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Offene Beziehung Ist das Öffnen der Partnerschaft Vertrauensbeweis oder Endstation?

Offene Beziehung: Mann und Frau legen die Stirn aneinander
© Arthur Bargan / Shutterstock
Immer mehr Paare gehen das Beziehungsmodell einer offenen Partnerschaft ein. Wie gelingt eine vertrauensvolle offene Beziehung, in der Eifersucht und Lügen keine Rolle spielen?

Inhaltsverzeichnis

Möchte ich meinen Partner oder meine Partnerin mit einer anderen Person teilen? Möchte ich, dass er oder sie mit einer unbekannten Person schläft? Welches Gefühl löst dieses Gedankenspiel in mir aus? Diese Fragen dürften sich Paare stellen, die über eine offene Beziehung nachdenken. Wir haben uns gefragt, welche Regeln, Definitionen und Chancen das Öffnen der Beziehung mit sich bringt – und haben viele Antworten gefunden.

Basics: Was ist eine offene Beziehung?

In einer offenen Beziehung wendet sich ein Liebespaar dem monogamen Leben ab. Das Beziehungsmodell zeichnet sich dadurch aus, dass beide Personen mit einem klaren Einverständnis außerhalb der Partnerschaft Sex haben können. Vorher werden Regeln und Bedingungen abgesteckt – diesen Rahmen definierst du gemeinsam mit deinem/r Partner:in. Wichtig ist, dass es dabei lediglich um rein körperlichen Sex geht, romantische Beziehungen und Gefühle werden nicht angestrebt. Die emotionale Verbundenheit findet weiterhin nur in eurer romantischen Beziehung statt.

Der Unterschied zwischen offener Beziehung und Polyamorie

Anders als bei der Polyamorie beschränkt sich die offene Beziehung nur auf sexuelle Erlebnisse. Bei der Polyamorie können hingegen auch amouröse Beziehungen eingegangen werden. Dort sind neben der sexuellen Aktivität mit anderen Personen auch Gefühle und emotionale Verbindungen erlaubt. Meist auch romantische Dates, tiefgründige Gespräche und alles, was eine emotionale Verbindung herstellt oder herstellen könnte.

Für wen ist eine offene Beziehung geeignet?

Die Beziehung kann von jedem Paar in einer Paarbeziehung geöffnet werden, das den Wunsch danach in sich trägt oder eine offene Beziehung als spannend sieht. Oftmals hegt eine Person seit geraumer Zeit die Idee, sich von der Monogamie abzuwenden, bevor sie ihre Gedanken mit ihrem oder ihrer Liebsten teilt.

Den ersten Schritt machen meist Menschen, die Verbundenheit und das Gefühl von körperlicher und emotionaler Sicherheit in ihrer Partnerschaft schätzen, sich in sexueller Hinsicht jedoch nicht auf eine Person beschränken möchten. Eine offene Beziehung ist für jede/n geeignet, der/die auch in einer Partnerschaft eine sexuelle Freiheit genießen möchte.

Wie viele Paare leben in einer offenen Beziehung?

Theratalk.de, ein wissenschaftliches Projekt am Institut für Psychologie der Universität Göttingen, untersuchte in einer Studie mit 10.000 Männern und Frauen die Häufigkeit einer offenen Beziehung. Damit die Beziehung als offen gilt, mussten die Paare damit einverstanden sein, dass die andere Person außerhalb der Beziehung sexuell aktiv ist und dies auch aussprechen. Aus den Studienergebnissen ging hervor, dass sich demnach ein Prozent der Teilnehmer:innen in einer offenen Beziehung befand. Das entspricht jedem hundertsten Paar.

Sind Paare in einer offenen Beziehung glücklicher? Auch das untersuchte die Studie und zeigte, dass die betroffenen Paare nicht glücklicher oder unglücklicher sind als solche in monogamen Beziehungen. Anders ist es bei pseudo-offenen Beziehungen. Hierbei ist die Beziehung einseitig geöffnet. Sie kommt bei drei Prozent der Studienteilnehmer:innen vor und wird meist als Notlösung eingegangen. Paare in diesem Beziehungsmodell sind laut Studie deutlich unglücklicher, da eine Person aus Liebe oder in der Hoffnung, die Beziehung zu retten, der anderen Person einseitige sexuelle Freiheiten gewährt. Sie selbst ist nicht an Sex mit anderen Personen interessiert. Aus diesem Grund ist es in einer offenen Beziehung so wichtig, dass beide Partner:innen sexuelles Interesse am Öffnen der Beziehung haben.

Wann kann es für ein Paar sinnvoll sein, die Beziehung zu öffnen?

