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Friedrich Ani: "Ich vermisse meine Vermissten"

"Totsein verjährt nicht" heißt der dritte Fall für Kommissar Polonius Fischer. Sein Erfinder Friedrich Ani erklärt im Interview, warum es sein letzter ist - und worin für ihn der Reiz des Verschwundenen liegt.

Buchsalon: Wie unseren Leserinnen der neue Ani-Krimi gefallen hat

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BRIGITTE.de: Ihr neuer Roman basiert auf einer wahren, sehr tragischen Begebenheit. die vor acht Jahre beträchtliche Schlagzeilen gemacht hat.

Friedrich Ani: Die Hintergrundgeschichte ist die der neunjährigen Peggy Knobloch, die 2001 in der Gegend bei Hof in Franken verschwand. Von Anfang an habe ich sehr aufmerksam die Berichterstattung verfolgt und durch meine Kontakte zur Vermisstenstelle weitere Informationen erhalten. Für den Roman habe ich den Fall natürlich verändert.

BRIGITTE.de: Was ist damals passiert?

Friedrich Ani: Das Mädchen war plötzlich weg und ist bis heute nicht aufgetaucht. Weder tot noch lebendig. Ein geistig zurückgebliebener Mann wurde verhaftet. Zuerst legte er ein Geständnis ab. Nach anderthalb Tagen hat er es widerrufen, aber es hat ihm nichts genützt, denn sein Anwalt war zu schwach. Der Mann wurde später wegen Mordes verurteilt. Er sitzt in der Psychiatrie ein und beteuert nach wie vor seine Unschuld. Noch immer gibt es keine Indizien, keine Leiche. Jetzt bemüht sich ein anderer Anwalt um ein Wiederaufnahmeverfahren, denn es gibt definitiv falsche Zeugenaussagen und grobe Fehler in der Ermittlungsarbeit.

BRIGITTE.de: Verschwundene und Vermisste sind das zentrale Thema Ihrer Bücher. Warum eigentlich?

Friedrich Ani: Für mich ist es ein Lebensthema. Ich wollte immer abhauen. Einmal war ich sogar ein richtig Verschwundener. Mit 18 bin ich ein paar Monate weggewesen und wurde von der Polizei gesucht. Fragen Sie gar nicht erst, wo ich war - das verrate ich nicht.

BRIGITTE.de: Bekannt geworden sind Sie mit den Geschichten um den Polizisten Tabor Süden. "Totsein verjährt nicht" ist nun der dritte Fall des Kommissars und ehemaligen Mönchs Polonius Fischer.

Friedrich Ani: Ja. Und es wird der letzte sein.

BRIGITTE.de: Wieso das?

Friedrich Ani: Ich vermisse meine Vermissten. Und deshalb wird Tabor Süden zurückkehren.

BRIGITTE.de: Der fast schon legendäre Vermisstenfahnder, der sich vor ein paar Jahren ohne große Worte verabschiedet hat und gewissermaßen auch verschwunden ist. Wo war er?

Friedrich Ani: Er hat in Köln als Kellner gearbeitet. Jetzt heuert er bei einer Detektei an und kann außerhalb der Polizeistrukturen agieren. Gewissermaßen als Freelancer. Ich hoffe, mich so beim Schreiben weiterentwickeln zu können. Nach noch einem Polizeibelobigungsroman steht mir nicht der Sinn. Das ist mir einfach zu wenig.

BRIGITTE.de: Die Rückkehr von Süden kommt ein bisschen plötzlich.

Friedrich Ani: Ich wollte ihn sogar schon in "Totsein verjährt nicht" auftauchen lassen. Mir hat die Vorstellung gut gefallen, die beiden unterschiedlichen Kommissare aufeinander prallen zu lassen. Der Verlag hat sich aber dagegen entschieden.

BRIGITTE.de: Wo liegen die größten Unterschiede zwischen Fischer und Süden?

Friedrich Ani: Süden ist ein intuitiver Mensch. Er hat einen zugewandten Menschenblick und ist ein persönlicher Polizist. Fischer ist dagegen sehr rational. Durch seine Erfahrungen im Kloster hat er zwar eine tiefe spirituelle Erfahrungen gesammelt, aber er betrachtet andere Menschen mit großer Kühle und Nüchternheit.

BRIGITTE.de: Gemeinsam ist beiden der Ort ihrer Fälle - immer wieder taucht München in Ihren Romanen auf, so auch dieses Mal. Welche Bedeutung hat die Stadt für Sie?

Friedrich Ani: Es ist meine Stadt, ich kenne sie gut. Für mich ist München genauso spinnert wie andere Großstädte auch. Wenn ich woanders wohnen würde, würden meine Geschichten woanders spielen.

BRIGITTE.de: Können Sie sich denn vorstellen, woanders zu leben?

Friedrich Ani: Nee. Wo soll ich denn hin? Ich bin ein Zwangsmünchener. Ich komme einfach nicht weg.

Interview: Andrea Tholl

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