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Die neuen Mompreneurs: Selbständig mit Baby

Die neuen Mompreneurs: Selbständig mit Baby
© Stefanie Luberichs
Das Baby ist da, die Elternzeit rum und plötzlich passt der alte Job nicht mehr zu uns. Deshalb machen sich viele Frauen selbständig. Ein Gespräch über flexible Arbeitszeiten, Disziplin und das Arbeiten im Schlafanzug.

In den USA sind sie längst Thema in zahllosen Ratgebern, Blogs, Netzwerken und Konferenzen: Mompreneurs, also Mütter, die als Selbständige arbeiten. Aber auch in Deutschland wächst die Zahl der Frauen, die nach der Elternzeit lieber ihr eigenes Ding machen als in ihren Job zurückzukehren. Einige davon stellen die Autorinnen Isa Grütering und Caroline Rosales in ihrem Buch "Mama muss die Welt retten" vor. Von der Gründerin eines Kindercafés bis zur Chefin einer PR-Agentur - sie alle haben ihre neue Karriere vom Wickeltisch aus geplant und machen anderen Müttern Mut. Wir sprachen mit Isa Grütering und Caroline Rosales darüber, warum die Selbständigkeit für Mütter so reizvoll ist.

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BRIGITTE: "Die Zeit als neue Mutter ist die perfekte Zäsur im Leben", schreiben Sie in Ihrem Buch. Warum stellen viele Mütter nach der Geburt alles auf den Prüfstand?

Isa Grütering: Ich denke, es liegt an der Auszeit. Ich habe vor der Geburt meines ersten Sohnes zehn Jahre lang in Agenturen und Verlagen gearbeitet, mit langen Abenden, Nächten und Wochenenden. Plötzlich wird man auf Null runtergefahren und hat Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen und mit dem Leben, das man führt. Man überdenkt sehr stark seine Prioritäten. Ist der Job das Wichtigste? Was bedeutet Karriere? An welcher Stelle stehen Familie und Freunde? Ein Jahr Elternzeit und plötzlich ist alles anders. Frau Rosales, Sie hätten nach der Elternzeit einfach in Ihren unbefristeten Job zurückkehren können. Warum haben Sie sich dagegen entschieden?

Caroline Rosales: Tatsächlich bin ich nach anderthalb Jahren für drei Monate in meinen Job in einer Zeitungsredaktion zurückgekehrt. Allerdings habe ich den Termin meiner Rückkehr vor mir hergeschoben. Während mein Sohn halbtags in die Kita ging, hatte ich zwei Bücher geschrieben, außerdem hatte ich mit Lisa Harmann das Blog Stadt-Land-Mama.de gegründet, mit dem wir seit einem Jahr Geld verdienen. Als ich nach anderthalb Jahren an meinem Schreibtisch in der Redaktion saß, fühlte sich das nicht mehr richtig an. Ich habe meinen Sohn vermisst und meine Flexibilität. Also habe ich gekündigt. Da war ich übrigens schon wieder im fünften Monat schwanger. Klüger fürs Elterngeld wäre es sicher gewesen, noch die vier Monate bis zum Mutterschutz zu warten ...

Sie, Frau Grütering, wollten nach der Elternzeit wieder ein feste Stelle. Warum scheiterte der Plan?

Isa Grütering: Nach meiner ersten Elternzeit konnte ich nicht in meinen Job als Marketingleiterin zurückkehren, da mein Unternehmen nicht mehr existierte. Ich fing an, mich zu bewerben und habe mich sehr stark auf Teilzeitstellen fixiert. Das hat nicht funktioniert, da die ausgeschriebenen Teilzeitstellen nicht meinen Qualifikationen entsprachen. Es waren häufig Assistenzstellen oder ähnliches. Nachdem ich das dritte Mal den Satz "Sie wollen ja eigentlich meinen Job" von den Chefs gehört hatte, war mir klar, dass das genau die Krux ist. Ich wollte mein eigener Chef sein. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon mit zwei anderen Müttern das Blog www.hauptstadtmutti.de gegründet, also steckte ich nun alle Energie in dieses Projekt. Warum passt die Selbständigkeit so gut in das Leben von Müttern?

Caroline Rosales: Als selbständige Mutter muss ich mich nach niemandem richten, außer vielleicht nach Deadlines und Auftraggebern. Wann ich meine Arbeit erledige, bleibt mir selbst überlassen. Das passt gut zu meinem Leben, weil ja auch Kinder so unplanbar sind. Mein Sohn war im ersten Jahr zum Beispiel häufig krank. Dann gibt es Phasen, in denen die Kinder Mama mal mehr, mal weniger brauchen.

Isa Grütering: Ich finde es auch sehr wichtig, entscheiden zu können, wann man wie viel arbeitet. Ich arbeite gern am Abend und da auch mal sehr lange. Mein Mann ist auch selbständig, deshalb können wir die Kinderbetreuung gut aufteilen und verstehen beide gut, dass unsere Arbeitszeiten nicht festgelegt sind. Selbständigkeit hat auch einen psychologischen Vorteil: Kinder brauchen einen festen Rhythmus, damit es ihnen gut geht. Ich finde das manchmal anstrengend und gleiche das mit dem freien Arbeiten aus.

