Anzeige

Mehr Gehalt - Tipps für die Gehaltsverhandlung

Gehaltsverhandlung - Frau in einer Verhandlung
© sebra / Shutterstock
Was tun, wenn das Gegenüber blockt, Gefühle hochkochen oder man sich in Argumenten verheddert? Trainerin Anja Henningsmeyer über vermeidbare Fehler und rettende Sätze beim Pokern ums Geld.

Was machen Menschen beim Gehaltsgespräch oft falsch?

Viele Frauen – aber auch Männer – verhandeln unbewusst ihre ganze Person, ihren persönlichen Wert mit. Das lässt einen emotional werden, blockiert das Denkhirn, schürt die Angst vorm Scheitern. Man sollte sich vor dem Gespräch stets klarmachen: Gegenstand der Verhandlung bin nicht ich persönlich, und es ist auch nicht die Leistung, die ich in den letzten Monaten erbracht habe. Denn die wurde ja bereits abgegolten. Sondern es ist eine Zahl. Und deren Höhe bestimmen auch Faktoren wie Branche oder Auftragslage.

Aber für die Höhe des Gehalts ist es doch wichtig, wie gut ich meinen Job mache.

Natürlich kannst du eine gute Performance zum Anlass nehmen, nach mehr Geld zu fragen. Doch für eine Gehaltserhöhung entscheidend ist nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft. Die Grundfrage lautet: Wie profitiert das Unternehmen künftig von mir? Der beste Zeitpunkt für ein Gehaltsgespräch ist deshalb immer dann, wenn sich Aufgaben ändern – und natürlich das jährliche Mitarbeiter*innengespräch.

Dann lassen Sie uns vorne anfangen: bei der guten Vorbereitung. Wie viele Argumente für eine bessere Bezahlung sollte ich mir überlegen?

So wenig wie möglich. Eine kurze Begründung Ihrer Forderung mit dem Halbsatz "weil ..." reicht. Denn zu jedem Argument gibt es mindestens ein Gegenargument. Am Ende sitzt du dann in einem Feedbackgespräch, bei dem dein Gegenüber jeden deiner Arbeitsschritte durchkaut.

Wie begründe ich dann, dass ich mehr Geld will?

Verweise zum Beispiel auf sogenannte normative Standards: Ich möchte Summe X und habe mich schlau gemacht: Tarifverträge zeigen, dass diese Entlohnung meiner Qualifikation entspricht. Oder: Ich möchte ein Gehalt, das mit dem Gehalt meiner Kolleg*innen übereinstimmt. Überlege dir vor dem Verhandlungsgespräch für dich ein Minimum und ein Maximum, dein Wunschziel. Unter das Minimum solltest du in der Verhandlung nicht gehen. Und dann solltest du dir noch Gedanken über deine BATNA machen.

Was ist das denn?

Deine "Best Alternative To A Negotiated Agreement", also: Dein Plan B, falls es mit der Verhandlung nicht klappt. Zum Beispiel ein anderes Jobangebot. Die Regel lautet: Je attraktiver dein BATNA ist, desto selbstbewusster wirst du dich fühlen.

Und dann kann’s losgehen?

Im Grunde ja. Trau dich als Erste, eine Zahl in den Raum zu stellen. So legst du die Messlatte. Selbst wenn dein Gegenüber deutlich darunter geht, muss er oder sie nun darauf Bezug nehmen.

Und wenn es gleich heißt: Eine Gehaltserhöhung ist leider nicht möglich, dazu geht es der Firma gerade nicht gut genug?

Schon im Vorfeld solltest du ausgelotet haben, ob das stimmen kann. Schaue dir dafür die Geschäftsberichte an, verfolge die Branchennews. Im Gespräch selbst solltest du nachfragen: Woran liegt das? Was ist geplant, um gegenzusteuern? Und wenn du überzeugt bist, dass das Unternehmen tatsächlich nicht mehr bezahlen kann, du aber bleiben willst oder musst, frage: Was können Sie mir stattdessen anbieten?

Welche Alternativen zur Gehaltserhöhung gibt es denn?

Unendlich viele! Einmal natürlich geldwerte Zusatzleistungen wie zum Beispiel eine wertige Fortbildung oder eine Bahncard 100. Aber auch Boni, Prämien oder der Verzicht auf unbezahlte Überstunden können attraktiv sein. Wichtig ist, dass du als Alternative genau das ins Spiel bringst, was für dich – und vielleicht auch nur für dich! – wirklich von Bedeutung ist. Und dass du daraus konkrete Forderungen formulierst.

Zum Beispiel?

Nehmen wir an, du willst neben deinem Job mehr Zeit für dich oder deine Familie. Dann könnten Sie vorschlagen, sich zum 9-Uhr-Montags-Meeting per Skype zuzuschalten und so den morgendlichen Stau umgehen. Oder Sie könnten anregen, dass Sie einen Tag pro Woche im Homeoffice arbeiten. Wenn Ihnen eher Ihr Status im Unternehmen wichtig ist, könnten Sie zum Beispiel darauf pochen, bei der nächsten Einstellung, die Ihr Team betrifft, das entscheidende Wort zu haben, oder künftig bei den Präsentationen Ihres/Ihrer Vorgesetzten vorm Vorstand dabei zu sein.

