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Unzufrieden im Job: So gelingt der berufliche Umstieg

Unzufrieden im Job: So gelingt der berufliche Umstieg: Frau am Schreibtisch
© GaudiLab / Shutterstock
Der Job nervt? Vielleicht passt er einfach nicht. Jannike Stöhr weiß, wie der Wechsel klappt. Sie hat 30 Berufe in einem Jahr getestet.

Sie haben nach ein paar Jahren in der Personalabteilung von VW mit 28 den sicheren Job geschmissen. Warum?

Jannike Stöhr: Ich fühlte mich unzufrieden und merkte, dass ich noch nicht meine Bestimmung gefunden hatte, obwohl ich erfolgreich war und prinzipiell einen guten Job hatte. Als dann mein Vater schwer krank wurde, nachdem er gerade in Rente gegangen war, habe ich mein Leben komplett infrage gestellt. Ich dachte mir: Wenn ich meine Träume verschiebe auf die Zeit nach meiner Berufstätigkeit, dann mache ich etwas falsch.

Was raten Sie Menschen, die beruflich umsteigen möchten?

Erst mal sollten sie genau schauen, wo sie stehen: Warum möchte ich mich verändern? Was stört mich eigentlich – der Job, die Vorgesetzten, das Team? Und welche andere Tätigkeit reizt mich mehr, wo liegen meine Talente? Wenn es die Vorgesetzten oder Kolleginnen sind, mit denen ich nicht zurechtkomme, helfen möglicherweise Gespräche oder der Wechsel in eine andere Abteilung. Ist es vor allem der Job, der mich nicht befriedigt, sollte ich ernsthaft über eine Neuausrichtung nachdenken.

Sie haben nach Ihrer Zeit bei VW in einem Jahr 30 verschiedene Jobs getestet, um herauszufinden, wohin Sie wollen. Das klingt super – ist aber nicht für alle möglich.

Aber alle können Erfahrungen sammeln. Dazu ist es wichtig, Menschen anzusprechen, sie erzählen zu lassen, sie bei ihrer Arbeit zu begleiten, wenn das möglich ist. Wir alle haben Netzwerke, die wir nutzen können; sie sind größer, als wir denken, und müssen gar nicht mit der Arbeit zu tun haben, sondern können aus ganz anderen Bereichen kommen: ehemalige Schulkameraden, Nachbarinnen, Freundinnen von Freundinnen. Studien zeigen, dass gerade unsere losen Kontakte letztendlich zu Veränderungen im Job führen.

Trotzdem muss man sich irgendwann klar darüber werden, welchen Job man eigentlich machen will.

Genau, und dafür ist es wichtig, sich selbst gut zu kennen. Meiner Erfahrung nach klappt das am besten über die Intuition. Ich war zum Beispiel früher ein totaler Kopfmensch. Bei der Jobsuche hat mir das aber nicht viel geholfen.

Sie haben zum Beispiel im Kindergarten gearbeitet, in einem Labor, einer Tischlerei, auf dem Bauernhof. Was haben Sie herausgefunden?

Erst im Laufe meines Experiments spürte ich, wie wichtig Abwechslung für mich ist. Also erlaube ich mir heute, statt einem viele verschiedene Jobs zu haben, arbeite als Autorin, Beraterin, Speakerin, Podcasterin. Hätte ich nur auf meinen Kopf gehört, wäre ich nie darauf gekommen.

Welche Fehler sollte man vermeiden, wenn man umsteigen will?

Man sollte sich nicht unter Druck setzen, nicht überstürzt kündigen. Wenn ich meinen festen Job erst mal behalten möchte, nutze ich den Urlaub oder das Wochenende, um etwas Neues auszuprobieren. Oder ich reduziere meine Arbeitszeit und verwende die gewonnene Zeit für einen Teilzeit-Job. Wenn ich zum Beispiel immer daran gedacht habe zu unterrichten, kann ich erst mal anfangen, Nachhilfe zu geben, und später einen Kurs an der Volkshochschule anbieten. Oder ich mache es so wie die langjährige Siemens-Mitarbeiterin, mit der ich mal sprach: Sie hatte das Gefühl, in ihrem Job ihr kreatives Talent nicht ausleben zu können. Ihr Traum war es, Möbel zu restaurieren. Als die Söhne aus dem Haus waren, hat sie parallel zu ihrem festen Job einzelne Möbelstücke wieder hergerichtet und später eine eigene Firma gegründet.

Macht es Sinn, nach dem Traumjob zu suchen?

Ich finde es sehr wohl sinnvoll, einen Job zu suchen, der zu einem passt. Der Begriff Traumjob schafft allerdings viel Druck, weil man vermeintlich das Perfekte finden muss, von dem ich nicht glaube, dass es das gibt. Wenn der Job zu den eigenen Werten passt, dann ist schon viel gewonnen. Die Werte sind sehr hilfreich für die Orientierung. Und es ist gut, sie immer mal wieder infrage zu stellen.

Was meinen Sie damit?

Ich bin zum Beispiel so erzogen worden, dass finanzielle Sicherheit im Job sehr wichtig ist. Lange dachte ich, dass das für mich oberste Priorität hat. Erst später, als Freiberuflerin, wurde mir klar, dass mir Freiheit oder etwas Neues zu lernen wichtiger sind. Man sollte für sich eine Werte-Hierarchie aufstellen und sie dann mit der Realität abgleichen. Ein guter Job ist der, der meine persönlichen Werte in einem hohen Maße erfüllt.

Vom Suchen und Finden 
Jannike Stöhr, 33, testete 30 Berufe in einem Jahr und schrieb über ihre Erfahrungen den Bestseller "Das Traumjob-Experiment". Heute veröffentlicht sie weiterhin Bücher (zuletzt mit Emilio Galli Zugaro: "Ich bin so frei. Raus aus dem Hamsterrad – rein in den richtigen Job", 208 S., 17 Euro, Ariston) und berät Menschen bei der Jobsuche (jannikestoehr.com). Ihr jüngstes Projekt: der Podcast "Mein nächster Job – Impulse für erfüllte und zukunftsfähige Karrieren" mit der Gründerin Aileen Moeck.

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