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Max Giesinger, Bibi Blocksberg und DEINE FREUNDE Autorin Christine Rickhoff hat für ihren Sohn mit 100 außergewöhnlichen Menschen über Angst gesprochen

Tine Rickhoff
© Friedrich Oetinger Verlag
Ob Monster unter dem Bett oder die Sorge um die eigene Existenz: Angst kennt jede:r, egal wie alt wir sind. Doch darüber zu sprechen und mit ihr umzugehen, fällt uns oft schwer. Dabei braucht es genau das, damit sie kleiner wird. Autorin und vierfach Mama Christine Rickhoff hat sich die Angst einmal vorgenommen und mit 100 Promis, Kindern und außergewöhnlichen Menschen über ihre Ängste und ihre Tipps und Tricks dagegen gesprochen. Wie das war und was sie gelernt hat, erzählt sie uns im Interview.

Eltern.de: Du bist Mama von 4 Kindern und die Zeiten sind hart. Ist Angst ein großes Thema bei euch zu Hause?

Ich glaube, dass Angst in jedem Haus, in dem es Menschen gibt, ein großes Thema ist. Gerade aktuell. Die Frage ist immer nur, wie offen damit umgegangen wird. Wir sind mit unseren Kindern sehr ehrlich, denn in der Schule werden sie so oder so mit dem Krieg, all den aktuellen Unsicherheiten, Katastrophen und Umbrüchen konfrontiert.

Deshalb versuchen wir, zuhause ein möglichst offenes Gesprächsklima zu schaffen, um die Ängste und Unsicherheiten unserer Kinder überhaupt mitzukriegen – auch, wenn das manchmal sehr anstrengend ist. Gleichzeitig achten wir aber darauf, dass die Dosis der Schreckensbilder und -nachrichten für alle – auch für uns – erträglich bleibt und dass wir uns als Familie eine kleine, stabile Glücksinsel bauen, die möglichst tragfähig ist.

Deine Kinder sind zwischen 2 und 17 Jahre alt. Da gibt es sicher eine große Spannbreite an Ängsten, oder?

Auf jeden Fall. Von Waschanlagen-Angst über Monster, Skelette bis hin zu Zukunftsängsten und Selbstzweifel ist da tatsächlich sehr viel dabei. Diese Spannbreite gibt es ja in jeder Familie über die Jahre, aber bei uns passiert durch die großen Altersabstände natürlich sehr viel gleichzeitig.

Was hat dich zu diesem Buch inspiriert? Was ist die Idee dahinter?

Mein Sohn hat mich dazu inspiriert. Er war gerade sechs Jahre alt und Vorschulkind, als die Pandemie ausbrach. Ich war schwanger mit seinem kleinen Bruder, also entsprechend vorsichtig, und dann wurde Emil mitten in dem Lockdown- und Maskenchaos eingeschult. Es gab also eine Menge zu verarbeiten für ihn und er hatte ständig mit Albträumen zu kämpfen. Irgendwann hat er dann ganz konkret den Wunsch geäußert, dass ich bitte ganz viele Menschen nach Tipps gegen Albträume und Angst fragen und daraus ein Kinderbuch machen soll. Und das fand nicht nur ich einen ziemlich guten Einfall, sondern zum Glück auch der Oetinger-Verlag.

Du hast mit 100 Menschen über ihre Ängste gesprochen, unter anderem mit Peter Maffay, Thomas Müller, Checker Tobi und DEINE FREUNDE, die dir verraten haben, wovor sie Angst haben und wie sie mit ihren Ängsten umgehen. Wer hat dich am meisten beeindruckt?

Erstmal hat mich persönlich beeindruckt, wie viele dieser sehr beschäftigten Leute überhaupt bereit waren, mit mir zu sprechen. Das Thema scheint irgendwie einen Nerv getroffen zu haben in diesen Zeiten. Sie waren alle sehr offen und ich fand es krass, wie sympathisch Menschen sind, wenn sie sich verletzlich zeigen. Selbst Promis, die ich als eher anstrengend oder unnahbar eingestuft hätte, haben mein Herz sofort erobert, wenn sie anfingen, von den Ängsten ihrer Kindheit zu erzählen.