Welche Eigenschaften haben Mütter, die sich als Unternehmerinnen qualifizieren?

Isa Grütering: Sie haben vor allem Durchhaltevermögen. Denn, machen wir uns nichts vor, man muss es schaffen, auch Durststrecken zu überwinden. Und andere von den eigenen Ideen überzeugen können.

Selbständigkeit bedeutet auch: Unsicherheit, kein Feierabend, kein Lohnersatz, wenn das Kind krank ist, Verschwimmen von Job und Privatleben. Wie gehen Mompreneurs mit solchen Problemen um?

Isa Grütering: Job und Privates verschwimmen tatsächlich, das gehört meiner Meinung aber sowieso zu unserer heutigen Gesellschaft. Ich finde das nicht so schlimm. Ich finde es auch schön, wenn meine Kinder mitbekommen, was ich beruflich mache und oft dabei sein können. Ich muss mich regelmäßig zwingen, Feierabend zu machen. Aber wenn ich mit meinen Kindern am Nachmittag spiele, bleibt das Telefon aus. Die finanzielle Unsicherheit ist natürlich ein ständiger Begleiter. Aber ich bin eine Kämpferin: Wenn ich merke, da fehlt kurz vor Ende des Monats noch ein Teil meines Gehaltes, lege ich erst richtig los. Das funktioniert meistens.

Ist das Homeoffice wirklich so toll, wie es sich viele Mütter vorstellen?

Caroline Rosales: Ja, ist es! Aber das ist auch eine Typ-Frage. Ich bin gern zu Hause, schreibe aber auch viel in Cafés, wenn ich mal einen Tapetenwechsel brauche. Was mir besonders gefällt: Dass ich mich manchmal, wenn mein Mann den Kleinen zur Kita bringt, im Schlafanzug vor den Rechner setzen kann. Der Weg ins Büro morgens in der vollen Berliner S-Bahn war für mich früher der schlimmste Moment des Tages.

Isa Grütering: Als meine Kinder noch Babys waren, habe ich gern zu Hause gearbeitet. Weil die Zeit dann noch begrenzter ist und man oft nur die zwei bis drei Stunden Mittagsschlaf am Tag zur Verfügung hat. Seit meine Kinder in der Kita sind, bin ich lieber woanders und arbeite viel in Co-Working-Büros.

Braucht man den gut verdienenden Mann für die Selbständigkeit?

Caroline Rosales: Nein, es kann auch so klappen, aber natürlich ist das Leben immer einfacher, wenn man sich die Verantwortung teilen kann, egal mit wem. In unserem Buch haben wir zwei Beispiele von alleinerziehenden Müttern, die ich persönlich sehr bewundere. Theresa Zeitz ist seit über zehn Jahren Regisseurin, und Yasmine leitet ihre eigene Event-Agentur. Beide sind extrem ehrgeizig und kriegen das als Alleinverdiener sehr gut hin.

Isa Grütering: Manchmal kann es sogar hinderlich sein, einen gut verdienenden Mann an der Seite zu haben. Dann fehlt der finanzielle Druck. Gute Ideen entstehen oft auch aus der Not heraus oder unter ungünstigen Bedingungen. Andere wiederum können nur kreativ sein oder tolle Projekte stemmen, wenn sie ein finanzielles Polster haben. Das ist sehr unterschiedlich und man sollte für sich selber herausfinden, wie es am besten funktioniert.

Vernetzung ist wichtig für Selbständige. Welche Tipps haben Sie für Mütter, die noch kein Netzwerk haben?

Caroline Rosales: Dank Internet ist das Netzwerken heute das Einfachste der Welt. Ich finde die Leute, die mich interessieren, ganz einfach im Netz. Das ist praktisch, weil man als Mutter nicht auf allen Hochzeiten tanzen kann.

Isa Grütering: Es gibt auch tolle Offline-Treffpunkte, die beispielsweise durch das Tool Meetup.com gesteuert werden. Hier kann man sich ganz einfach für Events oder Gruppen anmelden.

Sie haben mit vielen Müttern gesprochen, die ihr eigenes Business aufgezogen haben, vom Café bis zum Onlineshop. Was haben diese Frauen gemeinsam?

Isa Grütering: Mut, Entschlossenheit und Passion. Alle von ihnen haben einfach immer weitergemacht, egal wie steinig die Wege waren und das mit einer unglaublichen Begeisterung für ihre Projekte. Beeindruckend.

Was raten Sie Müttern, die eine Idee im Kopf haben, aber sich nicht trauen?

Caroline Rosales: Das Gefühl der Angst hinzunehmen und zu ignorieren. Und dann, Schritt für Schritt, kommen die ersten Erfolge und man denkt: "Hey, ich bin gut!" Isa Grütering: Ja, und Feedback von anderen einholen, von seiner Idee erzählen. Man kann dieses "Hey, Du bist gut!" nämlich nicht oft genug hören. Das stärkt und motiviert.

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Interview: Michèle Rothenberg

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