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Auge um Auge: Ameneh Bahrami verzichtet auf Rache

2004 wurde Ameneh Bahrami von einem Mann mit Säure überschüttet, weil sie seine Liebe verschmähte. Vor Gericht erstritt die Iranerin ein Blutracheurteil. Am 31. Juli hätte sie es vollstrecken und dem Mann mit Säure sein Augenlicht nehmen sollen. Doch in letzter Minute hat Bahrami auf die Ausführung der Tat verzichtet.

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Sie hat sich diesen Moment so oft vorgestellt. Hat sich in Gedanken ausgemalt, wie sie mit einer Pipette voll Schwefelsäure an das Bett von Madschid Mowahedi tritt, der betäubt auf einem Krankenhausbett in Teheran liegt. Wie sie ihm in jedes Auge fünf Tropfen Säure träufelt, die ihn erblinden lassen wird. Die Iranerin Ameneh Bahrami wollte so Rache nehmen, für das, was der Mann ihr angetan hat.

Ihr ehemaliger Kommilitone Madschid Mowahedi hatte ihr im November 2004 aus enttäuschter Liebe Schwefelsäure ins Gesicht geschüttet. Die Säure zerfraß das Gesicht von Ameneh Bahrami, sie erblindete, erlitt Verbrennungen an Kopf, Brust, Armen und Händen. Auch die inneren Organe wurden angegriffen. Seit diesem Tag im November hat die junge Frau sich 19 Operationen unterziehen müssen. Und wünschte sich für ihren Peiniger das gleiche Schicksal. Fast drei Jahre lang hat sie vor Gericht um das Blutracheurteil gestritten, bis schließlich der Chef der Justizbehörde höchstpersönlich entschied, dass sie Madschid Mowahedi Säure in die Augen schütten dürfe. "Das ist keine Vergeltung, sondern eine Lehre", sagte Ameneh Bahrami damals. Für ihren Wunsch wurde die Iranerin weltweit bekannt. Menschenrechtsvertreter auf der ganzen Welt kritisierten ihr Vorhaben scharf. Aber sie wurde auch bestärkt - gerade von Frauen, die auf die abschreckende Wirkung des Urteils hofften.

Bis vor ein paar Wochen war sich die 32-Jährige noch sicher, dass sie das Urteil auch vollstrecken würde. "Ich möchte nicht, dass sich so eine Tat noch einmal wiederholt", sagte Ameneh Bahrami. Doch jetzt, als Mowahedi betäubt werden sollte, stoppte Bahrami plötzlich die Bestrafung. Mowahedi sprang auf, küsste ihre Füße und Hände und bat sie darum, seine Frau zu werden. Ameneh Bahrami lehnte lachend ab.

Zu ihrem Verzicht sagte sie: "Ich habe es für Gott getan, für mich selber und für mein Land. Es war, als ob die ganze Welt wartete, was ich tun würde." Vor allem Amanehs Mutter ist über die Entscheidung ihrer Tochter sehr erleichtert. "Ich bin stolz auf meine Tochter", sagt sie. Der Entschluss werde der Familie Ruhe bringen. Straffrei kommt der Täter trotz des Verzichts auf die Blutrache nicht davon: Er muss eine zwölfjährige Gefängnisstrafe absitzen und ein "Blutgeld" in noch unbekannter Höhe zahlen.

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BRIGITTE berichtete 2009 über Ameneh Bahrami. Der Stand damals war, dass die Mutter das Urteil vollstrecken werde, um die Tochter zu rächen. Lesen Sie hier noch einmal die Reportage.

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