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Scheinschwangerschaft Was dahinter steckt

Scheinschwangerschaft: Frau hält Schwangerschaftstest
© Pressmaster / Shutterstock
Wann man von einer Scheinschwangerschaft spricht und was Betroffene tun können.

Spannen der Brüste, Übelkeit am Morgen und die Periode bleibt aus? Ein klarer Fall von Schwangerschaft! Oder?

Was ist eine Scheinschwangerschaft?

Eine Frau glaubt, sie sei schwanger, entwickelt entsprechende Schwangerschaftssymptome, ohne wirklich schwanger zu sein – in dem Fall spricht man von einer Scheinschwangerschaft (auch Pseudogravidität). Was betroffene Frauen tun können und was die Psyche damit zu tun hat, verrät uns Dr. med Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, im Interview.

BRIGITTE.de: Welche Symptome treten bei einer Scheinschwangerschaft auf?

Dr. med Christian Albring: "Schwangerschaften äußern sich in vielen subjektiven Symptomen, wie etwa das 'Gefühl', schwanger zu sein, Übelkeit, ungewöhnliche Vorlieben für Nahrungsmittel, Spannen in der Brust, Kreislaufprobleme. Bei einer Scheinschwangerschaft nimmt eine Frau an sich solche Symptome wahr, ohne schwanger zu sein.

Fehlt eine frauenärztliche Abklärung, können nach und nach auch das 'Gefühl' einer wachsenden Gebärmutter oder das Gefühl von Kindsbewegungen hinzukommen.

Für die möglichen Symptome kann es aber auch andere Ursachen geben. Übelkeit kann auch durch eine Magendarmgrippe oder Stress entstehen, Brustspannen durch Gewichtszunahme oder Wassereinlagerungen und last but not least ist die häufigste Ursache für ein Ausbleiben einer Blutung - ohne Schwangerschaft - Stress in jeglicher Form."

Welche Ursachen können einer Scheinschwangerschaft zugrunde liegen?

"Es wird geschätzt, dass bis zu 50 Prozent aller Schwangerschaften in den allerersten Wochen verlorengehen, weil nach der Einnistung der befruchteten Eizelle irgendeine grundsätzliche Störung aufgetreten ist. Diese Frauen spüren vielleicht eine körperliche Veränderung, die durch eine frühe Schwangerschaft hervorgerufen wurde.

Geht die Schwangerschaft frühzeitig zugrunde, kann es noch eine Weile dauern, bis Schwangerschaftszeichen verschwinden.

Der häufigste Hintergrund für eine Scheinschwangerschaft ist der große Wunsch und die Bereitschaft, schwanger zu werden. Grundsätzlich sieht man das Phänomen der Scheinschwangerschaft deshalb vor allem bei Frauen, die sich eine Schwangerschaft wünschen und nicht verhüten. Scheinschwangerschaften bei Frauen, die kein Kind wollen und eine zuverlässige Verhütung verwenden, sind praktisch unbekannt."

Treten typische Symptome einer Schwangerschaft auf, ein Schwangerschaftstest fällt jedoch negativ aus, was sollte die Betroffene tun? Was kann der Arzt oder Ärztin tun?

"Der Schwangerschaftstest gibt Auskunft über ein Hormon, das bei einer Schwangerschaft vermehrt im Blut und Urin zu finden ist. Eine sichere Auskunft erfolgt einerseits durch die frauenärztliche Untersuchung, denn sowohl der Muttermund als auch die Gebärmutter verändern sich typisch, wenn eine Schwangerschaft eingetreten ist; andererseits durch die Ultraschall-Untersuchung. Dabei wird eine Fruchtblase in der Gebärmutterhöhle nachgewiesen – oder z. B. im Eileiter bei einer extrauterinen Schwangerschaft (Anm. d. R.: Bei einer extrauterinen Schwangerschaft nistet sich eine befruchtete Eizelle außerhalb der Gebärmutter ein, dabei handelt es sich häufig um eine Eileiterschwangerschaft). Die Ultraschall-Untersuchung wird etwa zwei Wochen nachdem die Regelblutung ausgeblieben ist zuverlässig. Wird mit dem Bildverfahren zu diesem Zeitpunkt nichts gefunden, und die frauenärztliche Untersuchung und der Hormonwert sind negativ, liegt keine Schwangerschaft vor, die älter als 8 Tage ist."

Wie wird eine Scheinschwangerschaft behandelt bzw. was raten Sie Frauen, die eine Scheinschwangerschaft erlebt haben?

"Im Grunde genommen ist es nicht selten, dass eine Frau sich schwanger fühlt und gar nicht erst einen Schwangerschaftstest durchführt, sondern eine Weile abwartet, ob die Regelblutung ausbleibt, bevor sie zum Frauenarzt geht. Wenn bei der Untersuchung nichts zu finden ist, bedeutet das nicht, dass keine Schwangerschaft vorlag. Es könnte bedeuten, dass die Schwangerschaft einfach sehr früh zugrunde gegangen ist. Frauen mit solchen Symptomen sind also auf keinen Fall als psychisch auffällig anzusehen.

Dass alle ärztlichen Befunde gegen eine Schwangerschaft sprechen, eine Frau trotzdem darauf beharrt, schwanger zu sein, ist ein seltener Einzelfall. Möglicherweise liegt eine gestörte Wahrnehmung der Realität vor, vielleicht verursacht durch übergroße Trauer trotz vieler Versuche nicht schwanger geworden zu sein, das Gefühl keine vollwertige Frau zu sein, den Wunsch eine Partnerschaft zu retten, oder ähnliches.

Als weiteres Vorgehen könnte z. B. zunächst eine Kontrolluntersuchung in zwei Wochen erfolgen. Beharrt eine Frau dann weiterhin auf ihrem irrealen Gefühl, ist eventuell psychotherapeutische Hilfe sinnvoll."

Bei einer psychischen Ursache: Wo können Frauen Hilfe bekommen?

"Entscheidend ist schon in der frauenärztlichen Praxis ein einfühlsames Gespräch. Dafür werden Gynäkolog*innen speziell weitergebildet. Dabei könnte eine gezielte Kinderwunschberatung erfolgen und Hilfe in der Praxis oder in einem reproduktionsmedizinischem Zentrum besprochen werden. Die psychotherapeutische Aufarbeitung ist eine weitere Alternative."

Danke, Dr. Albring!

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