Wenn Frauen bei Verhandlungen fordernd auftreten, werden sie nach wie vor oftmals als unweiblich und unsympathisch wahrgenommen. Doch ohne zu fordern, bekommt man nun mal selten, was man will: Wie kommt man aus diesem Dilemma am besten raus?

Indem du in der Sache hart bleibst, im Ton aber freundlich. "Wäre es für Sie denkbar, dass ...?" klingt anders als "Ich will". Du kannst auch versuchen, für andere statt für sich zu verhandeln. Studien zeigen, dass Frauen oft erfolgreicher sind, wenn sie das Stereotyp der Fürsorge bedienen. Das lässt sich schon mit dem Nebensatz "Sie wissen ja, ich habe eine Familie zu ernähren" machen oder mit dem Hinweis, dass es ja im Interesse der Firma liegt, wenn die Mitarbeiter*innen zufrieden sind.

Was mache ich, wenn ich während der Verhandlung merke, dass ich wütend werde?

Unterdrücke deine Emotionen nicht. Das verschwendet nur Energie. Hebe besser die Emotion ins Bewusstsein.

Wieso das?

Gefühle entfalten dann ihre größte Wirkung, wenn sie empfunden werden, aber noch unbenannt sind. Hefte ein Sprachetikett dran und sage dir beispielsweise: "In mir steigt jetzt Wut hoch." Das Fassbare nimmt Wucht raus. Manchmal ist es sinnvoll, ein Gefühl auch laut auszusprechen, bei aggressiven Gefühlen wie Wut eher nicht, aber wenn du enttäuscht bist: "Ich bin enttäuscht von diesem Angebot, das so gar nicht berücksichtigt, was in anderen Unternehmen schon längst Standard ist." Ein anderer Trick ist auch hilfreich: Sage dir, dass du jederzeit aufstehen und gehen kannst, deine bewusste Entscheidung bleibt, aber deine Verhandlungsfähigkeit trainiert wird. Das klingt simpel. Doch indem du dir die Wahl lässt, befriedigt sich dein Autonomiebedürfnis, gewinnst du Kontrolle über die Situation, verminderst dadurch Stress im Denkhirn und bleibst infolgedessen handlungsfähig.

Was hätten Sie selbst gerne schon zu Beginn Ihrer Karriere gewusst?

Wie machtvoll Schweigen ist. Du müssen nicht jede Frage beantworten, die Ihnen gestellt wird. Manchmal genügen einzelne Wörter wie "interessant" oder "schwierig" oder ein nachdenkliches "hmm" bei freundlich-neutraler Miene, die Aufmerksamkeit signalisiert. Damit erkaufen Sie sich Freiraum und Zeit und verhindern, dass Sie sich unüberlegt festlegen oder sich um Kopf und Kragen reden. Halten Sie Gesprächspausen aus und lassen Sie stattdessen Ihr Gegenüber sprechen. Menschen entscheiden sich nicht beim Reden, sondern in der Stille danach. Und falls Sie Stille schwer ertragen: Dann fragen Sie. Ruhig doppelt so viel, wie Sie normalerweise fragen würden, denn Fragen helfen Ihnen, die "Geschäftsbedingungen" zu enthüllen, zu denen Ihr/e Verhandlungspartner*in Ja zu Ihren Forderungen sagen könnte.

Gibt es einen Satz, den jede*r Verhandler*in kennen sollte?

Ja, er lautet: Was schlagen Sie vor? Diese vier Worte sind wunderbar wertschätzend, sie erlauben dem Gegenüber, ihre oder seine Ansichten darzulegen. Gleichzeitig bringst du sie oder ihn in Zugzwang. Die Antwort wiederum verrät auch etwas über die Motivation des Gegenübers. Das kannst dann wiederum du sehr gut für den Fortgang des Gesprächs nutzen.

Schließt die Lohnlücke!

Frauen müssen endlich fair bezahlt werden! Damit wir diesem Ziel näher kommen, liefern wir dir in diesem Jahr in jedem Heft Tipps und Hintergrundinformationen zum Thema Equal Pay. Alle Infos zur BRIGITTE-Kampagne und unser großes Online-Special findest du unter: www.brigitte.de/equalpay

Anja Henningsmeyer, 60, ist Geschäftsführerin eines Hochschulnetzwerks und Verhandlungstrainerin (www.henningsmeyer.de). In ihrem aktuellen Buch "Denn sie wissen, was sie tun" (Campus, 19,95 Euro) zeigt sie Frauen, wie man erfolgreich verhandelt. Beim Job-Symposium der BRIGITTE Academy am 26. September in Mainz leitet sie zum Thema einen Workshop.
Symposium

BRIGITTE 15/2019

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel