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Wenn Kinder nerven

Nerviges schreiendes Kind mit Büchern in der Hand
© Luis Molinero / Shutterstock
Wie gut, dass endlich Frühling wird! Denn an endlosen Winter-Wochenenden kann es ganz schön nerven, wenn die Kinder zuhause beschäftigt werden müssen, findet BRIGITTE-Kolumnistin Julia Karnick.

"Um Zeit für mich zu haben, sage ich meinem Mann, dass ich aufs Klo muss, obwohl ich gar nicht muss. Ich schließe die Tür ab und spiele ein paar Runden Kniffel auf dem Handy."

Zehn Beichten von ganz normalen Müttern

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Zur Zeit kenne ich viele junge Eltern. Die jungen Eltern haben Sorgen, die ich nicht mehr habe: Ihre Kinder bekommen einen Wutanfall, wenn das Brot geviertelt statt halbiert wird, sie machen in die Hose, eine Minute, nachdem sie gefragt wurden, ob sie mal müssen, sie wollen morgens um fünf Elefant spielen.

Die Eltern erzählen viel von ihren süßen kleinen Kindern, dabei lächeln sie tapfer. Junge Eltern fühlen sich zum Glücklichsein verpflichtet, jemand hat ihnen eingeredet, gute Eltern seien Eltern, die immer gute Laune haben. Sie sagen: "Das ist schon anstrengend, so ein kleines Kind, aber in erster Linie ist es wahnsinnig entzückend." Ich sage: "Kleine Kinder sind schon entzückend, aber ich hab's nicht mehr nötig, mir das Kleinkindalter schönzureden. Vor allem sind sie wahnsinnig anstrengend." Wenn die Kinder bei der Tagesmutter waren und ich arbeitete, kam ich mir vor wie auf Müttergenesungskur.

Vor allem den Winter fürchtete ich, erst recht die Winterwochenenden. Wenn die Kinder an einem dunklen, nassen Februarsonntag morgens um sechs aufwachten und ich ausrechnete, wie viele Stunden es dauern würde, bis sie wieder einschliefen, wäre ich am liebsten schreiend weggelaufen. Weil man im Regen bei zwei Grad über Null nicht ewig draußen sein kann, mussten die Kinder drinnen beschäftigt werden: mit Malen oder Kneten oder Krümelmonsterkeksen oder Hoppereiter oder Singen oder Klötzchenstapeln oder Bilderbüchern.

Vielleicht gibt es Menschen, die nichts Erfüllenderes kennen, als Kleinkinder bei Laune zu halten. Ich gehöre nicht dazu. Wenn die Kinder sich allein beschäftigen sollten, dauerte es maximal zehn Minuten, bis eins von beiden heulte. Entweder heulte mein Sohn, weil seine Schwester seine Duplo-Bauwerke attackierte, oder meine Tochter heulte, weil ihr Bruder ihr aus Rache mit einem Siku-Auto auf dem Kopf herumhämmerte. Meistens heulten beide. Nicht selten hätte ich gern mitgeheult: So hatte ich mir Familie nicht vorgestellt. Wenn länger als zehn Minuten keiner heulte, musste man sich sorgen.

Die einzige Beschäftigung, der die Kinder zu Hause in trauter Geschwister-Harmonie nachzugehen fähig waren, war das Projekt "Wohnungsverwüstung": Wände anmalen, Löcher in Gardinen schneiden, eine Großpackung Bügelperlen vom Hochbett rieseln lassen, Schränke ausräumen, auf die Fensterbank klettern und von dort aufs Sofa springen.

Ich bin emotional und impulsiv. Ich habe keine Schwierigkeiten, meinen Kindern zu zeigen, dass ich sie liebe. Ich habe Schwierigkeiten zu verbergen, wenn ich wütend bin. Ich war oft wütend, als die Kinder klein waren. Ich habe sie oft angeschrien. Und manchmal, wenn ich sie nicht mehr ertragen habe, habe ich sie ein bisschen fester am Arm gepackt, als nötig gewesen wäre, um sie in ihr Zimmer zu bugsieren. Dann schämte ich mich. Im Winter hatte ich das Gefühl, die schlechteste aller schlechten Mütter zu sein.

Wahrscheinlich war ich eine besonders ungeduldige Kleinkindmutter. Wahrscheinlich gibt es noch mehr Mütter wie mich. Solche, die kein weiteres Kind bekommen, weil sie damit komplett überfordert wären. Wahrscheinlich sitzt gerade eine von ihnen irgendwo, überfliegt diesen Text und hofft inbrünstig, dass nicht gleich jemand schreit: "Mama, guck mal!", "Po abwischen!", "Levin hat mich gehaut!" Diese Eltern will ich trösten: Jeder Winter hat ein Ende. Jedes Kind wird größer. Meine sind nicht missraten, sondern vergnügt und selbstbewusst. Obwohl ich in den ersten Jahren sehr oft sehr schlechte Laune hatte.

Unsere Kolumnistin ist nicht die Einzige, die sich outet: Tausende andere Frauen glauben auch, dass sie gar keine guten Mütter sind. Autorin Romi Lassally, eine der Gründerinnen der amerikanischen Website TrueMom-Confessions.com, hat anonyme Mütter-Beichten gesammelt (Romi Lassally, 1000 Beichten von ganz normalen Müttern, mvg Verlag, 16,90 Euro). Zehn davon finden Sie auf den nächsten Seiten.

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Text: Julia Karnick

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