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Arbeitgeberstudie 2021 Für mehr Chancengleichheit: Die besten Tipps unserer Studienbeirätinnen

Chancengleichheit im Job: Lächelnde Menschen sitzen an einem Tisch
© Flamingo Images / Shutterstock
Fünf Frauen, fünf verschiedene Ansätze. Die Studienbeirätinnen der großen BRIGITTE-Arbeitgeberstudie teilen mit uns ihre Tipps und Ideen für mehr Chancengleichheit für alle am Arbeitsplatz.

Flexibles Arbeiten, aber echt

Janina Kugel ist Aufsichtsrätin, Advisor und Speakerin. Bis 2020 war sie Personalchefin von Siemens.

Janina Kugel
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Was heißt das?
Teilzeit? Homeoffice? Klar, das ist auch damit gemeint. Doch wirklich konsequent gedacht bedeutet flexibles Arbeiten: Alle entscheiden selbst, wo und wann sie ihren Job erledigen. Dann könnten Eltern zum Beispiel morgens, wenn die Kinder in Schule oder Kita sind, ins Büro fahren. Sich dort nachmittags ausklinken, um die Kinder abzuholen oder mit ihnen Hausaufgaben zu machen. Und sich abends noch mal zu Hause an den Rechner setzen. Schon klar: Das ist nicht überall möglich. Und es darf auch nicht dazu führen, dass die, die sich öfter als andere im Büro blicken lassen, plötzlich bei der Chefin bessere Karten haben. Aber: Viel mehr Firmen sollten sich trauen, damit zu experimentieren, und Modelle finden, die für alle im Team passen.

Was bringt das?
Wer sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige kümmert, müsste nicht mehr automatisch in (kleine) Teilzeit wechseln, um den Alltag auf die Reihe zu kriegen. Davon würden vor allem Frauen profitieren, weil sie immer noch den Großteil der Sorgearbeit übernehmen und den Job dafür oft stark reduzieren – mit negativen Folgen für Gehalt und Karriere.

BRIGITTE-CHECK:
Wer macht das schon?
93 Prozent der Studienteilnehmenden sagen, dass bei ihnen zumindest ein Teil der Arbeitszeit flexibel ist. Während der Corona-Lockdowns haben 30 Prozent ihre Arbeitszeiten komplett flexibilisiert. 59 Prozent wollen die größere Flexibilität auch nach Corona beibehalten. Zum Beispiel der IT-Konzern SAP: Schon vor Corona wurden hier alle Stellen auf allen Hierarchieebenen mit Jobshare-Option ausgeschrieben. Seit Anfang 2020 konnten die Beschäftigten außerdem den Großteil der Woche mobil arbeiten. Dann kam der erste Lockdown – und fast alle wechselten ins Homeoffice. Auf Wunsch der Mitarbeiter*innen gilt nun seit Juni 2021 konzernweit der "100 Prozent flexible und vertrauensbasierte Arbeitsplatz als Norm": In Abstimmung mit seinem Team entscheidet man selbst, wo und wann man arbeitet. Kostenlose Kantine und Sportangebote sollen weiter ab und zu ins Büro locken. Die Führungskräfte bekommen Materialien, Hardware und Trainings an die Hand, damit auch Teammitglieder, die vorwiegend mobil arbeiten – wegen der ungleich verteilten Carearbeit sind das auch bei SAP meist Frauen –, in hybriden Runden nicht außen vor bleiben.

Gleiche Chancen für Alle - auch bei internen Bewerbungen

Katharina Wrohlich leitet die Forschungsgruppe Gender Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Katharina Wrohlich
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Was heißt das?
Studien zeigen: Je standardisierter Bewerbungsprozesse sind, desto besser ist das für Frauen. Unbewusste Vorurteile ("Frauen wollen gar nicht führen!") und Mini-Me-Effekte (ältere Person befördert jüngere Person, die ihr besonders ähnlich ist) können so nämlich leichter ausgetrickst werden. Nicht nur bei externen Bewerbungsverfahren sind deshalb standardisierte Fragenkataloge, feste Auswertungsschemata und ein möglichst diverses Auswahlgremium sinnvoll, sondern auch wenn Stellen an jemanden aus der Belegschaft vergeben werden sollen.

