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Laufen: Tipps gegen Langeweile

Immer dieselbe Joggingrunde, immer im gleichen Trott laufen - irgendwann wird's öde... Unsere Tipps gegen Langeweile machen schlauer, beweglicher und entspannter.

Tipps gegen Langeweile beim Laufen: 1. Schlauer werden

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Warum nicht mal im Vorbeilaufen eine Stadtbesichtigung machen?

Irgendwas ist drin, in der Berliner Luft. Gerade jetzt, im Sommer, macht sie irgendwie leichtfüßig, so, als hätte man sich gerade frisch verliebt. Beste Bedingungen, sich zu Fuß auf eine Tour zu den Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt zu machen. Oder noch besser: Laufend. Unter dem Motto "Run and See" bietet Beate Achilles ungewöhnliche Blicke auf ihre Heimatstadt an - auf einer Joggingtour. Ich treffe Beate am Brandenburger Tor, sie deutet hinauf zur Quadriga, die über dem Pariser Platz thront. Und erzählt, dass auch Napoleon die beschwingende Wirkung der Berliner Luft gespürt haben muss, als er auf seinen Eroberungszügen in die Stadt kam. Denn kaum eingetroffen, warf er ein Auge auf Victoria, die Siegesgöttin, die stolzeste Frau Berlins, und entführte sie von ihrem Platz auf dem Brandenburger Tor.

"Erst nach seiner Entmachtung kehrte die Quadriga mit der geflügelten Siegesgöttin in einer Kutsche aus Paris zurück", erklärt Beate. "So entstand der Ausdruck "Retourkutsche"." Ehrfürchtig schaue ich hinauf zu der weit gereisten Dame, die einen Kaiser zu entzücken vermochte. Viel Zeit zum Betrachten bleibt mir allerdings nicht. Denn vor uns liegt eine wahrlich bewegende Geschichtsstunde. Beate Achilles joggt los, ich im Gleichschritt neben ihr. Langsam traben wir durch das Brandenburger Tor, überqueren die Kopfsteinpflasterlinie, welche die ehemalige Mauer markiert, und joggen im Quasseltempo auf den Reichstag zu.

Vor dem Eingang wartet die übliche Besucherschlange, durch die wir auf unseren Runden um das Gebäude immer wieder hindurchschlüpfen. Währenddessen lässt meine Begleiterin lebhaft die wechselhafte Stadtgeschichte Revue passieren. Erstaunt stelle ich plötzlich fest, dass ich immer noch laufe - der Kopf ist viel zu abgelenkt, um sich mit schnöder Fortbewegung zu beschäftigen.

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Schon ein besonderes Gefühl, wenn die mächtigen Regierungsbauten auf einmal die Kulisse für die Joggingrunde bilden. Praktisch ist so eine laufende Stadtbesichtigung allemal: Man lernt die Stadt kennen, ohne dass die Sporteinheit ausfallen muss. Kein Wunder, dass Geschäftsreisende ebenso wie Touristen das Sight-Jogging schätzen. Wir ziehen vorbei am Bundeskanzleramt, entlang der Spree bis hin zur Museumsinsel. Hier betreten, oder eher, belaufen wir den historischen Stadtkern.

Aus der Spreeinsel Cölln und einem kleinen Nest namens Berlin am gegenüberliegenden Ufer entstand die heutige Hauptstadt. Joggend lassen wir die Museen links liegen und drehen ein paar Runden um den Lustgarten vor dem Berliner Dom, um Erzählzeit für die vielen historischen Gebäude zu gewinnen. Mittlerweile möchte ich gar nicht mehr stehen bleiben. Der Rhythmus aus Laufschritten, Geschichten und Anekdoten fühlt sich wunderbar an. Kaum sind wir an einer Ecke vorbei, tut sich das nächste Sehens und Wissenswerte auf. Wir passieren Kronprinzen- und Kronprinzessinnenpalais, Staatsoper und ehemalige königliche Bibliothek, und nur ein paar Schritte weiter queren wir den Bebelplatz, den Ort der Bücherverbrennung 1933. Prächtige Hauptstadtkulisse und Orte des Schreckens reihen sich hier so dicht aneinander, dass mir das Lauftempo manchmal fast unanständig erscheint. Nach einer Stunde sind wir zurück am Brandenburger Tor. Dort schaut die schöne Göttin noch immer gen Osten. Ob sie sich auch nicht sattsehen kann an dieser berauschenden Stadt? Eines habe ich ihr immerhin voraus: diese ganz besondere Leichtfüßigkeit.

