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Guido und Frank Wie schafft man es, 35 Jahre verliebt zu bleiben?

Frank Mutters und Guido Maria Kretschmer
© auslöser-photographie / imago images
Sie sind seit über 35 Jahren ein Paar: Guido Maria Kretschmer und Frank Mutters. Und sie strahlen noch wie am ersten Tag. Wie bleibt man so lange verliebt? Ein Paarberater hat Antworten.

35 Jahre! Uff. Als ich das erste Mal recherchierte, wie lange Guido Maria Kretschmer und Frank Mutters ein Paar sind, ging ich von einer Handvoll Jahren aus. Schließlich hatte ich gerade beobachtet, wie Guido bei einem Interview beiläufig seinen Mann erwähnte – und dabei zwangsläufig zu lächeln begann. Auch auf Fotos und Roten-Teppich-Auftritten wirken die beiden eindeutig frisch verliebt. Aber tatsächlich: Sie sind seit über 35 Jahren ein Paar, seit 2012 leben sie bereits in eingetragener Partnerschaft, 2018 heirateten sie.

Wie geht das? Eine langlebige, vielleicht sogar lebenslange, Beziehung wird immer mehr zur Rarität in unserer Gesellschaft. Ob deren Schnelllebigkeit oder das Aufkommen des Online-Datings dafür verantwortlich sind – die Gründe dürften vielfältig sein. Viel spannender ist jedoch, wie man solche Hindernisse überwinden kann. Denn ja, es gibt sie, die Menschen, die auch nach Jahren glücklich und verliebt zusammen leben. Und nein, dazu braucht es nicht nur Luft und Liebe. Das haben wir von Paarberater Eric Hegmann gelernt, von dem wir wissen wollten, wie man heutzutage noch die ewige Liebe finden kann.

Paarberater verrät 3 Zutaten für die ewige Liebe

Herr Hegmann, funktioniert das Konzept "ewige Liebe“ überhaupt noch?

"Ich bin Optimist und sage: ja. Der Wunsch nach einer glücklichen Beziehung, die ein Leben lang hält, ist heute größer denn je. Menschen heiraten aus Liebe und umgekehrt sind wir überzeugt, dass wer sich liebt, auch heiraten darf. Das ist ein neues Konzept, natürlich knirscht es bei der Umsetzung, denn viel Erfahrung haben wir damit nicht. Noch vor 100 Jahren war eine Verbindung aus rationalen Überlegungen üblich. Frauen mussten heiraten, Liebe war weniger der Grund als existenzielle Notwendigkeiten. Heute wünschen sich Menschen die oder den Richtigen, mit dem sie Leidenschaft erleben ein Leben lang. Da wir nun auch noch eine deutlich längere Lebenserwartung haben, kommen Herausforderungen auf Paare zu, die es vorher nicht gab. Beispielsweise gemeinsame aktive Freizeitgestaltung, fantasievoller und befriedigende Sexualität bis ins hohe Alter – das sind neuere Themen als viele glauben und entsprechend ist experimentieren und ausprobieren Teil des Konzeptes 'ewige Liebe'".

Die Disneyfizierung der Liebe halte ich für sehr schwierig.

Wieso schaffen es manche Paare, andere nicht?

"Was vor allem Beziehungen gefährdet, das sind Veränderungen. Die können von außen oder von innen auf die Partner einwirken. In einer stabilen Beziehung vertrauen die Partner darauf, dass Veränderungen sie nicht trennen können. Mit zunehmender Beziehungserfahrung werden die Partner immer sicherer, wenn sie erleben, dass sie gemeinsame Werte geschaffen und Ziele erreicht haben. Dies sorgt für Zuversicht und letztlich für Optimismus. Ohne diese Haltung wird irgendwann keine Energie und Mühe mehr in die Partnerschaft investiert.

Was Paare zusammenhält und was letztlich eine gesunde Beziehung auszeichnet, ist der Gedanke: 'Das alles haben wir bereits gemeistert, deshalb meistern wir auch, was noch kommen wird – gemeinsam.'"

Ehen scheitern nicht am Mangel von Liebe, sondern am Mangel von Freundschaft – Friedrich Nietzsche

Wo Sie das Zitat gerade erwähnen, was hat ewige Liebe denn mit Freundschaft zu tun?

"Für mich zeichnet sich eine gesunde Beziehung durch eine tiefe Freundschaft der Partner aus. 'Heiraten Sie Ihren besten Freund!', sage ich das in der Beratung Singles, sehen mich diese oft enttäuscht an. Das passt nicht zu deren Verständnis von 'Liebe auf den ersten Blick', die sie aus Filmen und Serien kennen, eine Entwicklung, die ich 'Disneyfizierung der Liebe' nenne und für sehr schwierig halte. ElitePartner hat im vergangenen Jahr Paare in einer Studie danach gefragt und ein Drittel bestätigte, dass sie sich eine Beziehung wie im Film wünschen. Paare mit mehr Lebens- und Beziehungserfahrung sehen das aber anders. Wenn ich das mit glücklichen Paaren spreche über die Bedeutung von tiefer Freundschaft für eine glückliche Beziehung, dann nicken diese und bestätigen sich gegenseitig, wie gut sie eben vor allem miteinander befreundet wären.

Ganz wichtig ist auch gerade in den späteren Beziehungsphasen, dass die Partner neben gemeinsamen Werten auch gemeinsame Ziele aufgebaut haben. Wie wollen wir unser Alter verbringen? Was wollen wir tun mit der Zeit, die wir dann haben? Vor allem, was gemeinsam? Das wird nicht bei jedem Paar das Haus in der Toskana und Weinanbau sein, aber vielleicht Wandern, Ehrenamt, Reisen … Es sind solche gemeinsamen Ziele, die durch die schwierigen Phasen helfen – und die werden kommen."