Ganz besonders beeindruckt hat mich Lina Larissa Strahl, die Bibi-Darstellerin aus den "Bibi und Tina"- Filmen und eine wunderbar tiefgründige Sängerin. Sie hat mir erzählt, dass sie wegen ihrer Ängste in therapeutischer Behandlung ist und wollte auch, dass ich das genau so schreibe. Es war ihr wichtiger, ein ehrliches Vorbild in Sachen Selbstfürsorge zu sein, als einen perfekten Schein zu wahren. Das hat mich beeindruckt und ich freue mich jedes Mal, wenn meine Tochter Linas Musik hört. So ein ehrliches Idol wünscht man sich doch für seine Kinder.

Du hast auch mit einem Astronauten gesprochen: Wovor hat der denn bitte noch Angst?

(lacht) Bungeejumping! Würde er niemals machen. Dr. Gerhard Thiele ist ein ganz warmherziger und emotionaler Gesprächspartner gewesen, der Angst wie jede:r andere kennt. Ich hatte einen faktenorientierten Physiker-Talk erwartet, aber da hatte ich mich gewaltig geirrt. Er hat sich mir gegenüber nicht als übermenschlich mutig dargestellt. Die Freude auf den Flug ins All und sein Forschergeist waren bloß einfach noch größer als seine Ängste.

Es ist ein sehr intimes Thema, über Angst zu sprechen. Das muss man sich auch erstmal "trauen“ . Wie waren die Gespräche?

"Berührend" trifft es wohl am ehesten. Ich würde sagen, es waren bei den meisten Interviews kurze freundschaftliche Momente, in denen mir jede:r Gesprächspartner:in eine große Portion Vertrauensvorschuss geschenkt hat.

Mit manchen Promis wie Peter Maffay oder Alvaro Soler hatte ich wirklich nicht viel Zeit, von daher mussten wir ganz schnell ans Eingemachte gehen. Ich glaube, gerade bei solchen kurzen Zeitfenstern hilft es dann sehr, wenn der andere spürt, dass er es mit einem Gegenüber zu tun hat, der nichts verurteilt und der sehr behutsam mit dem Gesagten umgehen wird. Ich habe versucht, das von Anfang an ganz klar zu machen.

Manche Leute haben mir erzählt, dass sie in der Nacht vor dem Gespräch schlecht geschlafen haben, weil sie sich so viele Gedanken darum gemacht haben, wie das wird. Das habe ich manchmal unterschätzt, wie sich das auf der anderen Seite anfühlt, weil ich ja so viele Gespräche hatte und es irgendwann so "normal" für mich wurde, mit mir völlig fremden Menschen direkt in den "deep talk" zu gehen.

Gab es jemanden, der dich überrascht hat?

Max Giesinger. Ich dachte vor dem Interview, ich mag ihn vielleicht nicht. Ich weiß nicht mal genau, warum. (lacht) Aber ich fand ihn dann unglaublich witzig, sympathisch und liebenswürdig. Da hab ich mich ganz schön geschämt, dass ich so eine vorgefertigte Meinung über einen Menschen hatte, mit dem ich doch noch nie selbst ein Wort gewechselt hatte und bin letzen Endes sehr froh über diese Lektion.

Eine ganz andere Überraschung war, dass Menschen, die heute brillant in etwas sind, früher oft genau mit dem Thema gehadert haben. Der Sprecher von Bob Andrews aus "Die drei ???" hatte Angst vor dem Vorlesen. Der Olympiareiter Michael Jung wollte nach einem Sturz nicht mehr reiten – auf einem Pony. Der Psychologe Prof. Dr. Julian Schmitz hatte Angst, nicht klug genug zu sein und Jazzsängerin Fola Dada, die letztes Jahr den Deutschen Jazzpreis gewonnen hat, brachte beim Vorsingen im Kindergarten vor Aufregung keinen Ton raus. Das fand ich krass und hätte ich so nicht erwartet.

Bester Notfalltipp gegen Angst, den du gelernt hast?

Der 5-4-3-2-1- Tipp von Schauspielerin Jule Hermann. Denk an fünf Menschen, die du liebst, an vier Lebensmittel, die du hasst, an drei Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest, an zwei Geschenke, die du dir zu Weihnachten wünschst und an einen Ort, an dem du gerne wärst. Das lenkt durch das konzentrierte Nachdenken ab, fokussiert auf Gutes, bringt dich gedanklich wieder ins Hier und Jetzt und hilft, den Tunnelblick in der Angst wieder zu weiten. Das kann sogar bei ausgewachsenen Panikattacken helfen, aus der Angst auszusteigen.

