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Ich bin groß und dünn - und endlich happy damit

"Klappergestell", "magersüchtig", "Die will wohl Model werden!": Larissa Strohbusch ist über 1,80 Meter groß und sehr dünn. Was ihr das Leben oft schwer gemacht hat.
Larissa Strohbusch, 30, ist freie Redakteurin und schreibt auf www.norobotsmagazine.de . Sie ist 1,81 Meter groß und von Natur aus dünn, was nicht immer ein Zuckerschlecken ist.
Larissa Strohbusch, 30, ist freie Redakteurin und schreibt auf www.norobotsmagazine.de . Sie ist 1,81 Meter groß und von Natur aus dünn, was nicht immer ein Zuckerschlecken ist.
© Privat

Zu meinen "besten Zeiten" hatte ich ähnliche Maße wie Gisele Bündchen. Ich bin 1,81 Meter groß und wog die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens um die 60 Kilogramm. Die Reaktionen von Euch, werte Leserinnen, gehen vermutlich irgendwo in eine dieser Richtungen: Manch eine ist ehrlich beeindruckt und fühlt sich vielleicht schlecht, weil sie nicht "mithalten" kann. Andere werden sagen: "Ja, das ist schön für sie! Aber was soll die Angeberei?" Und dann gibt es einen nicht zu vernachlässigenden Teil, der sowieso der Meinung ist, dass solche "Skelette" keine echten Frauen sind. Jede dieser Empfindungen ist unangemessen.

"Bist du magersüchtig?"

Ja, ich bin vielleicht nah dran an den sogenannten Modelmaßen. Aber ich kann weder etwas dafür, dass ich so aussehe, noch hat es mir jemals einen Vorteil gebracht. Lang und dünn - so war ich schon bei meiner Geburt und daran hat sich nie etwas geändert. Andere hören vielleicht von ihren Verwandten: "Mensch, bist du groß geworden!" Ich hörte stets nur "Kind, wächst du etwa immer noch?" oder "Meine Güte, wirst du eigentlich immer dünner?" Nun ja, viele Kinder sind "dürre Hemden" oder "Bohnenstangen". Aber das verwächst sich in der Pubertät, oder?

Mit zehn hatte ich eine Magengrippe. Eine von der richtig fiesen Sorte, bei der man tagelang gar nichts essen mag. Als ich schließlich wieder in die Schule kam, wurde ich nur skeptisch angesehen und gefragt, ob ich magersüchtig sei. Diese Skepsis hat mich über Jahre begleitet. Fragen, ob ich überhaupt etwas esse, während ich die doppelten Mengen in mich reinstopfte, in der Hoffnung, ein paar Kilo zuzunehmen.

Die meisten Jungs waren kleiner als ich, und überhaupt war ich ja "die Dürre" ohne nennenswerte Kurven. Wenn mich damals jemand für meine Figur bewundert hat, dann hat er es gut versteckt. Magazine warben mit Artikeln wie: "Jede Frau ist schön". Aber gemeint waren immer nur die mit Rundungen. Dünne Frauen waren Menschen ohne Lebensfreude, die nur Salat essen und die es zu bekämpfen galt. Viele Mitschüler fragten mich, ob ich Model werden wolle. Denn so ist das ja schließlich bei allen großen, dünnen Frauen, oder? Sie essen nichts und wollen berühmt werden.

Auch Dünne haben Probleme

Es gibt viele Frauen, die naturgegeben dünn sind. Das mag wie ein Geschenk Gottes erscheinen, aber das ist es selten. Dünne Frauen haben die gleichen Zweifel, was ihren Körper betrifft, wie jede andere Frau auch. Dazu müssen sie sich ständig rechtfertigen oder sich sagen lassen, dass keiner "Klappergestelle" wie sie schön findet. Und "naturgegeben" bedeutet noch lange nicht "rundum gesund“.

Vielen dünnen Frauen schlägt Stress buchstäblich auf den Magen. Viele haben mit Nahrungsmittelintoleranzen und -unverträglichkeiten zu kämpfen, leiden unter ständigen Bauchschmerzen und Übelkeit. Mit Anfang Zwanzig hatte ich eine schwierige Phase. Ich war gestresst, mir war häufig schlecht, ich hatte wenig Appetit. Innerhalb von wenigen Monaten nahm ich einige Kilo ab, wo ich doch sowieso schon zu dünn war. Das war nicht beabsichtigt. Es war beängstigend. Wer so etwas erlebt, braucht Unterstützung und keine fiesen Kommentare.

Wir können nur mit dem leben, was wir sind

Irgendwann fiel mir kaum noch auf, dass ich größer war als die meisten anderen. Es ist praktisch, um an die oberen Regalfächer im Supermarkt zu kommen und man hat auf Konzerten bessere Luft. Ansonsten bringt es wenig Vorteile. Ich nahm ein paar Kilo zu, fühlte mich wieder besser mit mir selbst.

Dünn bin ich immer noch und werde es vermutlich immer sein. Denn so bin ich nun mal. Ehrlich gesagt, würde ich mich vermutlich wirklich unwohl fühlen, wenn ich deutlich zunehmen würde. Rundungen sind schön. Aber sie gehören einfach nicht zu mir.

Ich fühle mich okay in meinem Körper. Ich zeige mich genauso gern oder ungern im Bikini wie die meisten anderen Frauen auch. Ich freue mich, wenn jemand auf der Straße meine Beine bewundert. Warum auch nicht? Ich kann nur das tun, was jeder tun sollte: gesund leben, auf sich achten und sich wohl fühlen mit dem, was ihm gegeben wurde. Etwas anderes bleibt uns ja sowieso nicht übrig, egal wie sehr wir uns oder andere niedermachen.

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