Lust auf Sight-Jogging?

Infos zu den Berliner Touren gibt's unter

www.sightjogging-berlin.de

Angeboten werden die Touren auch in Hamburg, Frankfurt, Mainz, Freiburg, Regensburg und Augsburg - mehr dazu unter www.sightjogging-germany.de

Tipps gegen Langeweile beim Laufen: 2. Beweglicher werden

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Warum nicht mal tanzend laufen?

Mit dem Rhythmus eins sein, ein schwebendes Gefühl, federleichte Schritte - dieses Programm schenkt Ihnen ein Laufgefühl wie beim Tanzen. Lassen Sie Trainingspläne, Kilometer und Zeiten sausen, schalten Sie den Kopf aus, und laufen Sie im Wohlfühltempo aus dem Bauch heraus - denn beim "Gentle Running" spielt der richtige Beckenschwung eine entscheidende Rolle. Entwickelt wurde die Lauftechnik von dem Neuseeländer Wim Luijpers. Er verknüpfte das Joggen mit der Feldenkrais-Methode, nach der man eine richtige Bewegung nur durch fortwährendes Ausprobieren finden kann. Beim Gentle Running geht es deshalb nicht darum, eine Norm zu erfüllen, sondern die ganz individuelle Bewegungsharmonie zu entdecken. Wer es ausprobiert, begibt sich auf einen Experimentierpfad, der Stück für Stück immer ein wenig näher ans Wohlfühllaufen heranbringt. Denn mit der Gentle-Running-Technik bremst die Schwerkraft nicht, sondern unterstützt das Vorankommen. Gentle Running bringt das natürliche Laufgefühl zurück, das viele verlernt haben. Auf vier Dinge sollten Sie achten: die richtige Körperhaltung, das Abrollen des Fußes, den richtigen Hüftkick und eine tiefe Atmung. So geht's:

1. Die Körperhaltung Stellen Sie sich vor, dass an Ihrer Stirn ein Faden befestigt ist, der Sie sanft nach vorn und oben zieht. Denken Sie nicht an eine schnöde Schnur, sondern besser an einen goldenen "Luxusfaden", der Sie über sich selbst hinauswachsen lässt. Sein Ziehen sorgt für eine aufrechte Haltung und die richtige Körpervorlage, Sie werden groß und fallen durch die Schwerkraft in Ihre Laufschritte hinein. Die Beine dazu nicht aktiv einsetzen, sondern wie von selbst "mitlaufen" lassen. Das mühelose Laufgefühl unterstützen Sie mit kurzen Schritten. Dafür sollten Sie die Füße nicht vor, sondern unter dem Becken aufsetzen und die Arme locker anwinkeln. Richten Sie Ihren Blick nicht auf den Boden, sondern nach vorn oder leicht nach oben - das hebt den Oberkörper und erleichtert die Atmung.

2. Das Abrollen Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Piratenbraut mit einem linken Holzbein, das beim Gehen steif ist. Der rechte Fuß muss deshalb besonders gut abrollen. Er kommt zuerst mit der ganzen Sohle (nicht mit Ferse oder Vorfuß!) auf dem Boden auf und rollt schnell auf den Vorfuß bis fast auf die Zehenspitzen. Gehen Sie erst dreimal 20 Schritte pro Seite mit der Technik. Erspüren Sie den Abdruckpunkt im Großzehenballen, er ist der gesuchte Gehpunkt. Dann die Übung wiederholen und aus dem Gehpunkt einen Drehpunkt machen: Beim Abdrücken den rechten Fuß und den Oberkörper leicht nach links drehen (und umgekehrt), dabei den goldenen Faden nicht vergessen. Versuchen Sie zweimal 20 Schritte im Gehen pro Seite. Zuletzt die Technik ins Laufen übertragen.

