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Weg damit! Wie Marie Kondo mir Ordnung beibrachte – und ich zum Freak wurde

Marie Kondo - Ordnung halten
© Leslie Banks/iStockphoto / Getty Images
Ich hasse Unordnung. Leider war es bei mir trotzdem meistens unordentlich. Dann empfahl mir eine Freundin das Buch von Marie Kondo - und ich wurde zum Ordnungsfreak.
von Franziska Steinberg

Ja, es war öfter unordentlich bei mir. Bevor Besuch kam habe ich immer noch Zeit zum Aufräumen und Putzen eingeplant. Jetzt nicht so richtig chaotisch, messi-haft, dreckig. Das nicht. Aber überall lag einfach Zeug rum. Ständig. Es war mir selbst ein Rätsel, wie ich das immer wieder so schnell geschafft habe. Aufräumen war ein richtiger Kraftakt, der viel Zeit und Motivation kostete. Der ordentliche Zustand hielt dann jedoch nie lange an. Nach nur wenigen Tagen lag da wieder Zeug rum. Doch dann kam Marie Kondo mit ihrer konmari-Methode und changete my life – really jetzt! So schleppte ich plötzlich Müllsäcke-weise Zeug aus meiner Bude – ein echter Befreiungsschlag. Meistens ist es eben nicht das Problem der Ordnung, sondern ein Problem des „zu viel Zeugs“. Die Gehirnwäsche mit Marie Kondo zog sich über mehrere Wochen. Jetzt lebe ich in einer dauerordentlichen Wohnung – und meine Freunde halten mich für einen Freak. Doch was ist passiert? Ich musste Aufräumen - und zwar so richtig.

Marie Kondo-Regel Nr. 1: Ordnung nach Kategorien halten!

Marie Kondo geht beim Ausmisten (und das Buch handelt erst einmal nur vom Ausmisten) nicht nach Zimmern vor, sondern nach Kategorien: Kleider, Bücher, Papiere, Kleinkram, Erinnerungsstücke und ich empfehle stark, diese Reihenfolge einzuhalten. Es ergab total Sinn. Beispiel: Bücher gehören also jetzt nicht mehr ins Schlafzimmer (aktuelle Lektüre), Arbeitszimmer (Bücherregal), Wohnzimmer (Dekoregal) UND in die Küche (Kochbücher), sondern sie fanden ihren Platz alle im Bücherregal. Logisch. Also die, die noch übrig blieben. Die Bücher mit Wert, mit schönen Erinnerungen, Klassiker, Fachliteratur – kurz: Bücher, deren Anblick mich glücklich macht, durften bleiben. Bücher, die ich einmal oder nie gelesen habe, sind rausgeflogen. Das gilt also auch für Klamotten und Papierkram, Handtücher, Bettwäsche etc. Alles hat seinen eigenen Platz! 

Marie Kondo-Regel Nr. 2: Vielleicht kommt nie – also weg damit!

Wer kennt’s nicht: Vielleicht passe ich da ja mal wieder rein. Vielleicht gibt’s mal eine Motto-Party. Vielleicht lese ich dieses Buch demnächst mal. Vielleicht streichen wir die Wohnung um und ich brauche dafür dieses olle Shirt. Vielleicht kann das jemand von meinen Freunden gebrauchen. Sobald ich meinen Kopf diesen Satz denken höre, steht Marie Kondo vor mir und predigt: „Vielleicht kommt nie. Sofort wegschmeißen!“ Um sich darüber wirklich im Klaren zu sein, ist es beim Ausmisten superwichtig, die Sachen einer Kategorie alle auf den Boden zu werfen. Also alles raus aus den Schränken, ab auf den Boden! Das hat zwei Gründe: Erstens habe ich erst einmal realisiert, wie viel Klamotten (Bücher, Papiere, Kosmetik) ich eigentlich besitze – das kann echt erschreckend sein. Zweitens nahm ich jedes Teil einmal in die Hand und überlegte, was es mir bedeutet. Diesen Pulli hast du jetzt drei Jahre nicht getragen, du hast ihn nie vermisst, er löst kein Gefühl in dir aus: Weg damit! 

Marie Kondo-Regel Nr. 3: Was dich glücklich macht!

Was hab ich schon diskutiert: „Aber ein Wischmob macht ja auch nicht glücklich, trotzdem brauchst du ihn!“, das klassiche Marie Kondo-Gegenargument. Ganz ehrlich? Ich hatte zwei Wischmobs zu Hause, die kacke waren. Einer war kaputt, der andere erfüllte nicht seinen Zweck. Beide machten mich wirklich nicht glücklich. Was ist die Lösung? Einen neuen kaufen, der glücklich macht. Da gehört ein bisschen Recherche dazu: Ich wusste, dass er nicht so schnell kaputt gehen darf und ich wusste, dass er keine hässlichen Schlieren auf dem Dielenboden hinterlassen sollte. Also googelte ich mir die Finger wund bis ich das für mich passende Exemplar gefunden habe. Das kostet Zeit und auch ein paar Euro mehr. Aber ich wische jetzt tatsächlich gern – das Ergebnis macht mich glücklich. Und er hält super. So einfach ist das Prinzip.

