Wie entstehen Schwindelanfälle?
Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, die Rezeptoren in den Muskeln und unsere Augen erzeugen zusammen das Gefühl für Gleichgewicht und räumliche Orientierung. Schwindel (Vertigo) entsteht, wenn unser Gehirn widersprüchliche Informationen von diesen Sinnesorganen erhält. In dem Fall spricht man auch vom vestibulärem Schwindel.
Schwindelanfälle und mögliche Ursachen
Vestibulärer Schwindel
Hängt also der Schwindelanfall mit dem Gleichgewichtssystem zusammen, handelt es sich um vestibulären Schwindel. Darunter fallen verschiedene Formen:
Lagerungsschwindel
Der sogenannte benigne paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS) tritt bei einer Lageveränderung auf. Kleine Steinchen lösen sich im Innenohr ab, gelangen in die Bogengänge des Innenohrs, reizen dort die Sinneszellen und lösen die Schwindelgefühle aus. Der gutartige Lagerungsschwindel tritt anfallartig (paroxysmal) auf. Zudem ist es möglich, dass die Schwindelattacke auch im Liegen aufkommt und zu Übelkeit führt.
Menière-Krankheit (Morbus Menière)
Bei dieser eher seltenen Erkrankung des Innenohres kommt es zu anfallartigen Schwindelgefühlen, Ohrengeräuschen wie Tinnitus und einer einseitigen Hörminderung. Die Ursache für Morbus Menière ist immer noch unbekannt.
Neuritis vestibularis
Dabei handelt es sich um eine Entzündung des Gleichgewichtsnerv, die eher bei Menschen zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr auftritt. Dahinter steckt möglicherweise eine Virusinfektion. Übelkeit, Erbrechen und eine Fallneigung gehören zu möglichen Symptomen.
Reisekrankheit (Kinetose)
Ungewohnte Bewegungen bringen den Gleichgewichtssinn durcheinander, das kann auf einem Schiff sein, aber auch kurvenreiches Auto- oder Busfahren.
Nicht-vestibulärer Schwindel
Haben die Schwindelgefühle nichts mit dem Gleichgewichtssystem zu tun, kommen andere Ursachen infrage, wie:
- Bluthochdruck oder niedriger Blutdruck
- Nervenerkrankungen
- Blutarmut
- Herzrhythmusstörungen
- Schwangerschaft
- Niedriger Blutzuckerspiegel
- Schlecht eingestellte Brille
- Augenerkrankungen
- Seelische Probleme wie Angst, Stress oder Konflikte
Auch Alkohol- oder Drogenkonsum kann zu Gleichgewichtsstörungen und einem Schwindelgefühl führen. Möglicherweise ist Schwindel auch eine Nebenwirkung von Medikamenten gegen bspw. Bluthochdruck, Depressionen oder Migräne.
Schwindelformen
Neben den möglichen Ursachen, unterscheidet man bei Schwindelanfällen, wie der Schwindel wahrgenommen wird.
Drehschwindel
Drehschwindel macht sich zum Beispiel beim Aufstehen bemerkbar. Die Betroffenen haben das Gefühl, dass sich die Umwelt oder sie sich selbst herum drehen. Dabei können auch Übelkeitsgefühle und Erbrechen auftreten.
Schwankschwindel
Nicht nur im Stehen, auch beim Gehen ist dem Betroffenen schwindelig. Demjenigen ist, als ob der Boden unter den Füßen sich bewegt oder weggerissen wird. Neben einer Fallneigung und Benommenheit kann ein Gefühl der Ohnmacht dazukommen.
Liftschwindel
Beim Liftschwindel fühlt sich der Betroffene, wie in einem Aufzug hoch- oder runtergezogen, eventuell begleitet von einem Fallgefühl.
Pseudo-Vertigo
Wenn sich die Umgebung nicht zu drehen scheint, der Betroffene sich aber benommen fühlt und ihm schwarz vor Augen wird, spricht man vom Pseudo-Vertigo. Wie das Pseudo (griechisch für falsch) im Namen verrät, liegt hier kein tatsächlicher Schwindel vor.
Schwindelanfälle – das kannst du tun
Im Akutfall kannst deinen Kreislauf stabilisieren, indem du dich hinlegst und die Beine hochlagerst. Bei altersbedingtem Schwindel kann regelmäßige, körperliche Aktivität die Durchblutung im Innenohr fördern und Schwindel verbessern. In einigen Fällen kann eine Therapie mit Medikamenten sinnvoll sein. Die Maßnahmen richten sich nach der Ursache für Schwindel:
Medikamentöse Therapie bei Morbus Menière
Die Ursache für diese Erkrankung ist unbekannt, daher ist es nur möglich, die Symptome zu behandeln. Bei akuten Anfällen können Medikamente mit dem Wirkstoff Betahistin helfen. Bei schweren und häufigen Fällen kann eine Intervalltherapie mit Medikamenten ausprobiert werden. Eine gesunde Ernährung und Lebensweise ist empfehlenswert, um weiteren Attacken vorzubeugen.
Training und Medikamente bei Neuritis vestibularis
Eine Therapie mit sogenannten Glucocorticoiden hilft dem Gleichgewichtssin, genauso wie ein Schwindeltraining mit Gleichgewichtsübungen.
Medikamente bei Reisekrankheit (Kinetose)
Auch hier können Mittel mit einer Gruppe von Wirkstoffen, sogenannte Antivertiginosa, gegen Schwindel und Übelkeit helfen.
Übungen bei Lagerungsschwindel
Mit verschiedenen Übungen lassen sich die Ohrsteinchen aus den Bogengängen wieder hinausbefördern. Diese sogenannten Manöver nach Eply und Sémont, findest du in diesem Artikel beschrieben: Kristalle im Ohr.
Schwindelanfälle vorbeugen
Neben physiotherapeutischen und medikamentösen Behandlungen, können noch folgende Tipps helfen:
- Trinke ausreichend, also 1,5 bis 2 Liter am Tag
- Vermeide Unterzucker, indem du regelmäßig und genügend isst
- Entspannungsübungen helfen dir beim Stress abbauen
- Regelmäßig Blutdruck kontrollieren (so geht's richtig: Blutdruck messen)
- Langsam aufstehen und aufsetzen
Wann zum Arzt?
- Bei plötzlichen Schwindelattacken ohne ersichtliche Ursache
- Bestimmte Kopfbewegungen lösen immer wieder Schwindel aus
- Bei Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Ohrensausen, Atemnot oder Erbrechen
- Schwindel während einer Erkrankung wie Mittelohrentzündung, Grippe oder Gürtelrose
Zu welchem Arzt bei Schwindelanfällen?
Klingt der Schwindel nicht wieder ab oder kehren Schwindelanfälle immer wieder, ist es ratsam einen Arzt aufzusuchen. Damit die richtige Therapie eingeleitet werden kann, ist es wichtig, die Ursache zu kennen. Für die Diagnose kann es sein, dass mehrere Fachbereiche. z. B. aus der HNO-Heilkunde, Inneren Medizin, Augenheilkunde, Orthopädie und Neurologie hinzugezogen werden müssen.