Woran merkt man, dass man den:die Partner:in fürs Leben gefunden haben?

"Ich kann aus meinen Erfahrungen bestätigen: Beziehungen, die schwierig beginnen, bleiben meist schwierig. Der Grund ist die Paar-Dynamik, die bspw. entsteht, wenn ein Partner sehr viel mehr Distanz und Autonomie wünscht als der andere, der viel Nähe und Verschmelzung benötigt. Daraus kommt ein Paar selten wieder heraus. Ich möchte das so zusammenfassen: da stimmt die Partnerwahl nicht. Einer der Partner müsste seine Bedürfnisse grundlegend unterdrücken, damit diese Beziehung funktionieren kann. Das wird nicht geschehen. Viele Paare gehen aber eine Beziehung ein in der Hoffnung, der andere würde sich schon noch anpassen oder einsehen, dass er sich anpassen muss. Dieses Hoffnungs-Prinzip wird sich nicht erfüllen."

Es braucht 5 positive Beziehungserfahrungen, um eine negative auszugleichen.

Was sind die drei wichtigsten Zutaten für die langlebige Liebe?

"Optimismus: Wenn beide Partner wirklich eine Beziehung miteinander wollen, dann können sie tatsächlich ihre Konflikte überwinden oder zumindest in ihre Partnerschaft so integrieren, dass ihre Bindung bestehen bleibt. Es geht ja niemals darum alle Konflikte zu lösen, sondern darum, mit den unlösbaren Konflikten zurecht zu kommen. Das sind jene, bei denen kein Kompromiss möglich ist, der beide Partner gleichermaßen zufrieden stellt. Und das sind über 60 % aller Konflikte in Beziehungen! Wer immer nur maximal die Hälfte dessen erhält, was er sich wünscht, der wird irgendwann keinen Optimismus mehr für diese Beziehung aufbringen, weil er sich nicht vorstellen kann, mit dieser Person auch in Zukunft noch glücklich sein zu können. Solange aber Paare diese Konflikte annehmen können und sich nicht erfolglos an ihnen abarbeiten, dann ist alles möglich.

Commitment: Je länger eine Beziehung andauert, umso geringer ist das Trennungsrisiko. Dazu ist unerlässlich einander fair zu behandeln. Konflikte müssen also so gelöst werden, dass sich kein Partner dauerhaft übervorteilt fühlt. Denn sonst stellt er mittel- und langfristig die Beziehung in Frage. Dabei geht es weniger um Rollenverständnis: Viele Paare fühlen sich durchaus wohl in einer Dynamik, die dem einen mehr Führung gibt als dem anderen. Das ist eine Frage der Verhandlungen der Partner und der individuellen Bedürfnisse. Manche Menschen wünschen sich, wenig Verantwortung tragen zu müssen und blühen darin auf. Die Beziehung gerät dann aus dem Gleichgewicht, hat ein Partner den Eindruck, in irgendeiner Weise ausgenutzt zu werden.

Freundlichkeit: Es wird oft unterschätzt, wie wichtig ein freundlicher, zugewandter Umgang miteinander ist. Es braucht 5 positive Beziehungserfahrungen, also gesehen, gehört, gewertschätzt und begehrt zu werden, um eine negative wie Abwertung auszugleichen. Schlechte Erfahrungen setzen sich fest und unbewusst werden die Partner alles tun, um diese zu vermeiden. Was zunächst als super Lernprogramm klingt, hat aber negative Aspekte: Partner vermeiden zum Schutz dann alles, was außerhalb der gemeinsamen Komfortzone liegen könnte. Man trifft sich immer in der Mitte, einem kleinsten gemeinsamen Nennen. Und der wird langweilig, die Partner sind enttäuscht voneinander, wenden sich ab und suchen Nähe positives, freundliches Feedback außerhalb der Beziehung."

Und wie schafft man es, auch nach Jahren noch verliebt zu bleiben?

"Immer wieder aufeinander zugehen, auch in den Situationen sich in den Arm nehmen, in denen man denkt, es am wenigsten verdient zu haben. Nur Nähe schafft auch Nähe, Distanz sorgt dafür, dass Nähe an anderer Stelle gesucht wird. Das bedeutet, neugierig zu bleiben, unbekannte, auch unangenehme Seiten des Partners einmal aus der Perspektive zu betrachten bereit sein: Kann ich an diesem Zug etwas spannend finden? Kann ich mir vorstellen, dass diese Eigenschaft auch etwas Positives sein kann?

Planen Sie in Ihrer Beziehung grundsätzlich ein, sowohl Bewährtes als auch Neues gemeinsam zu erleben. Bewährtes, das sind beispielsweise Rituale, die das Paar entwickelt hat, denn sie geben einander Bestätigung, zusammen zu gehören. Neues, um neben der Geborgenheit und dem Vertrauten, gemeinsam neue Erfahrungen zu machen. Erlebnisse, an die man sich noch viele Jahre später erinnern kann, stärken das Wir-Gefühl. Sie erlauben auch, sich gegenseitig in fremden Situationen neu zu entdecken und immer wieder zu verlieben."

Vielen lieben Dank für das Gespräch!

Eric Hegmann, 55, Paartherapeut und Single-und Parship-Berater, Gründer der Modern Love School, Plattform für Onlinekurse rund um die Liebe

Guido

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