Anzeige
Anzeige

Psychiater verrät 6 Anzeichen, dass du zu ängstlich bist

Psychologie: Eine ängstliche Frau auf der Couch
© stockfour / Shutterstock
Angst zu haben, ist legitim, menschlich und sinnvoll. Wenn unsere Angst jedoch ein gesundes Maß überschreitet, kann sie zu einem echten Problem werden. Der Psychologe Professor Doktor Andreas Ströhle von der Berliner Charité hat uns verraten, woran wir erkennen, dass wir zu viel Angst haben.

Eine der wesentlichen und grundlegendsten Funktionen von Angst ist, uns vor Gefahren zu beschützen. Deshalb macht uns zum Beispiel Dunkelheit tendenziell Angst: Wenn wir nicht sehen, wohin wir treten, kann es uns passieren, dass wir stolpern, in ein Loch fallen oder einer Katze auf den Schwanz steigen, die uns daraufhin das Gesicht zerkratzt. Deshalb gehen wir, unserer Angst gehorchend, ganz vorsichtig, tasten uns langsam voran, heben vielleicht die Füße gar nicht erst hoch, sondern lassen sie am Boden, und lauschen auf etwaiges Miauen. Angst erfüllt noch weitere Funktionen (in diesem Artikel erfährst du, welche positiven Effekte Angst für uns haben kann), uns zu alarmieren und auf bedrohliche Situationen aufmerksam zu machen, ist aber in gewisser Weise ihre Paradedisziplin.

Problematisch wird Angst allerdings, wenn wir zu viel davon fühlen. Das kann einerseits bedeuten, dass es zu vieles gibt, was uns Angst einflößt, und andererseits, dass uns Dinge größere, intensivere Angst machen, als angebracht wäre. Beide Fälle können leicht eintreten, denn in unserer modernen Welt ist es nicht besonders einfach, Gefahren zu erkennen und ihren Gefährlichtskeitsgrad richtig einzuschätzen. 

Nehmen wir einmal die Angst, verlassen zu werden. In einem gewissen Maße ist sie wahrscheinlich berechtigt und tut unseren Beziehungen gut, da sie uns zum Beispiel davon abhält, unseren Freund:innen ständig vor den Kopf zu stoßen. Doch wie weit genau muss diese Angst gehen? Muss sie so stark ausgeprägt sein, dass wir sofort auf jede Nachricht antworten, immer ans Telefon gehen und zur Stelle sind, wenn ein:e Freund:in sich meldet? Wahrscheinlich muss sie das nicht. Wahrscheinlich wäre eine solche Angst sogar kontraproduktiv, da sie einen permanenten Stresszustand für uns bedeuten und uns daran hindern würde, uns zu entfalten und in der betreffenden Beziehung authentisch zu sein. Mit Sicherheit wissen wir aber nicht, wie viel Angst, verlassen zu werden, ideal wäre, da wir anderen Menschen nicht in die Köpfe schauen und sehen können, was sie von uns erwarten. Selbst wenn wir darüber sprechen, bleibt ein Rest Ungewissheit.

In ähnlicher Weise verhält es sich mit vielen Angelegenheiten, die in uns Angst auslösen. Die Zeiten, in denen wir uns im Alltag mit eindeutig lebensgefährlichen Situationen wie dunklen Nächten, wütenden Katzen oder Säbelzahntigern und giftigen Pilzen konfrontiert sahen, sind vorbei. Unsere modernen Alltagsbedrohungen sind zum Teil sehr unklar. Deshalb können wir am besten an uns selbst beobachten, ob wir mit zu viel oder zu wenig Angst durch das Leben gehen. Schließlich ist das richtige Maß an Ängstlichkeit tatsächlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. 

"Es hängt von unserer Persönlichkeit ab, was uns wie viel Angst macht und wie vorsichtig wir mit angstauslösenden Situationen umgehen", sagt der Psychiater Professor Doktor Andreas Ströhle von der Berliner Charité. "Statistisch gesehen gibt es einen durchschnittlichen Bereich, in dem sich viele Menschen mit ihrem Angstempfinden beziehungsweise ihrer Risikobereitschaft einordnen können, doch letztendlich variiert es individuell und das ist auch gut so." Wie aber merken wir dann, wenn unsere Angst auch für unseren persönlichen Maßstab zu viel ist? Folgende Anzeichen können laut Andreas Ströhle Hinweise darauf sein.

6 Anzeichen, dass du zu ängstlich bist

Deine Angst lässt dir keine Pause

"Im Idealfall empfinden wir bei einer bedrohlichen Situation Angst, die dazu beiträgt, dass wir diese Situation erfolgreich bewältigen", erklärt Andreas Ströhle. "Haben wir die Situation dann bewältigt, sollte unsere Angst nachlassen und verschwinden." Gesunde Angst ist dem Psychologen zufolge temporär und an konkrete Auslöser gebunden, die sie, selbst wenn es sich um eine allgemeine Angst wie dir vor dem Verlassenwerden handelt, akut spürbar machen. Hält der Angstzustand jedoch weiterhin an, obwohl die Situation bereits vorbei ist, hat unsere Angst möglicherweise eine Eigendynamik entwickelt, die nicht wünschenswert ist.

