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Jobwahl "Wie werde ich die Glaubenssätze meiner Mutter los?"

Katrin Wilkens berät Mütter beim Wiedereinstieg nach der Babypause. In loser Folge berichtet sie bei BRIGITTE.de über Fragestellungen aus ihrer Praxis.
Katrin Wilkens
Katrin Wilkens (45) studierte Rhetorik und arbeitete als Trainerin in der Weiterbildung. Seit 2000 schreibt sie als freie Journalistin u.a. für Spiegel, Zeit, FA und Nido. Worin sie wirklich gut ist: Wichtige und weniger wichtige Persönlichkeiten portraitieren, dass sie vor Glück heulen. Oder vor Wut. Kombinieren. Dinge auf den Punkt bringen. In Menschen reinschauen. Besonderheiten entdecken. Mit ihrer Agentur "i.do" (was japanisch ist und so viel bedeutet wie "Veränderung", "Reise") berät die dreifache Mutter Frauen beim Wiedereinstieg - und verspricht: "Am Ende haben Sie eine Antwort: den maßgeschneiderten Job."
© Marianne Moosherr

BRIGITTE.de-Leserin Lisa S. fragt: "Meine Mutter hat mir immer Sicherheit gepredigt. Wie werde ich dieses innere Korsett los?"

"Ich arbeite seit 15 Jahren in demselben Betrieb, in dem ich auch schon meine Ausbildung gemacht habe. Damals war meine Mutter die Triebfeder, die auch Speditionskauffrau gelernt hat und mir immer predigte: 'Mach was Krisensicheres, dann hast Du den Job schon mal nicht auf Deiner Sorgenliste!'

Nun bin ich 36, habe zwei Kinder (auch wieder: die sichere Variante!), einen Mann und einen Vorgarten. Doch ich träume davon, noch einmal komplett auszubrechen. Aber immer, wenn ich mir eine Spur Extravaganz gedanklich vorstelle, ploppt meine Mutter wie eine Kasperpuppe in meinem Hirn auf: „Mach was Sicheres!“

Wie kann ich mich von diesen Ketten befreien?"

Lisa S.

Liebe Lisa S.,

so ein bisschen erinnern Sie mich an die gute alte Juliane Werding, die in den 80er-Jahren „Sehnsucht ist unheilbar“ sang - in dem Song pries sie lyrisch die sich aus allen Zwängen befreiende Frau.

Doch die Frage nach den Glaubenssätzen - so nennt man die Werte, die man quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat -, ist nicht so einfach zu beantworten. Fragen Sie sich: Fühle ich mich befreit, wenn ich einmal etwas ganz Verrücktes tue – oder eher haltlos?

Hilft Ihnen ein temporärer Ausstieg aus der Mühle, vielleicht mit einem Sabbatical oder einer längeren Weiterbildung, zum Beispiel zum Verkehrsfachwirt, weil Sie sich damit für die nächste Stufe zum Management empfehlen und automatisch ganz andere Aufgaben auf Sie zukommen werden?

Oder glauben Sie, dass Sie den kompletten Berufsbruch brauchen, um sich einmal unvernünftig, also lebendig zu fühlen?

Unvernünftige Dinge kann man auch tun, wenn man sich ein sicheres Korsett bewahrt: Verreisen Sie planlos, vereinbaren Sie Blind Dates, lesen Sie Bücher, die Sie nie gekauft hätten, aber empfohlen bekommen haben.

Wenn das nicht reicht, kann man dieses Juliane-Werding-Gefühl auch in einem ganz kleinen Zuverdienst ausleben. Es gibt hier in Hamburg eine Frau, die bestickt in ihrer Freizeit Weihnachtsbaumkugeln. Einmal im Jahr verkauft sie sie in ausgesuchten Boutiquen und DIY-Läden. Das Geld, das sie mit den Kugeln einnimmt, ist die Urlaubskasse fürs nächste Jahr. So dass sie immer weiß: Nehme ich viel ein, wird es ferner und luxuriöser, nehme ich wenig ein, ist mein Lebensunterhalt trotzdem nicht gefährdet.

Ich sage jetzt nicht, dass Sie Weihnachtsbaumkugeln verschönern sollen. Aber sich auf die Suche nach einem bezahlten Hobby zu machen, hilft, den Glaubenssatz „Nimm was Sicheres“ mit der Annahme „Ich bin nur lebendig, wenn ich was Verrücktes tue“ zu versöhnen.

Es ist leichter, die positive Seite eines Glaubenssatzes zu finden und zu ehren, als sich, entgegen seiner Biografie, Empfindung und inneren Bibel auf die Suche nach etwas völlig Charakterfremden zu machen – damit scheitern Sie über kurz oder lang, weil es Ihnen nicht entspricht.

Zur Ihrem Trost: Es sind nicht immer die Verrückten, die zufrieden sind.

Katrin Wilkens, i.do

Weitere Infos zum Wiederseinstieg nach der Babypause unter www.i-do-hamburg.de

Hier könnt ihr Katrin Wilkens Fragen stellen!

Du bist auch gerade mit dem Wiedereinstieg in den Job beschäftigt? Dann kannst du Katrin Wilkens per Email deine persönliche Problematik schildern. Bei BRIGITTE.de wird sie ausgewählte Fragen beantworten.

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