Was bringt das?
Gerade bei der internen Besetzung von wichtigen Posten wird gern nach dem "coffee machine-Prinzip" verfahren, sprich: Wer den Job kriegt, machen die Entscheider*innen beim Small Talk an der Kaffeemaschine aus. Wer nicht Teil der Teeküchen-Connection ist (zum Beispiel weil er oder sie aus Betreuungsgründen oft im Homeoffice arbeitet), hat so automatisch schlechtere Karten. Standardisierte Auswahlverfahren können helfen, solche Mechanismen aufzubrechen.

BRIGITTE-CHECK:
Wer macht das schon?
Zwar geben 85 % der Studienteilnehmenden an, dass der Bewerbungsprozess bei ihnen standardisiert ist. Doch nur in 59 % der Firmen gilt das auch für interne Besetzungen. Eine davon ist die Fondsgesellschaft Fidelity International. Hier kommen bei allen Auswahlverfahren Frage- und Kompetenzkataloge zum Einsatz, die auf die jeweilige Stelle zugeschnitten, aber für alle Bewerbenden einheitlich sind. Die Jobinterviews führen mehrere Personen verschiedenen Geschlechts, bei Beförderungen gibt es Genehmigungs- und Reviewschleifen. Wohl auch wegen dieser Sorgfalt beim Recruiting fällt Fidelity International unter den Finanzunternehmen, die an unserer Studie teilgenommen haben, durch einen relativ kleinen Gender Leadership Gap auf: Immerhin 25 bzw. 33 Prozent Frauen finden sich auf der ersten und zweiten Führungsebene – bei einem Frauenanteil von 47 Prozent in der Gesamtbelegschaft.

Mache Vielfalt zum Erfolgsfaktor

Ana-Cristina Grohnert ist Vorstandsvorsitzende der Arbeitgeber- initiative Charta der Vielfalt e. V.

Ana-Cristina Grohnert
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Was heißt das?
Das Ziel, die Unternehmensspitze diverser zu machen, sollte in der Firmenstrategie verankert werden – durch ambitionierte Zielvorgaben, regelmäßige Prüfungen, wie weit man gekommen ist, und durch Sichtbarkeit und positive Bewertung der Führungskräfte, die beim Erreichen der Ziele erfolgreich sind.

Was bringt das?
Die Messbarkeit von Diversity-Fortschritten – und damit ordentlich Druck.

BRIGITTE-CHECK:
Wer macht das schon?
61 Prozent der befragten Firmen geben an, Diversity sei Teil ihrer Unternehmensstrategie. 13 Prozent koppeln die variablen Gehälter ihrer Führungskräfte an das Erreichen von Quoten. Zum Beispiel das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik. Vor allem im wissenschaftlichen Bereich war hier der Frauenanteil lange Zeit extrem niedrig. 2012 führte man Zielquoten ein. Führungskräfte profitieren nun teilweise von einem Bonussystem, wenn sie sie erfüllen, etwa bei der Zuteilung von Forschungsgeldern oder Leistungsprämien. Seither stieg nicht nur die Zahl der Mitarbeiterinnen, sondern auch die der Führungsfrauen – in den Abteilungsleitungen etwa von sieben auf 16 Prozent.

Finde heraus, wo es brennt

Susanne Hüsemann ist Geschäftsführerin von Queb, dem Bundesverband für Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting.

Susanne Hüsemann
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Was heißt das?
Mit Softwareprogrammen können Firmen heute die demografischen Daten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genau auswerten. So lässt sich zum Beispiel herausfinden, auf welchen Hierarchiestufen es besonders wenige Mütter gibt oder wo sich auffallend viele Männer über 50 tummeln.

Was bringt das?
Wird eine bestimmte Gruppe systematisch benachteiligt, kann man das schnell erkennen und gezielt Maßnahmen entwickeln, um gegenzusteuern.

