BRIGITTE WOMAN: Frau Rodrigues, warum beschäftigen Sie sich mit Diabetes? Sind Sie selbst zuckerkrank?
Dinah Rodrigues (lacht): Nein, ich bin 86 Jahre alt, gesund und noch fit genug, um in anderen Ländern Seminare zu geben.
Woher kommt dann das Interesse für dieses Thema?
Die Zahl der Diabetiker in der Welt steigt, und ich möchte den Betroffenen helfen. Vor fünf Jahren habe ich angefangen, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Meine Arbeit basiert auf der Physiologie des Körpers. Bei Diabetes müssen wie in den Wechseljahren Drüsen reaktiviert werden, um die Produktion von Hormonen anzukurbeln. Das neue Programm ist also eine spezielle Form des Hormonyoga. Eine ganz natürliche Therapie.
Ihre langjährigen Erfahrungen sind also hier eingeflossen.
Zunächst habe ich mir Gedanken gemacht, welche Drüsen an der Entstehung von Diabetes beteiligt sind. Daraus ergaben sich spezielle Yogaübungen, die gezielt auf diese Drüsen wirken. Von meinem Programm gegen Beschwerden in den Wechseljahren wusste ich, dass diese Übungen besser wirken, wenn sie nicht statisch durchgeführt werden wie im Hatha-Yoga üblich, sondern dynamisch, mit Bewegung. Damit habe ich experimentiert. Außerdem benutze ich auch hier wieder eine starke Atmung, die Bhastrika-Atmung. Sie verstärkt den Effekt der Übungen und wirkt in den unterschiedlichen Positionen intensiv auf alle Drüsen und Organe, die bei Diabetikern stimuliert werden müssen: die Bauchspeicheldrüse, die Schilddrüse, die Nebennieren, die Hypophyse und die Leber.
Was bringt das? Gibt es schon Studien dazu?
Noch nicht. Für mich ist es sehr schwierig, eine solche Untersuchung zu machen. Ich hätte dazu gern die Unterstützung einer Universität. Teilnehmer meiner Workshops berichten aber, dass ihr Blutzuckerspiegel durch das Üben sinkt. Das können sie beobachten, wenn sie ihn regelmäßig selbst messen.
Dauert es lange, bis sich erste Erfolge einstellen?
Ich war erstaunt, wie schnell erste Erfolge eintreten. Damit hatte ich anfangs nicht gerechnet. Was sich aber gezeigt hat: Die Ergebnisse hängen davon ab, wie oft man übt. Gut wäre es, die Übungen täglich zu machen. Vier- oder fünfmal in der Woche sind auch in Ordnung. Zweimal wöchentlich ist zu wenig.
Und wenn man mit dem Üben aufhört, steigt der Blutzuckerspiegel wieder?
Ja, man muss schon üben, damit die Drüsen stimuliert werden. Ich habe zwei Übungsreihen entwickelt, eine für Anfänger, eine für Fortgeschrittene. Wenn man das Programm beherrscht, dauert es nicht länger als 30 Minuten. Eine halbe Stunde für die Gesundheit.
Brauchen Menschen, die Ihre Übungen machen, weniger Medikamente gegen Diabetes?
Das muss der behandelnde Arzt entscheiden. Er stellt die Diagnose und legt die Therapie fest: Medikamente, Diät und Bewegung. Mein Hormonyoga macht die Patienten gesünder und verbessert ihre Lebensqualität. Es ist eine gute Ergänzung zur medizinischen Behandlung. Besonders, weil es einen doppelten Effekt hat: Der Stoffwechsel wird angekurbelt, kommt wieder ins Gleichgewicht, und gleichzeitig wird Stress abgebaut.
Warum ist das so wichtig?
Weil Stress, gerade bei Frauen, die Hormonproduktion negativ beeinflusst. Der Spiegel der Sexualhormone sinkt, der Blutzuckerspiegel steigt. Stress zu reduzieren ist deshalb wichtig. Durch psychologische Intervention und durch gezielte Übungen. Da reicht es nicht, sich hinzusetzen und sich auf die Flamme einer Kerze zu konzentrieren.
Eignet sich das Programm zur Prävention von Diabetes für alle über 40?
Besonders diejenigen, die familiär vorbelastet sind, und alle, die bereits einen leicht erhöhten Blutzuckerspiegel haben, können die Übungen vorbeugend machen. Aber wir sollten nicht zu viel üben und nicht ständig daran denken, welche Krankheiten wir später bekommen könnten. Wir sollten einfach etwas für uns selbst tun, um gesund zu bleiben und uns wohl zu fühlen. Sonst bereitet auch Yoga Stress.
Wirkungsvolle Yoga-Übungen für Diabetiker
1. Setzen Sie sich mit gestreckten Beinen gerade hin.
2. Winkeln Sie das linke Bein an, die Fußsohle berührt den rechten Oberschenkel. Arme über den Kopf heben
3. Oberkörper nach links drehen, so dass Sie zum linken Bein schauen. Mit geradem Oberkörper über das gestreckte rechte Bein beugen.
Die Finger der rechten Hand fassen die Zehen des rechten Fußes, der Daumen greift zum großen Zeh. Die linke Hand in den unteren Rücken legen. Der Brustkorb sollte weit sein.
4. In dieser Position machen Sie siebenmal Bhastrika-Atmung, eine geräuschvolle Blasebalgatmung. Dabei den Bauchnabel beim Einatmen nach außen bewegen, beim Ausatmen die Luft kraftvoll durch die Nase ausstoßen.