In einem von euch oder in euch beiden schlummert der Gedanke, eure Beziehung zu öffnen oder eine offene Ehe auszubrobieren. Nicht aus fehlender Liebe, sondern aus Neugier. Sex ist für euch nicht an Gefühle gebunden, ihr könnt Sex und Liebe voneinander trennen. Diese Details bieten eine gute Voraussetzung, eine offene Beziehung in Erwägung zu ziehen:

  • Ihr vertraut einander.
  • Ihr habt Lust auf weitere Sexualpartner oder Sexualpartnerinnen.
  • Ihr seid bereit, die Grenzen und Regeln des anderen zu respektieren.
  • Ihr könnt Sex und Liebe voneinander trennen.
  • Ihr versucht nicht, mit der offenen Beziehung etwas zu retten.
  • Eifersucht und Verlustangst spielt in eurem Leben keine Rolle.
  • Emotionale Treue ist euch in jedem Fall wichtig.
  • Dein/e Partner:in steht an erster Stelle.
  • Ihr seht das Öffnen der Beziehung als Bereicherung.

Wie kann eine offene Beziehung funktionieren?

  • Vertrauen: Die Basis einer offenen Beziehung baut auf Vertrauen. Wer seinem Partner oder seiner Partnerin nicht vollkommen vertrauen kann, wird in einer offenen Beziehung auf lange Sicht nicht glücklich.
  • Ehrlichkeit: Lädt eine offene Beziehung nicht zum Fremdgehen ein? Ganz im Gegenteil, denn Seitensprünge beruhen auf Lügen und Heimlichtuereien. Wie die "offene" Beziehung bereits ausdrückt, werden Bedürfnisse, Wünsche und Fantasien, die innerhalb einer Beziehung nicht gelebt werden können, offen kommuniziert und gemeinsam besprochen. Ob sie außerhalb der Beziehung ausgelebt werden, entscheidet jedes Paar gemeinsam.
  • Regeln: Eine offene Beziehung ist kein Freifahrtschein für sexuelle Abenteuer jeglicher Art. Es werden gemeinsam Regeln definiert und diese müssen zum Schutz der Beziehung und aus Respekt für die Partnerin oder den Partner eingehalten werden. Ansonsten gleicht die Offenheit eher einer Affäre. Manche Paare bestimmen sexuelle No-Go's und Praktiken, die nur und exklusiv im heimischen Schlafzimmer stattfinden sollen. Wie weit man selbst über die Details der sexuellen Abenteuer des oder der anderen informiert werden möchte, entscheidet jede/r selbst.
  • Ehrliches Einverständnis: Lasse dich zu nichts überreden und stimme Vereinbarungen nicht aus Liebe zu, die dir insgeheim Bauchschmerzen bereiten. Hast du bei einer Sache über einen längeren Zeitraum Bedenken oder stellt sich das ungute Gefühl erst im Nachhinein ein, verhandelt die Regeln eurer offenen Beziehung neu. Du solltest dich bei einem Einverständnis zur offenen Beziehung zu einhundert Prozent wohlfühlen.
  • Regelmäßige Kommunikation: Es kann passieren, dass du oder dein/e Partner:in nach einiger Zeit die Regeln neu definieren möchtest. Dafür eignen sich regelmäßige Gespräche über eure offene Beziehung. Dabei könnt ihr euch austauschen, wie ihr euch fühlt, welche Grauzonen es nach einigen Wochen oder Monaten neu auszuloten gibt oder ob ihr eurer sexuellen Beziehung die Exklusivität zurückgeben wollt. Haltet nicht hinter dem Berg, noch so kleine Details anzusprechen und neu zu ordnen. Damit stärkt ihr das Fundament der offenen Beziehung und der emotionalen Treue.

Welche Regeln gibt es in einer offenen Beziehung?

Die Regeln einer offenen Beziehung werden von euch selbst definiert. Im Vordergrund sollten jedoch immer Ehrlichkeit und Einverständnis stehen. Ebenfalls das Recht, die Regeln jederzeit zu ändern, sollte sich eine Person unwohl führen, denn die oberste Priorität hat der Partner, die Partnerin und eure Beziehung.

Kommuniziere deine Bedenken, Gefühle und Bedürfnisse klar und deutlich, denn darauf baut die offene Beziehung. Der Sex außerhalb eurer Liebesbeziehung sollte ohne Gefühle stattfinden. Für manche Menschen ist es kein Problem, andere wünschen sich intime Momente nur mit dem festen Partner oder der festen Partnerin und können Sex und Liebe nicht voneinander trennen.

Höre auf dein Bauchgefühl und gehe bei diesem intimen Thema keine Kompromisse aus Liebe zu deinem Partner oder deiner Partnerin ein, denn an einer offenen Beziehung sollten beide Parteien interessiert sein. Wünscht sich eine Person Sex mit anderen, die andere Person nicht, sollte tiefgründig über die Gefühle und Ängste gesprochen werden, die sich bei der Vorstellung auftun.

