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Was tun, wenn die Haare ausfallen?

Bei Haaren sind Frauen empfindlich. Daher kommen hier alle Tipps, wenn die Haare mal ausfallen.

Zuerst der Schock - die Haare fallen aus

Ein runde kahle Stelle am Hinterkopf, groß wie ein Zwei-Euro-Stück - so fing es an.

ahnte sofort die Diagnose: kreisrunder Haarausfall. "Ich fing gleich an, im Internet zu recherchieren", erzählt die 56-jährige Arzthelferin aus Bad Oeynhausen und erinnert sich an die Panik, die damals in ihr hochstieg. Damals - das ist jetzt 23 Jahre her. Petra Hagemeier war 33 und hatte zuvor noch nie Probleme gehabt mit ihren blonden Haaren, die sie bis dahin mal lang und glatt, mal raspelkurz getragen hatte.

"Ich dachte, dass ich von jetzt an nur noch ganz zurückgezogen leben und von meinem Mann verlassen werde." Erste Schockstarre. Völlig normal. Denn natürlich sind Haare viel mehr als lange, braune, blonde oder schwarze Hornfäden aus Keratin. Sie sind ein Teil unserer Identität. Haare drücken etwas von uns aus. Gefühl, Wunsch, Selbstbild. Manche Frauen sind stolz auf ihre Haare, andere haben ein dauerhaft gespanntes Verhältnis zu ihnen. Gleichgültig sind sie keiner Frau. Schöne Haare stehen wie Beine und Brüste für Weiblichkeit, für Attraktivität. Und sie sind veränderlich.

Zeigen unsere Verfassung, Stimmung, Gesundheit an. Die Zeit spielt mit ihnen, nicht nur unsere Finger. Sie werden mit den Jahren dünner, sie verlieren vielleicht Farbe und Glanz, wir hofieren sie mit Pflege - und manchmal fallen sie trotzdem einfach aus. Schuld daran können Hormonschwankungen sein. Oder - wie bei kreisrundem Haarausfall vermutet wird - eine Überreaktion des Immun-systems. Jede vierte Frau ist einmal im Leben von Haarausfall betroffen.

Viele gehen erst mal zum Friseur, wenn immer mehr Haare in der Bürste hän- gen bleiben oder die Kopfhaut plötzlich durchschimmert. Bei Lilly Sandberg in der "Haarschneiderei" in Berlin-Prenz-lauer Berg sitzen regelmäßig Frauen auf dem Stuhl, die über nachlassendes Haar-volumen klagen. Den meisten empfiehlt sie einen guten Kurzhaarschnitt. "Eine Kundin sah sich neulich mit über 50 zum ersten Mal mit kurzen Haaren und war ganz begeistert von dem neuen Typ, den sie da entdeckte", sagt die erfahrene Stylistin. "Und Produkte, die für Nährstoffzufuhr sorgen, die Zellteilung an- regen und die Kopfhaut durchbluten, können dazu beitragen, dass die Haare wieder kräftiger nachwachsen."

Das kennen alle Frauen: Frisurveränderungen machen einen neuen Menschen aus uns. Deswegen gehen zum Beispiel frisch Getrennte oft schnurstracks zum Friseur. Wenn ein neues Leben beginnt, zeigt man das gern auch auf dem Kopf. Aber Haarausfall überfällt Betroffene hinterrücks. Ungebeten, unerwartet. Häufig ist eine ärztliche Diagnose und Behandlung nötig, um den Zustand zu verbessern. Aber manchmal ist der Verlust der Haare trotzdem nicht zu stoppen. Petra Hagemeier ging zum Dermatologen. Er bestätigte ihren Verdacht: kreisrunder Haarausfall. Innerhalb weniger Wochen war sie kahl. Sie bekam Spritzen, trug nachts einen Gürtel um den Kopf, damit die Haut besser durchblutet wird. Bei vielen Betroffenen kommen die Haare nach einer Weile wieder - bei ihr nicht. "Ich besuchte verschiedene Ärzte und Universitätskliniken, ging sogar in eine Selbsthilfegruppe. Aber das hob meine Stimmung auch nicht."