Danach die Energie im Bauchraum Richtung Leber (rechts oben) zirkulieren lassen: dazu einatmen, Atem anhalten, Zunge an den Gaumen legen, bis drei zählen und sich dabei auf die Leber konzentrieren.
Zum Schluss einatmen, Arme heben, Hände aneinanderlegen und in die Ausgangsposition zurückkehren.
Das rechte Bein anwinkeln und die Übung zu dieser Seite wiederholen. Dabei die Energie in Richtung Bauchspeicheldrüse (in der Bauchmitte) zirkulieren lassen.
1. Setzen Sie sich so auf Ihre Knie, dass die Beine gegrätscht sind und das Gesäß sich zwischen den Fersen befindet. Die Arme lang nach hinten strecken und die Hände hinter dem Rücken falten. Den Oberkörper nach links drehen, ...
2. ... einatmen, ausatmen und sich dabei über das linke Knie so weit wie möglich nach unten beugen.
3. Machen Sie siebenmal Bhastrika-Atmung und lassen Sie die Energie Richtung Bauchspeicheldrüse zirkulieren. Anschließend einatmen, sich vorsichtig aufrichten, ausatmen und den Oberkörper zur Mitte drehen.
Mit dem Ausatmen gerade nach vorn beugen. Wer es schafft, kann die Stirn auf den Boden legen.
4. In dieser Position ebenfalls siebenmal Bhastrika-Atmung machen und die Energie wiederum Richtung Bauchspeicheldrüse zirkulieren lassen. Danach einatmen, sich vorsichtig aufrichten, ausatmen und den Oberkörper nach rechts drehen.
Mit dem Ausatmen über das rechte Knie beugen und noch einmal sieben Bhastrika-Atmungen machen. Dieses Mal die Energie Richtung Leber zirkulieren lassen.
Zum Schluss einatmen und sich vorsichtig aufrichten. Alternativ können Sie die Übung auch im Schneidersitz machen.
Setzen Sie sich bequem und entspannt, aber mit geradem Rücken hin, wenn möglich mit gegrätschten Beinen, die Füße voreinander.
Legen Sie die Daumen in die Hände und schließen Sie die Finger darum zur Faust. Dann platzieren Sie die Fäuste vor dem Oberbauch im Bereich des Solarplexus (Sonnengeflechts). Die Unterarme sollten dabei parallel zum Boden gehalten werden.
Schließen Sie die Augen, konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze und atmen Sie ruhig und tief ein und aus. Nun singen Sie das Mantra Ram. Lassen Sie dabei die Zunge am Gaumen vibrieren.
Beim Ausatmen ziehen Sie Ihren Bauchnabel jedes Mal Richtung Wirbelsäule. Machen Sie diese Übung einige Minuten.
Zum Schluss lassen Sie die Energie wieder Richtung Bauchspeicheldrüse zirkulieren.
Legen Sie sich mit gestreckten Beinen auf den Rücken, die Arme lang neben dem Körper, die Schultern locker.
Heben Sie den Brustkorb an, stützen Sie sich dabei auf die Unterarme und strecken Sie die Füße. Atmen Sie ein und aus, öffnen Sie die Brust, legen Sie den Kopf entspannt in den Nacken und bewegen Sie ihn nicht mehr.
Nun machen Sie drei tiefe Ujjayi-Atemzüge: Dazu atmen Sie mit geschlossenen Lippen nur durch die Nase ein und aus; die Kehle ist dabei leicht verengt, so dass ein sanft rauschender Ton entsteht.
Nach dieser Atemübung lassen Sie die Energie Richtung Schilddrüse zirkulieren. Danach vorsichtig in die Ausgangsposition zurückkommen und den Kopf entspannen.
1. Legen Sie sich auf den Rücken. Mit dem Einatmen bringen Sie die Beine senkrecht in die Luft und heben das Becken halb an (nicht in den Schulterstand). Die Hüften mit den Händen abstützen, die Daumen vor den Hüftknochen. Die Füße weisen in Richtung Augen. Der Nacken ist entspannt.
2. Machen Sie siebenmal Bhastrika-Atmung und drehen Sie dabei Ihre Füße beim Einatmen rechts herum.
3. Anschließend lassen Sie die Energie Richtung Schilddrüse und Hypophyse (die Hirnanhangdrüse sitzt mitten im Schädel auf Höhe der Nase) zirkulieren. Dann machen Sie siebenmal Bhastrika-Atmung und drehen dabei die Füße in die andere Richtung. Zum Schluss die Energie Richtung Schilddrüse und Hirnanhangdrüse zirkulieren lassen
Beugen Sie nun das rechte Bein und legen Sie den rechten Fuß an das linke Knie. Bringen Sie das gebeugte Bein so nah wie möglich neben Ihr Gesicht. Machen Sie siebenmal Bhastrika-Atmung und lassen Sie die Energie Richtung Leber zirkulieren.
4. Wechseln Sie die Seite, beugen Sie das linke Bein und wiederholen Sie die Übung. Lassen Sie die Energie dieses Mal Richtung Bauchspeicheldrüse zirkulieren. Zum Schluss die Beine ablegen.
Ist die Umkehrhaltung für Sie ungewohnt, sollten Sie vorsichtig beginnen und die Dauer langsam steigern. Optimal ist es, fünf Minuten in dieser Position zu bleiben. Sie können sie auch so lange wiederholen, bis diese Zeit erreicht ist.