Kommt eine offene Beziehung für dich infrage und auch dein/e Partner:in möchten sexuelle Erlebnisse außerhalb der Zweierbeziehung machen, sollten Tabus herausgestellt werden. Das kann den Sex im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung betreffen, Sexpraktiken, festgelegte Wochentage und inwieweit ihr über die andere Person informiert werden wollt. Vielleicht gibt es auch Personen, mit denen nicht geschlafen werden darf, wie Bekannte, Freunde, Arbeitskollegen oder Ex-Partner:innen.

Diese Regeln sind nur ein kleiner Auszug. Was für euch im Detail wichtig ist, zeigt sich ganz individuell im Gespräch. Lasst kein Thema aus, so klein es auch sein mag. Alles und jedes noch so kleine Bedenken sollte vor dem Öffnen der Beziehung geklärt werden.

Trennen sich Paare in einer offenen Beziehung häufiger als in einer monogamen Beziehung?

Eine Umfrage der Kennenlernplattform Gleichklang beschäftigte sich mit dem Thema "was trennt und was verbindet". Dazu befragten sie 151 Männer, 247 Frauen und zwei nicht-binäre Personen zu ihren sexuellen Vereinbarungen in ihrer Beziehung. 86,4 Prozent befanden sich in einer monogamen Beziehung, 9,1 Prozent in einer offenen Beziehung und 4,5 Prozent hatten keinen Sex.

Die Ergebnisse der Befragung zeigten, dass eine monogame Beziehung weder ein Risiko- noch ein Schutzfaktor für die Stabilität einer Beziehung darstellt. Dass eine offene Beziehung eine mögliche Gefahr für den Fortbestand einer Partnerschaft sei, wurde nicht bestätigt. Paare, die komplett auf Sex verzichteten, trennten sich jedoch tendenziell häufiger. Nach einem Seitensprung zeigt sich die Trennungsrate am höchsten.

Trennungsraten im Überblick:

  • Trennung nach Seitensprung: 71,42 Prozent
  • Trennung in einer Beziehung ohne Sex: 25 Prozent
  • Trennung in einer offenen Beziehung: 16,66 Prozent
  • Trennung in einer monogamen Beziehung: 14,84 Prozent

Paare in einer offenen Beziehung trennen sich im Vergleich zu Paaren in einer monogamen Beziehung ähnlich oft. Der Einfluss einer oder mehreren weiteren Sexualpartner:innen rüttelt demnach nicht an der Stabilität der Beziehung. Zu beachten ist jedoch, dass es sich hierbei um eine sehr kleine Befragung von 330 Menschen handelt und sich unter ihnen lediglich 30 Personen in einer offenen Beziehung befanden. Doch eine Tendenz ist hier trotzdem gut erkennbar.

Umfragen, Zahlen, Fakten: Du solltest dich dabei wohlfühlen

Damit die offene Beziehung gelingt und du das Öffnen der Partnerschaft als Bereicherung wahrnimmst, solltest du nicht nur deinem/r Liebsten vertrauen, sondern auch Spaß an diesem Beziehungsmodell haben. Es klingt fortschrittlich und befreiend, viele Menschen haben mit Sicherheit lange darauf gewartet, dass mehr über die offene Beziehung gesprochen wird – und dass sie auch funktionieren kann. Das Öffnen der Beziehung geschieht nicht als Notlösung oder Rettung der Partnerschaft, in der sich ungehemmt und ganz ohne Regeln sexuell ausgelebt werden darf. Sie ist vielmehr die Kirsche auf der Sahnetorte, das große vertrauensvolle Extra, das für noch mehr Verbindung sorgt, wenn es gewünscht ist.

Sprecht doch mal gemeinsam über dieses Beziehungsmodell, auch wenn ihr es gar nicht anstrebt. Hat jemand von euch InteresseamSex mit Unbekannten? Was ist das Besondere an der Vorstellung? Könnt ihr aus dem Gespräch etwas für euer Sexleben mitnehmen? Der Blick über den Tellerrand der Konventionen kann verschlossene Türen öffnen, euch vielleicht sogar die Form der offenen Beziehung ausprobieren lassen.

Oder ihr erfahrt, dass euch die sexuelle Exklusivität am wichtigsten ist und euch nichts an der offenen Beziehung anspricht. Jede Partnerschaft ist so individuell und besonders wie eure Persönlichkeit. Für die einen ist eine offene Beziehung das, wonach sie sich immer gesehnt haben, die anderen haben durch das Ausprobieren gelernt, wie wichtig Zweisamkeit für sie ist. Liebe ist vielfältig und wandelbar, sie formt sich mit jedem Impuls neu. Was sich auch immer verändert, denke in erster Linie an dich und deine Bedürfnisse und gehe keine Kompromisse ein.

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Verwendete Quellen: 

Brigitte

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