Marie Kondo-Regel Nr. 4: Erinnerungen hat man im Kopf!

Vorneweg: Mein Abi-Shirt liegt noch immer im Schrank. Zu 100 Prozent ziehe ich es auch nicht durch – das ist die kleine Rebellin in mir. Es fällt wirklich schwer, sich von Erinnerungsstücken zu trennen. Oder von Geschenken, die man irgendwie süß und lieb fand, aber mit denen man nichts anfangen konnte. Ich kann mittlerweile gut damit leben, mich im Marie-Kondo-Style von den Dingen zu verabschieden und mich zu bedanken: „Vielen Dank, du schönes Flugticket in die USA – ich hatte eine tolle Reise, die du mir ermöglicht hast. Ich brauche dich aber nicht mehr, um mich daran zu erinnern. Tschüss!“ 

Marie Kondo-Regel Nr. 5: Weg mit dem Kleinscheiß!

Mit dem Kleinscheiß hat mich Marie Kondo so eiskalt erwischt. Sie hatte einfach so recht: Kabel über Kabel (von denen ich nicht weiß, wofür sie überhaupt sind), alte Handyschachteln oder Kartons von anderen Elektrogeräten, Parfum- und andere Kosmetikproben, Kleingeld, das überall rumliegt, Zeitschriften und Prospekte, Tüten, alte Kleinelektro-Geräte (Digitalkameras, iPods etc.), Modeschmuck, den man nicht mehr trägt, Haarklemmen, Handcremes in jedem Zimmer. Furchtbar! Das war letztendlich das Zeug, das meine Wohnung so unordentlich erscheinen ließ. Kleingeld wandert nun direkt in die Geldbörse und der Rest ist verschwunden. Handcreme habe ich nun noch genau eine, meine absolute Lieblingshandcreme, und sie hat einen festen Platz – bei den anderen Kosmetiksachen im Schlafzimmer. 

Marie Kondo-Regel Nr. 6: Alles auf einen Blick!

Die absoluten Aufräumprofis sind die totalen Hamster – sie sammeln alles. Ich belächle jetzt Leute, die sich Kisten und Boxen und sonst was Tolles kaufen (z.B. Kleiderbügel für Tücher) um ihr Zeug zu organisieren und eine aufgeräumte Wohnung präsentieren. Mein neues Mantra: Wenn ich mir etwas Neues kaufen muss, um meine Sachen zu sortieren und zu ordnen, muss dringend etwas weg und nicht noch etwas dazu. Stauraum schaffen ist der Feind. Ich will nichts verstauen müssen. Ich will einen Schrank öffnen und alles, was sich darin befindet, auf einen Blick sehen können. Und nicht nach drei Jahren in der hintersten Schrankecke noch ein Kleid finden, was ich ja ewig nicht mehr angezogen habe. 

Danke Marie Kondo, ich bin jetzt der totale Freak!

Endlich hab ich also die Ordnung, die ich immer wollte. Mein Mann findet das grundsätzlich auch super! Nur treibt er mich in den Wahnsinn, weil er das Prinzip natürlich nicht verstanden hat. Ich konnte ihn nicht überzeugen, das Buch zu lesen. So räumt er ständig Dinge irgendwohin, wo sie nicht hingehören. Stapelt Zeug auf dem Dachboden, obwohl wir es nie wieder benötigen, anstatt es direkt wegzuwerfen. Außerdem stoße ich Freundinnen vor dem Kopf, wenn sie mir bitte nichts zum Geburtstag schenken sollen. Nachher besitze ich etwas, das mich nicht glücklich macht und werfe es direkt in den Müll. Undankbar bin ich also. Ich kaufe auch nichts ein, das mich nicht glücklich macht. Was zur Folge hat, das ich mich sehr schwer dazu durchringen kann, etwas anzuschaffen: Möchte ich DAS tatsächlich in meinem Leben haben? Brauche ich das? Aus einem Wischmob-Kauf wird demzufolge eine Wissenschaft und nicht nur eine Anschaffung für einen Wischmob. Außerdem sind Freunde und Familie vor Klugscheißer-Tipps nicht mehr sicher. Ich würde am liebsten mit all meinen Freunden einmal deren Wohnung aufräumen, so richtig schön ausmisten, ihnen dabei helfen, sie von unnötigem Ballast zu befreien - ob sie wollen oder nicht. Ich kann nicht mehr mit ansehen, wie sich Leute im Schlussverkauf unreflektiert mit weiteren Dingen zumüllen und kaufen, kaufen, kaufen. Oder mir ein Kommentar verkneifen, wenn Freunde in größere Wohnungen ziehen, weil sie in der alten keinen Platz mehr haben. Als Umzugshelfer biete ich mich schon lange nicht mehr an. Danke, Marie Kondo, ich bin zwar ordentlich, aber anscheinend echt asozial geworden.

Barbara

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