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3. Der Hüftkick So kommt der für das Gentle Running wichtige Schwung aus den Hüften ins Spiel: Zuerst im Laufen die Arme vor dem Körper verschränken, dann hinter den unteren Rücken legen und zuletzt in die Höhe strecken. Konzentrieren Sie sich auf die Kraft, die aus der Drehung des Beckens kommt. Selbst das Abstoßen der Füße kommt aus dieser Rotationsbewegung und nicht aus den Beinen. Dazu drehen Ihre Schultern in die Gegenrichtung - aber nur als Reaktion auf den Hüftschwung. Zwischendurch immer wieder mit normaler Armhaltung laufen und die kraftvolle Hebelwirkung zwischen Becken und Oberkörper nutzen, um die Beine nur mitlaufen zu lassen.

4. Die tiefe Atmung Stellen Sie sich beim Laufen vor, Sie atmen in einen Ballon hinein, der Ihr Inneres mit dem Einatmen ganz ausfüllt. Mit dem Ausatmen schrumpft dieser Ballon hinter dem Bauchnabel auf Tennisballgröße zusammen. Oberste Regel dabei: Atmen Sie nur durch die Nase ein und aus - auch wenn das zunächst ungewohnt oder sogar anstrengend ist. Dadurch nutzen Sie Ihr Zwerchfell intensiver, schalten von der flachen Brustatmung auf die tiefe Bauchatmung um, bekommen mehr Luft in Ihre Lungen und mehr Sauerstoff ins Blut. Die Atemfrequenz sinkt und Stress wird besser abgebaut. Konzentrieren Sie sich auf das tiefe Ausatmen, und vergessen Sie Regeln, nach denen Sie eine bestimmte Schrittzahl pro Atemzug schaffen sollten. Finden Sie Ihren eigenen Rhythmus.

Auch noch wichtig:

Ideale Laufdauer: 10 Minuten warmlaufen, 40 Minuten joggen, 10 Minuten auslaufen – macht eine Stunde. Mindestens zweimal pro Woche. Minimalprogramm: Halbieren Sie alle Zeiten – je 5 Minuten aufwärmen und auslaufen, 20 Minuten joggen.

Ohne Krafteinsatz: Nicht gegen den Körper, sondern mit ihm laufen. Tempo und Dauer vom Körpergefühl entscheiden lassen.

Einsteigerinnen: Im Gehen einen Atemrhythmus finden, dann langsam das Tempo steigern, aber beim Laufen die Atemfrequenz beibehalten.

Tempo machen: Schneller werden Sie mit größeren Schritten. Dafür den Fußaufsatz unter dem Körper beibehalten und die Unterschenkel hinten höher in Richtung Po bringen.

Zum Weiterlesen:

"BodyRunning" von Wim Luijpers und Heimo Lercher, Residenz Verlag, 174 Seiten, 19,90 Euro. Gentle-Running-Laufseminare gibt es auf Rügen, außerdem in Österreich, Griechenland und Spanien. Infos unter www.wimrunning.com

Tipps gegen Langeweile beim Laufen: 3. Entspannter werden

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Warum nicht mal die Gedanken turnen lassen?

Die Leichtigkeit des Seins kann man nicht nur beim Yoga entdecken: Auf den spirituellen Joggingpfad schickt uns Frater Michael Bauer - ein Benediktinermönch, der sich seit vielen Jahren mit asiatischen Kampfkünsten, Yoga und Meditation beschäftigt. Sein meditatives Laufen ist ein alltagstaugliches Trainingsprogramm nicht nur für einen fitten und gesunden Körper, sondern auch für mehr Spannkraft und Gelassenheit in Geist und Seele - das perfekte Rundum-Workout. Vergessen Sie Tempo- und Kilometervorgaben, und joggen Sie bewusst langsam. Fünf Leitgedanken für fünf Trainingseinheiten:

Die Kraft in der Mitte finden Beim Laufen können wir über unseren Atem Verbindung zu unserer Seele aufnehmen. Atmen Sie beim Laufen tief und langsam durch die Nase in den Bauch ein. Mit der Ausatmung lassen Sie alles Negative aus sich herausfließen. Anfangs ist die Nasenatmung ungewohnt, aber schon nach ein bis zwei Wochen fällt sie leichter. Reduzieren Sie Ihr Tempo so weit, dass Sie nicht durch den Mund atmen müssen. Berühren Sie den Gaumen mit der Zungenspitze - das erhöht Ihre Konzentration und bringt die Lebenskräfte ins Fließen. Laufen Sie mit dem ganzen Körper und nicht nur mit den Beinen - wie beim Gentle Running. Der langsame Atemrhythmus eignet sich gut für das Wiederholen eines Mantras - mit einem positiv formulierten Gedanken können Sie Seele, Geist und Körper stärken.