In diesem Zustand lernt der Hamburger Maskenbildner Gerhard Westermann viele seiner Kundinnen kennen: "Sie sind unglücklich, ihr Selbstbewusstsein ist im Keller." Aber Experten wie Westermann bieten inzwischen viele verschiedene Möglichkeiten, die verloren geglaubte Schönheit wieder in Szene zu setzen. "Haarersatz ist heute so gut, dass er nicht mehr von echten Haaren zu unterscheiden ist", sagt er. Man kann Haare in hauchdünne Schichten einfädeln und für Wochen fest mit der Kopfhaut verbinden. Das Ergebnis hält dann sogar einen Kopfsprung ins Wasser aus.

Petra Hagemeier hat gelernt, mit Perücken umzugehen. "Es gibt wirklich schöne Modelle - und ich kenne jeden Trick." Sie hat beschlossen, ihr Leben nicht von ihrem Haar abhängig zu machen. Und ihr Mann hat sie auch nicht verlassen. Im Gegenteil: "Er hat das Ganze viel eher akzeptiert als ich, und er stand mir in trüben Stunden immer zur Seite. Es entstand sogar mehr Nähe zwischen uns." Die meisten Freunde und Kolleginnen wissen inzwischen, dass Petra Hagemeier eine Perücke trägt. Aber es war ein langer Weg, diese Souveränität zu entwickeln.

Vorher gab es auch peinliche Momente. Auf einer Familienfeier riss ihr ihre vierjährige Nichte beim Spielen die Perücke vom Kopf. "Erst war das ein furchtbares Gefühl. Aber dann habe ich sie einfach wieder aufgesetzt, und die Verwandten sagten: 'Jetzt haben wir dich endlich mal ohne gesehen.' Heute kann ich drüber lachen. Manchmal werde ich sogar nach meinem Friseur gefragt", erzählt sie lachend. Klar, ihre Frisur sitzt ja auch immer genau so, wie sie es wünscht. Gerhard Westermann erlebt regelmäßig, wie viel Scham mit Haarverlust einhergeht. "Die meisten, die aus medizinischen Gründen kommen, wollen, dass es hinterher genauso aussieht wie vorher - damit keiner etwas merkt." Dabei könnte er jetzt mit maßgeschneidertem Haarersatz Träume wahr werden lassen: die Mähne zaubern, die man nie hatte. Der Zweithaarspezialist liebt seinen Beruf genau dafür, dass er immer wieder den Moment erleben kann, wenn das Lachen zurückkommt: "Wenn der Mensch sich im Spiegel wiederfindet."

Wenn die Haare ausfallen - was können Sie tun?

Manchmal liegt es einfach nur an der Jahreszeit: Im Frühjahr und Herbst fallen oft etwas mehr als die durchschnittlich 70 bis 100 Haare aus, die der Mensch normalerweise pro Tag verliert. Experten vermuten, dass der Körper empfindlich auf den Übergang vom dunklen Winter auf die längeren Tage reagiert - und dass nach dem Sommer ein Übermaß an UV-Strahlen zu viele freie Radikale auslöst. Wenn die Haare auffällig dünn werden, stecken allerdings meist andere Ursachen dahinter. Der diffuse Haarausfall wird z. B. durch Stress, chronischen Schlafmangel oder Crash-Diäten ausgelöst. Er kann aber auch eine Nebenwirkung von Medikamenten oder die Folge einer defekten Amalgam-Zahnfüllung sein. Das hilft: Hier ist vor allem wichtig, den genauen Grund herauszufinden und gegebenenfalls zusammen mit einem Arzt gezielt dagegen vorzugehen. Im Fall einer Mangelerscheinung können etwa eine Ernährungsumstellung oder spezielle Nahrungs- ergänzungsmittel wirken. Der hormonell oder erblich bedingte Haarausfall tritt vor allem in Lebensphasen auf, in denen sich der Hormonhaushalt verändert - etwa in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren, in denen der Körper vermehrt das männliche Hormon Testosteron produziert, auf dessen Abbauprodukte viele Frauen empfindlich reagieren.

Den kreisrunden Haarausfall gibt es sehr viel seltener:

Bei etwa einer bis zehn von tausend Personen tritt er im Laufe des Lebens auf - und in den meisten Fällen wachsen die Haare von selbst wieder nach. Die Ursache des Haarausfalls ist vermutlich eine Störung des Immunsystems: Die Haarfollikel, die kleinen Säckchen rund um die Haarwurzel, entzünden sich und stoßen das Haar ab. Das hilft: In einigen Fällen eine spezielle Kortison-, Licht- oder verschiedene andere Reiztherapien. Mogeln und Kaschieren - die besten TricksFriseure, die sich auf feines Haar oder Haarausfall spezialisiert haben, kennen Mittel und Wege, das Haar wieder voller wirken zu lassen. Am wichtigsten ist der richtige Schnitt, aber auch Farbakzente können helfen. Haarteile aus Echthaar oder einer Kunstfaser (ca. 1000 bis 3000 Euro) sind praktisch bei lichten Partien: Ein Zweithaarfriseur befestigt sie an Spezialfäden, die um die Kopfhaut gelegt und ca. alle vier Wochen nachgezogen werden (ca. 75 Euro). Auch gut sind spezielle Bondings (ca. 300 Euro): hauchdünne, mit Echthaar verwobene Plättchen, die mit einem Bindemittel aus der Chirurgie auf der Kopfhaut angebracht werden und bis zu drei Monate halten. Von Extensions, die am Haar befestigt werden, wird bei Haarausfall dagegen abgeraten: Ihr zusätzliches Gewicht strapaziert die Haarwurzel und fördert den Haarausfall noch.

Gute Perücken

aus Kunsthaar (ca. 250 bis 720 Euro) sind heute optisch kaum noch von Echthaar zu unterscheiden, fühlen sich aber anders an, wirken im Wind etwas steifer und halten maximal ein halbes Jahr. Echthaarperücken (ca. 900 bis ca. 3000 Euro) dagegen können bis zu vier Jahre halten - außerdem lassen sie sich ganz normal colorieren und umformen. Einziger Nachteil: Sie sind etwas pflegebedürftiger. Generell wird die Perücke beim Anpassen zurechtgeschnitten und in Form gedampft. Da es dafür eine spezielle Schneidetechnik gibt, geht man am besten zu einem gelernten Zweit- haarspezialisten. Der führt meistens auch spezielle Gele und Wachse, mit denen man Kurzhaarfrisuren stylen kann, und kann zudem Knüpfstellen, die nach einer Weile abgenutzt sind, wieder reparieren. Eine weitere Möglichkeit ist eine Haartransplantation: Dabei werden Haare aus dem eigenen Haarkranz oder fremdes Haar operativ in die Kopfhaut verpflanzt. Es dauert einige Monate, bis das endgültige Ergebnis zu sehen ist, denn in der Regel fallen die Haare innerhalb der ersten vier Wochen aus, um dann wieder neu zu wachsen. Diese Methode funktioniert zum Beispiel bei erblich bedingtem Haarausfall, jedoch nicht bei akutem kreisrundem Haar-ausfall. Wichtig ist generell, sich nur an einen speziell ausgebildeten Haarchirurgen zu wenden (mehr Infos gibt’s zum Beispiel beim Verband Deutscher Haarchirurgen unter www.vdhc.de/aerzte).

Hier gibt ?s Hilfe

Manche Friseure haben sich auf feines Haar spezialisiert, z. B. das Kérastase-Institut Noon Individual Hair in Hamburg (www.noon-individualhair.de), der Wella-Salon Shan Rahimkhan in Berlin (www.shanrahimkhan.de) oder der L'Oréal-Professionnel-Salon P.A.M. Hair Style in Mannheim (www.pam-hairstyle.de). Für Frauen mit Haarausfall bieten viele Unikliniken Haarsprech- stunden mit spezialisierten Dermatologen an. Darüber hinaus gibt es Therapiezentren, die sich ausschließlich mit Haar- und Kopf- hautproblemen beschäftigen und diese mit gezielter Ernährung und abgestimmten Produkten behandeln (z. B. www.haarklinikken.de). Hilfe bei der Wahl der richtigen Perücke geben ausgebildete Zweithaarfriseure (z. B. G. Westermann von A. Haargenau in Hamburg, www.a-haargenau.de).

Text: Meike Gerhardt/Melanie Grimsehl Credit: Stockbyte/gettyimages.com Fachliche Beratung: Dr. med. Thomas B. Fischer, Experte für klinische Zellbiologie in Düsseldorf; Prof. Dr. med. Gerhard A. Lutz, Hair & Nail-Sprechstunde in Bonn

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