Deine Angst hält dich von Dingen ab, die dir gut täten

"Bei Menschen mit extremer Prüfungsangst beobachten wir zum Beispiel manchmal, dass sie im Zuge der Vorbereitung alles andere vernachlässigen, sich etwa nicht mehr mit Freunden treffen oder Sport machen", sagt der Arzt. Wenn uns unsere Angst daran hindert, Dinge zu tun, die wir tun möchten oder die uns üblicherweise gut bekommen und Freude bereiten, ist das meistens ein Signal, dass unsere Angst zu präsent ist. Dies gilt natürlich vorrangig für unsere modernen, schwer einschätzbaren Angsttrigger wie eben Prüfungen, Verlassenwerden oder Zukunft und weniger für Situationen, in denen wir es mit möglicherweise lebensgefährlichen Bedrohungen wie einer Pandemie zu tun haben.

Deine Angst lässt dich nicht rational denken oder handeln

"In den meisten Situationen ist es angemessen und hilft uns, unsere Angst zu reflektieren und die Angelegenheit auch rational zu betrachten", sagt Andreas Ströhle. "Besonders gut gelingt das in der Regel, indem wir mit einer anderen Person darüber sprechen." Lässt unsere Angst jedoch gar nicht zu, dass wir über die Umstände nachdenken und sie in eine Ordnung bringen, die es uns erlaubt, bedacht und strukturiert zu agieren, nimmt sie wahrscheinlich mehr von unseren Kapazitäten in Anspruch, als gut ist. 

Deine Angst behindert dich im Alltag

Ein ganz gewöhnlicher, moderner Alltag ist üblicherweise relativ gefahrenfrei, daher können wir stutzig werden, wenn wir merken, dass wir in unserem Alltag aus Angst gewisse Extraanstrengungen auf uns nehmen oder auf einige Dinge komplett verzichten. Gehen wir beispielsweise aus Höhenangst nicht über Brücken, die sonst aber so ziemlich alle Menschen ohne zu zögern benutzen, oder kaufen aus Angst vor Keimen kein Obst und Gemüse, das wir nicht selbst angebaut haben, hat unsere Angst wahrscheinlich ein zu hohes Level erreicht.

Deine Angst verfolgt dich und wird immer mehr

Wenn Angst einmal zu viel geworden ist und wir verpasst haben, angemessen damit umzugehen, um sie wieder in gesunde Bahnen zu lenken, hat sie typischerweise die unangenehme Eigenschaft, immer stärker zu werden. Was dahintersteckt, kannst du in unserem Artikel über mögliche Gründe von Angst, wenn sie eigentlich unangebracht ist, nachlesen, doch an dieser Stelle ist entscheidend: Merken wir, dass unsere Angst mit der Zeit zu- statt abnimmt, hat sie wahrscheinlich ihr für uns gesundes Maß überschritten.

Deine Angst beeinträchtigt deine körperlichen Funktionen

Da Angst mit Stress und körperlichen Auswirkungen wie erhöhtem Puls und Blutdruck verbunden ist, kann sich zu viel Angst auch körperlich bemerkbar machen, etwa in Form von Herz-Kreislauferkrankungen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Zyklusbeschwerden. 

Toxische Angst? Das kannst du tun

Wenn dir einer oder mehrere dieser Punkte bekannt vorkommen oder du das Gefühl hast, dass deine Angst dein Leben mehr und mehr beherrscht, kann es helfen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch Online-Angebote, wie zum Beispiel die Videokurse von doctist, können eine erste Anlaufstelle für dich sein. 

Über doctist

Die Gesundheitsplattform "doctist" bietet eine neue Art der Selbsthilfe an. In den doctist Video-Classes teilen renommierte Expert:innen aus Forschung und Praxis ihr Wissen und Tipps zu verschiedenen physischen und psychischen Problemen, wie zum Beispiel auch Angst. In den Videokursen und Begleitmaterialien bekommst du bei doctist Hintergrundinformationen und praktische Strategien vermittelt, die du im Alltag anwenden kannst. Sie lassen sich ganz bequem von zuhause aus abrufen und bearbeiten. Doctist ersetzt nicht den Besuch bei Ärzt:innen oder Therapeut:innen. Die Kurse können dich dabei unterstützen, eigene Beschwerden besser zu verstehen, die Wartezeit bis zu einer Therapie oder einem Arztbesuch zu überbrücken oder dir ergänzend zu einer Behandlung wertvolles Wissen und praktische Tipps vermitteln.

Hier kannst du den Kurs zum Einführungspreis kaufen: Panik verstehen und besiegen

Andreas Ströhle
Andreas Ströhle ist Psychiater und Psychotherapeut an der Charité Berlin.
© Urban Zintel / Privat

Prof. Dr. med. Andreas Ströhle ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er ist Leitender Oberarzt, Leiter des Fachbereichs Affektive Störungen und der Arbeitsgemeinschaft und Spezialambulanz für Angsterkrankungen an der Charité Berlin. Zusammen mit seinem Kollegen PD Dr. Jens Plag hat er das Buch "Keine Panik vor der Angst" (Randomhouse) veröffentlicht, das die Hintergründe von Panik und Angst erklärt und Strategien zur Bewältigung aufzeigt. Für die Gesundheitsplattform doctist hat Prof. Ströhle zusammen mit seinem Kollegen den Videokurs "Panik verstehen und besiegen" entwickelt. In sechs Modulen lernst du alles wichtige über Angst und Panikattacken und erhältst hilfreiche Tipps und Strategien für den Weg zurück in ein angstfreies Leben.

Shutterstock

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel