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Menstruationsmythen im Check Ticken Frauen während der Menstruation anders?

Menstruationsmythen: Kalender
© Mehaniq / Shutterstock
Ticken Frauen während der Menstruation anders? Haben sie dann mehr Lust auf Süßes, aber nicht auf Sex? Zwölf Mythen zur Menstruation – und was wirklich dran ist.

Menstruation: Die Einstellung ändert sich - zum Glück

Sie ist längst nicht mehr die "Erdbeerwoche" oder die "Tante aus Amerika", über die man nur verschämt spricht. Das Thema Menstruation wird seit einiger Zeit enttabuisiert. Zum Beispiel durch Kiran Gandhi, die 2015 während ihrer Blutung einen Marathon ohne Tampon oder Binde lief, ihr Foto ging um die Welt. Natürlich war die "Free bleeding"-Aktion auch unter Frauen umstritten, aber sie zeigt: Die Einstellung zur Menstruation hat sich massiv verändert.

Menstruationstassen werden immer beliebter, saugfähige Unterwäsche wie "Thinx", Zyklus-Apps wie "Clue" oder "Ava", der Fruchtbarkeitstracker fürs Handgelenk, wurden entwickelt. Bald will man anhand von Menstruationsblut sogar Krankheiten bestimmen. Trotz aller Innovationen halten sich einige Vorurteile hartnäckig. Welche stimmen, welche nicht?

Mythos 1: "Starke Regelblutungen sind normal"

Falsch. Eine von vier Frauen leidet unter starken Regelblutungen. Oft quälen sich Betroffene jahrelang, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Per Definition ist ein Blutverlust von mehr als 80 Milliliter während der Regel oder eine Blutung, die länger als acht Tage dauert, nicht normal. Die Menge entspricht 16 vollgesaugten Normal-Tampons oder acht Super-Tampons.

Wer so stark blutet oder während der Tage sehr starke Schmerzen hat, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen. Es könnte sich um Endometriose handeln. Dabei kommt es zu gutartigen Wucherungen von Gewebe an Eierstöcken, Eileitern, Darm, Blase oder Bauchfell, das sich wie die Gebärmutterschleimhaut im weiblichen Zyklus verändert und in der Menstruation zu Beschwerden führt.

Auch ein Myom, ein gutartiger Tumor in der Gebärmutter, wäre möglich. Außerdem sollte bei Frauen mit starken Blutungen auch der Hormonstatus bestimmt und die Schilddrüse gecheckt werden.

Mythos 2: "Pille ohne Pause: Das ist schädlich für den Körper"

Das ist noch nicht sicher, da es keine Langzeitstudien gibt. 2013 fanden dänische Forscher jedoch heraus, dass Menstruationsbeschwerden bei durchgehender Pilleneinnahme stärker zurückgehen als bei der Einnahme mit Pausen. Denn keine Periode heißt keine Regelschmerzen.

Bei Erkrankungen wie Endometriose oder Myomen raten Experten sogar dazu, die Periode zu unterdrücken. Jedoch sollten Frauen, die zu Zwischenblutungen neigen, die Langzeitpille nicht nehmen. Achtung: Nicht jede Pille ist dazu geeignet, sie ohne Pause zu nehmen, fragen Sie unbedingt beim Frauenarzt nach.

Mythos 3: "Frauen, die ihre Tage haben, sollten sich ausruhen"

Richtig. Zumindest sollten wir auf unseren Körper hören, wenn es um Sport, Bewegung und Leistungsfähigkeit geht. "Menstruation ist anstrengend und kraftraubend", erklärt Petra Bentz. Die Diplompädagogin am Frauen Feministischen Gesundheitszentrum (FFGZ) in Berlin-Schöneberg berät seit 1985 zu den Themen Menstruation, Myome und Beckenboden. "Man merkt die Anstrengung für den Körper daran, dass man weniger Hunger während der Regel hat." Der konzentriert sich voll auf die Blutung und fährt andere Vorgänge wie die Verdauung währenddessen zurück.

Gerade wer starke Blutungen hat oder an Migräne leidet, sollte sich schonen und auf sein Wohlbefinden achten: regelmäßig essen, viel Schlaf und Ruhezeiten einplanen.

Mythos 4: "Während der Regel kann man nicht schwanger werden"

Falsch. Absolute Sicherheit gibt es auch während der Menstruation nicht. Gerade Frauen, die einen kurzen Zyklus haben, bekommen auch entsprechend früh ihren Eisprung. Und da Spermien viele Tage im weiblichen Körper überleben, ist eine Befruchtung nicht ausgeschlossen.

Mythos 5: "Wenn die Blutung ausbleibt, ist man schwanger"

Falsch. Vorneweg: Ein "normaler" Zyklus dauert zwischen 25 bis 35 Tage. Doch auch kürzere oder längere Zyklen müssen nicht "krank" sein. Bleibt die Periode aus - das nennt man Amenorrhoe -, kann das auch andere Ursachen haben.

Zum einen funkt gern mal die Psyche dazwischen. Stress, ungewohnter Klimawechsel oder andere Belastungen wirken sich auf die Nerven aus - und somit auf das hormonelle Gleichgewicht. Auch Leistungssport, starker Gewichtsverlust und Übergewicht oder die einsetzenden Wechseljahre können den Zyklus aus dem Takt bringen. Umgekehrt bedeutet eine Blutung nicht, dass man garantiert nicht schwanger ist. Etwa jede vierte Schwangere hat in den ersten Wochen oder Monaten zumindest leichte Schmierblutungen.

Mythos 6: "Die monatlichen Blutungen verursachen Eisenmangel"

Richtig. Im Schnitt erlebt eine Frau 500 Blutungen in ihrem Leben. Nach und nach kann sich dadurch ein Eisenmangel einstellen. Daher benötigen Frauen mindestens ein Drittel mehr an Eisen als Männer. Sollten Frauen an starken Regelblutungen leiden, kann der Eisenbedarf sogar noch höher sein.

Die Eisenstoffwechselambulanz Hamburg-Eppendorf hat dafür einen praktischen Test entwickelt. Die Durchführung ist schnell, einfach und anonym. Anhand des Tampon-/Binden-Verbrauchs schätzt der Test die Menstruationsstärke richtig ein und gibt Tipps: www.mens-test.de

Mythos 7: "Während der Menstruation hat man mehr Lust auf Schokolade"

Richtig. Aber nicht nur die Hormone sind schuld. Zum einen sinkt vor der Menstruation der Pegel des Glückshormons Serotonin. Der Körper versucht, diesen Mangel mit Nasch-Attacken auszugleichen, denn Schokolade kann die Aufnahme von Tryptophan im Gehirn begünstigen, und daraus wird Serotonin gemacht.

Zum anderen kann der Heißhunger auf Schokolade aber auch auf einen Magnesiummangel hindeuten. Der Körper könnte nach dem Magnesium im Kakao lechzen, denn das hilft gegen verkrampfte Muskeln, also bei Unterleibskrämpfen.

Mythos 8: "Frauen denken langsamer, wenn sie ihre Regel haben"

Falsch, doch der Mythos, dass es ein "Period brain" gibt, also dass das weibliche Gehirn während der Tage langsamer arbeitet, hält sich beharrlich. Brigitte Leeners, Ärztin der Universitätsklinik Zürich und Professorin der reproduktiven Endokrinologie, hat 68 Frauen über zwei Menstruationszyklen hinweg untersucht. Dabei prüfte ihr Team die Gehirne auf Geschwindigkeit und Genauigkeit von Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Erinnerungsvermögen. Außerdem wurde erhoben, wie schnell die Teilnehmerinnen jeweils Informationen wie Form, Farbe, Anzahl, Größe und Kontur im Gehirn verarbeiten konnten. Das eindeutige Ergebnis der Untersuchungen: Ein "Period brain" gibt es nicht.

Mythos 9: "Die Lust auf Sex nimmt während der Menstruation ab"

Kommt drauf an. Rein physiologisch ist es so: Mit der Blutung fällt die libidohemmende Wirkung des Progesterons weg, daher empfinden viele Frauen die Zeit ihrer Menstruation als lustvoller - zumindest im Verhältnis zu den 14 Tagen davor.

Lust auf Sex ist jedoch auch eine Frage der Psyche. Während der Tage kann frau meist (!) nicht schwanger werden. Manche entlastet das. Wenn während der Regel der Unterleib schmerzt, hat sie dagegen vermutlich weniger den Wunsch nach körperlicher Nähe.

Mythos 10: "Wenn Frauen zusammen wohnen, wird der Zyklus synchron"

Das ist noch nicht endgültig geklärt. Martha McClintock ist Pionierin auf dem Gebiet der "menstruellen Synchronie". Sie bemerkte, dass sich die Monatszyklen ihrer Mitbewohnerinnen im Wohnheim einander anglichen. 1971 veröffentlichte sie diese These. 40 Jahre später gibt es zahllose Beweise sowohl dafür als auch dagegen, sodass keine eindeutige Aussage möglich ist.

McClintock beschäftigt sich derzeit übrigens mit der Forschung über die Angleichung des Eisprungs. "Die Synchronisation betrifft nicht - wie wir anfangs dachten - die Menstruation, sondern die Ovulation", sagt sie.

Mythos 11: "Die Farbe des Blutes sagt etwas über die Gesundheit aus"

Ja. Generell sollte die Blutung rötlich bis bräunlich sein. Hellrosa kann auf einen niedrigen Östrogenspiegel hinweisen, dunkles "Blaubeer-Rot" soll auf Myome hindeuten. Wichtig: Wenn das Blut orangefarben oder grau ist, sollte die Ursache immer möglichst bald mit Frauenärztin oder -arzt geklärt werden. Es könnte eine Infektion vorliegen.

Mythos 12: "Wenn die Regel mit Mitte
40 ausbleibt, war’s das mit der Fruchtbarkeit"

Nein. Die letzte Menstruation, die Menopause, und damit das Erlöschen der Fruchtbarkeit kann man nur rückwirkend bestimmen, wenn die Blutung danach tatsächlich mindestens zwölf Monate ausgeblieben ist. Auch Verhütung ist deshalb in diesem Zeitraum immer noch wichtig. Denn die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, ist spätestens ab Mitte 40 zwar sehr gering; gänzlich ausgeschlossen ist es aber nicht.

Brigitte 17/2018

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