher ab, weil sie doch keine Lust hat, ins Kino zu gehen. Ihr Chef drückt Ihnen ohne Vorwarnung Überstunden aufs Auge. Über so etwas ärgern Sie sich, schlucken es aber ohne Widerspruch? Dann sollten Sie sich fragen, warum Sie so reagieren. Hinter allzu großer Toleranz steckt bei den meisten weniger Edelmut und Nächstenliebe als vielmehr das Bedürfnis, geschätzt und geliebt zu werden. Der Wunsch ist durchaus verständlich, aber Nachgiebigkeit ist der falsche Weg. Wer alles mit sich machen lässt, verliert die Achtung der anderen, statt ihre Zuneigung zu gewinnen.

Setzen Sie sich für sich selbst ein. Ziehen Sie klare Grenzen und stellen Sie deutliche Forderungen, etwa so: "Bitte informieren Sie mich rechtzeitig, wenn ich länger arbeiten soll." – "Du kannst gehen, wenn du den Geschirrspüler ausgeräumt hast, wie abgemacht." Und wenn Sie künftig nachgeben, tun Sie es bewusst und machen Sie Ihrem Gegenüber klar: Das ist ein freundliches Entgegenkommen und keine Selbstverständlichkeit.

6. Große Ziele in Etappen angehen: An einem Wochenende die ganze Wohnung renovieren. Ab morgen jeden Tag joggen gehen oder sich nur noch gesund ernähren. Bis zum Urlaub perfekt Spanisch sprechen. Nur extrem willensstarke Menschen können solche hochgesteckten Ziele erreichen. Alle anderen fangen gar nicht erst an, weil die bloße Vorstellung, welcher Berg vor ihnen liegt, sie dann doch erschlägt. Sie fühlen sich wie gelähmt. Oder sie geben mittendrin auf, weil sie sich übernommen haben. Der Druck, den sie selbst aufgebaut haben, wird in diesen Momenten unerträglich. So bleibt die Entfernung zwischen Wünschen und Erreichen immer gleich groß.

Machen Sie sich klar: Auch die weiteste Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Teilen Sie das große Ziel in kleine Teilziele auf und geben Sie sich für jedes genügend Zeit. Überlegen Sie, was Sie bis wann ohne übermäßige Anstrengung erreichen können. Belohnen Sie sich für jede bewältigte Etappe, denn das motiviert für die nächste. Und: Seien Sie nicht zu streng mit sich, wenn Sie Ihr Soll einmal nicht erfüllt haben. Hauptsache, Sie geben nicht auf, sondern machen auch nach Rückschlägen weiter.

7. Konzentration auf die eigenen Stärken: Da hat man sich monatelang auf den neuen Job gefreut und bekommt im letzten Moment doch weiche Knie: "Das kann ich doch gar nicht, die überschätzen mich." Angst vor dem Scheitern ist in Wahrheit nicht selten Angst vor dem Erfolg. Die Ursachen hierfür sind meist frühe Erfahrungen. Viele Menschen – vor allem die Frauen – haben als Kind sehr wenig Lob bekommen oder wurden für ihre Fehler streng bestraft. So ist ihnen die Unbefangenheit, einfach mal etwas Neues auszuprobieren, verloren gegangen, ihre tatsächlichen Erfolge haben sie gar nicht wahrgenommen. Statt stolz zu sein auf das, was sie können, sehen sie nur auf das, was möglicherweise schiefgehen kann, und lähmen sich damit selbst.

Kraft und Mut für Herausforderungen gewinnen Sie, wenn Sie Ihren Blickwinkel ändern. Lassen Sie Ihre vermeintlichen Mängel einfach mal außer Acht und konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken: Was haben Sie in Ihrem Leben schon geschafft? Schreiben Sie alles auf, vom Schulabschluss, der Führerscheinprüfung über Erfolgserlebnisse im Job bis zur Erziehung Ihrer Kinder. Bestimmt kommt eine lange Liste zusammen. Lesen Sie sie durch, als hätte eine fremde Frau sie geschrieben. Ihr würden Sie sicher eine Menge zutrauen. Gehen Sie mit genau dieser Einstellung an Ihre neue Aufgabe heran: "Ich schaffe das!"

Text: Eva Wlodarek<br />

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