Wurzeln im Jetzt schlagen Ich laufe, also bin ich - damit dieses befreite Gefühl aufkommen kann, muss die Beinarbeit stimmen. Nie mit durchgestreckten Knien laufen, sondern jeden Schritt locker abfedern. Erden Sie sich, indem Sie Ihre Füße mit der ganzen Sohle aufsetzen und den Untergrund spüren. Wie fühlt er sich an? Beine und Boden bilden ein Fundament, dem Sie vertrauen können, denn Sie stehen - bzw. laufen - fest auf eigenen Füßen. Erleben Sie jeden einzelnen Schritt, denken Sie nicht zehn Schritte voraus oder an die Kilometer, die noch vor Ihnen liegen. Jetzt zählt nur das Laufen - alles andere hat seine eigene Zeit. Alltagsstress und Sorgen müssen Sie nicht verdrängen, halten Sie diese Gedanken aber auch nicht fest - lassen Sie sie wie Wolken vorbeiziehen.

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Lächeln für mehr Gelassenheit Der Körper ist ein sensibles Messinstrument für die seelische Befindlichkeit. Überprüfen Sie sich beim Laufen: Sind die Zähne zusammengebissen, ist das Gesicht verkniffen, sind die Schultern hochgezogen, ist der Atem keuchend? Dann sind Geschwindigkeit und Leistungsdruck zu hoch. Lassen Sie die verspannten Körperpartien los, den Perfektionismus sausen, und fühlen Sie Ihren eigenen Rhythmus. Die Übung dafür klingt simpel, funktioniert aber: Lächeln Sie sich beim Laufen innerlich selbst zu - oder die entgegenkommenden Menschen an. Denn Fröhlichkeit macht glücklich und gelassen. Denken Sie dabei über folgenden Satz nach: Nicht Sie laufen, sondern ES läuft mit Ihnen!

Achtsamkeit fürs Ich Sicher, die Laufrunde mit der besten Freundin kann manche Therapiestunde ersetzen. Trotzdem sollten Sie sich auch mal allein aufmachen, um den eigenen Laufrhythmus zu entdecken. Lassen Sie den Pulsmesser ruhig mal zu Hause, und schulen Sie Ihre Achtsamkeit, denn nur dann können Sie einfühlsam anderen gegenüber sein. Hören Sie auf Ihr Körpergefühl, testen Sie Ihr »individuelles Wohlfühltempo, laufen und leben Sie Ihren Stil, messen Sie sich keinesfalls an anderen Läufern. Wenn Ihnen nach einer Pause ist, halten Sie einfach an. Legen Sie am Berg einen kleinen Spurt ein, pflücken Sie unterwegs Blumen, oder beobachten Sie die Enten auf dem See. Machen Sie ein Laufdate mit sich selbst, und denken Sie in dieser Zeit über eine Frage nach, die Sie momentan bewegt.

Offen sein für Neues Wachsen Sie laufend über sich hinaus - spannendes Neuland können Sie nirgends einfacher betreten. Erkunden Sie neue Strecken, wechseln Sie den Untergrund, bleiben Sie neugierig auf die nächste Kurve, rennen Sie bei Wind und Wetter, trauen Sie sich in unbekannte Laufdimensionen hinein, machen Sie die Trainingseinheit zu einer Abenteuerreise. So bleiben Sie offen für Neues, gehen an Ihre Grenzen, übernehmen Verantwortung für sich und Ihre (Lebens-)Wege.

Zum Weiterlesen: "Die Seele läuft mit" von Michael G. Bauer, Ludwig Verlag, 186 Seiten, 14,95 Euro.

Ein Artikel aus BRIGITTE BALANCE Text: Michaela Rose Fotos: Nele Martensen

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