Wovor hast du selbst Angst?

Wie wahrscheinlich alle Eltern habe ich oft Angst, dass meinen Kindern was passiert oder dass uns Eltern etwas zustößt und wir dann nicht mehr für sie da sein können, wenn sie uns brauchen. Die Vorstellung, meine Kinder nicht komplett beschützen zu können, treibt mich manchmal komplett in den Wahnsinn.

Was hilft dir dann?

Stefanie Stahl hat mir den Tipp gegeben, mir in diesen Angstmomenten ganz bewusst zu machen, dass es nur meine eigenen Gedanken sind, die mir Angst einjagen und dass man Gedanken steuern, bzw. einfangen kann. Das klingt so banal, aber das war ein richtiges Aha-Erlebnis für mich.

Hat sich durch die Gespräche mit anderen noch etwas anderes bei dir verändert?

Auf jeden Fall. Ich fühle mich jetzt viel weniger hilflos, wenn ich Angst habe oder wenn die Kinder mit ihren Ängsten zu mir kommen. Ich hab durch die Gespräche einen richtigen Rucksack voller Werkzeuge und ich verstehe die Mechanismen der Angst viel besser, seit ich mit all den Psycholog:innen, Therapeut:innen und Expert:innen gesprochen habe.

Insgesamt fühle ich mich auch irgendwie verbundener mit anderen Menschen. Weil wir am Ende doch irgendwie alle mit denselben Gefühlen struggeln und gar nicht so alleine mit allem sind, wie es sich manchmal anfühlt.

Das Buch soll wie ein Freund sein. Wie wünschst du dir, dass es gelesen wird?

Es wäre schön, wenn das Buch und somit auch die Menschen darin in ihrer Verletzlichkeit respektiert und wie Freund:innen behandelt werden würden. Ich wünsche mir sehr, dass niemand die Offenheit der Menschen in dem Buch als Schwäche wertet und jemanden für seine Gefühle verurteilt. Auch zwei meiner Kinder erzählen in dem Buch von ihren Ängsten. Ich habe ihnen gesagt: "Sollte euch je ein Mensch auslachen für eure Offenheit, dann sagt ihm, dass er ruhig lachen soll. Er lacht gleichzeitig über einen Astronauten, einen Bürgermeister, einen Nationalspieler, über Checker Tobi und über alle anderen Menschen, die ehrlich sind. Das sagt eine Menge aus – und zwar nicht über euch, sondern über den, der lacht." Aber bisher ist sowas zum Glück nie passiert.

Was hat Emil zum Buch gesagt?

Emil ist unglaublich stolz, weil er merkt, dass er sich etwas richtig Tolles ausgedacht hat, das vielen Menschen hilft. Und ich als seine Mama freue mich, dass gerade er als Junge schon früh lernen durfte, dass Verletzlichkeit keine Schwäche, sondern eine Stärke ist.

Ich habe gerade in den Interviews mit Männern oft gehört, dass ihnen als Kindern Angst quasi verboten wurde, weil Jungs stark sein sollten. Das zu hören, war furchtbar, aber gleichzeitig hat es mich sehr darin bestärkt, dass es wirklich wichtig ist, dieses Buch zu schreiben. Da hatte Emil echt einen guten Instinkt. 

Cover "Keine Angst vor der Angst"
© PR

Checker Tobi, Motsi Mabuse, Max Giesinger, DEINE FREUNDE und andere Stars erzählen, wie sie ihre Ängste überwinden. Mit insgesamt 100 verschiedene Menschen hat Christine Rickhoff über ihre Ängste gesprochen und sich von ihnen Tipps und Tricks geben lassen, die helfen, mit der Angst umzugehen. So berichtet eine Astronautin, was sie während des Countdowns denkt. Ein Feuerwehrmann erzählt, was in seinem Kopf vorgeht, wenn er ein Feuer löscht. Und ein Angstforscher, erklärt, was ihm hilft, wenn er selbst Angst hat.

"Keine Angst vor der Angst" ist im Oetinger Verlag erschienen und kostet 20 Euro. Ab 5 bis 10 Jahre etwa, aber auch für Erwachsene.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei ELTERN.

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