BRIGITTE-CHECK:
Wer macht das schon?
Ein Kennzahlensystem, das Beschäftigtendaten sammelt und hinsichtlich Gleichstellung auswertet, gibt es in 23 Prozent der befragten Firmen. Zum Beispiel das Gesundheitsunternehmen Roche Diagnostics: Hier konnte man mithilfe der Daten schon länger beobachten, dass sich der Anteil der Frauen und Männer in Führungsjobs just ab dem Moment auseinanderentwickelt, in dem die Beschäftigten Eltern werden. Gespräche ergaben: Meist ziehen sich die Mütter aus dem Job zurück, weil sie weniger verdienen als die Väter; ihr Wechsel in Teilzeit belastet die Familienkasse nicht so stark. Seit Kurzem zahlt die Firma daher jungen Familien, in denen sich beide Elternteile für vollzeitnahe Teilzeit entscheiden und eine*r davon bei Roche Diagnostics arbeitet, einen Betrag, der durchschnittlich 20 Prozent des Gehalts ausgleicht. So will man dazu anregen, Erwerbs- und Sorgearbeit gleichmäßiger zu verteilen.

Analysiere deine Gehaltsstrukturen

Henrike von Platen ist Gründerin des Fair Pay Innovation Lab, das Firmen auf dem Weg zur Lohngerechtigkeit berät.

Henrike von Platen
© Oliver Betke / PR

Was heißt das?
Die Personalabteilung nimmt alle Gehaltsdaten genau unter die Lupe. Erst den realen Gender Pay Gap: Wie viel verdienen die Frauen, wie viel die Männer? Dann wird ermittelt, wie viele Frauen und Männer in welchen Unternehmensbereichen arbeiten, in Führungspositionen, in Teilzeit – alles Kriterien, die sich aufs Gehalt auswirken. Danach bringt man beides zusammen, untersucht, wo es Ausreißer gibt und woran das liegen könnte. Und dann wird aufgeräumt: Kriterien identifizieren, die sich nicht auf das Gehalt auswirken sollen, wie Alter oder Geschlecht. Ungerechtfertigte Gaps schließen. Gehälter anpassen. Und dafür sorgen, dass die Schere nicht neu aufklafft.

​​​​​​​Was bringt das?
Für mich ist der Gender Pay Gap der wichtigste Indikator, um den Grad der Gleichstellung in Firmen zu messen. Der Erfolg aller Gleichstellungsmaßnahmen lässt sich daran ablesen.​​​​​​​

BRIGITTE CHECK:
Wer macht das schon?
68 % der Studienteilnehmenden geben an, regelmäßig Gehaltsanalysen durchzuführen. 80 Prozent davon ergriffen danach Maßnahmen, um die Gaps zu schließen. Dazu gehört die Allianz. Hier legte man Anfang 2020 das Augenmerk bewusst auf Equal Pay. Bei der Analyse der Entgeltstrukturen kam heraus, dass die firmeninterne Lohnlücke vor allem damit zu tun hat, dass Frauen an der besser bezahlten Konzernspitze fehlen. Das Thema "Frauen in Führung" wurde daher noch mehr als bisher in den Fokus gestellt. Heute ist der Vorstand zu 38 Prozent weiblich, der Frauenanteil in der zweiten Führungs- ebene stieg von 20 auf 24 Prozent.

Frauen nach vorn!

Was läuft schon gut in Deutschlands Firmen? Was muss besser werden? Und wie können Frauen davon profitieren? Auf dem digitalen BRIGITTE Academy Job-Symposium am 2.10. ziehen unsere Studienbeirätinnen in einem interaktiven Talk Bilanz – und du kannst dabei sein! Tickets gibt‘s unter brigitte.de/job2021. Neben spannenden Talks mit Expertinnen und Unternehmerinnen wie Dr. Anne Fleck, Verena Pausder oder Sara Nuru erwarten dich Workshops mit hochkarätigen Referentinnen und tolle Möglichkeiten zum Netzwerken.

Wir freuen uns auf dich!

Die große Arbeitgeberstudie 2021

Was bieten Unternehmen den Frauen? Hier geht es zur großen BRIGITTE-Arbeitgeberstudie 2021.

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21/2021 Brigitte

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