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Steffi von Wolff: Was macht eigentlich einen „echten Kerl“ aus?

Steffi von Wolff
Bestseller-Autorin Steffi von Wolff scheibt jede Woche eine Kolumne bei BRIGITTE.de.
© privat
Was ist heutzutage ein „echter Kerl“? Bestsellerautorin Steffi von Wolff hat da ihre ganz eigene These ...

Ich mag es, wenn ein Mann ein Kerl ist

Ich mag ja Männer. Oder anders gesagt: Ich mag es, wenn ein Mann ein Kerl ist. Ich möchte jetzt keine Klischees bedienen und die üblichen Namen von Promis nennen, die man als Kerl bezeichnen könnte (Henning Baum oder Brad Pitt), sondern ich meine die, denen man im Alltag begegnet, und denen man ansieht, dass sie richtige Kerle sind. Wenn man Glück hat, kennt man sogar welche.

Ich habe nie verstanden, warum auch heutzutage noch das weitverbreitete Verständnis herrscht, dass Männer irgendwie „sein müssen“, um als echte Männer zu gelten.

Also das mit den Gefühlen und dass sie entweder keine haben und auch nicht traurig sein dürfen. Und dann gibt’s ja auch das genaue Gegenteil, nämlich dass Männer sehr wohl Gefühle haben sollen. Man verlangt von ihnen, dass sie Labradore süß und Herbstabende wahnsinnig romantisch finden. Oder man denke nur an die Parship-Werbung, in der rehäugigige Langzeitstudenten ein ganz klein wenig unbeholfen in einer Küche stehen, die bei vielen Frauen das Herz höher schlagen lässt, und sie schnippeln Paprika, drehen sich dann um und sagen: „Ich parshippe jetzt.“ Und dann soll man sich als Frau fragen: Was, der parshippt, das hat der doch gar nicht nötig. So ein toller Kerl.

Und so was schwappt dann gern mal rüber in die Realität. Die hat aber leider, das wissen wir, nix mit der Werbung zu tun.

Manchmal sind es nur Kleinigkeiten

Die echten Kerle, finde ich, die erklären sich von selbst. Es sind manchmal nur Kleinigkeiten: Wenn ich sehe, dass ein Mann einer Frau in den Mantel hilft oder ihr die Tür aufhält. Wenn ein Mann keinen gezüchteten Dreitagebart trägt, sondern einfach einen Bart, weil er ihm verdammt gut steht. Wenn ein Mann nicht so tut, also ob, sondern ist.

Beispiel Spielplatz: Es gibt zwei Sorten Männer. Die einen wuseln die ganze Zeit um den Nachwuchs rum, sind dabei laut, erzählen jedem ungefragt, wie toll der Junge schon klettern kann und haben selbstverständlich ausreichend Feuchttücher dabei. Sie wollen perfekte Männer und Väter sein und jeder soll das sehen und auch honorieren.

Und dann gibt es den Mann, der einfach nur mit seinem Kind auf dem Spielplatz ist, es spielen lässt, ihm einfach so ein Taschentuch gibt und ansonsten einfach da ist und ohne ADHS auf einer Bank sitzt. In Jeans und Turnschuhen und mit einem Buch (das ist auch so was, ein Mann ohne iPhone, WOW!)

Und wenn er dann noch gute Manieren hat, herrlich. Und sich selbst nicht so wichtig nimmt und auch mal Fragen stellt, anstatt ununterbrochen von sich selbst zu reden. Auch etwas, das leider mehr geworden ist (und nicht nur bei Männern).

Nichts ist männlicher als das!

Aber am wichtigsten finde ich, dass ein Mann vor seiner Frau auch mal weinen kann (und ich denke, damit bin ich nicht alleine). Aus Traurigkeit, vor Wut oder vor Glück. Ich finde nichts kerliger und männlicher und stärker als dieses Vertrauen seiner Frau gegenüber.

Selbstredend kann man auch hier den Bogen überspannen, so wie einmal, als ich mit meiner Nichte im Kino war und der Mann vor mir sich ununterbrochen bei „Findet Nemo“ die Augen gewischt hat und vor Schreck laut losschrie, als die beiden Haie auftauchten. Klar, bei „Titanic“ wäre das völlig in Ordnung gewesen.

Steffi von Wolff: "Später hat längst begonnen"
© PR

Die Autorin: Steffi von Wolff war lange Jahre beim Radio, bevor sie 2003 ihren ersten Roman herausbrachte. Ihr neuestes Werk heißt "Später hat längst begonnen"; darin geht es um zwei Frauen, die es zusammen nochmal richtig krachen lassen, bevor das Unabänderliche passiert.

Steffi von Wolff selbst lässt es mittlerweile fast nur noch beim Schreiben krachen. Sie ist am liebsten daheim und macht es sich gemütlich mit Rotwein, einem leckeren Essen - und einer schönen Serie!

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