Wissenschaftler sprechen von feinem Haar, wenn der Durchmesser der einzelnen Strähnen nicht breiter als 0,04 Millimeter ist. Normales ist dagegen im Schnitt etwa 0,05 bis 0,07 Millimeter breit, dickes Haar nennt sich alles, was darüber liegt. Wie sich unsere Haare anfühlen und wie sie aussehen, ist uns quasi schon in die Wiege gelegt. Die Gene bestimmen, ob sie lockig, robust oder fein sprießen – also lässt sich die eigentliche Dicke des Haares nicht beeinflussen. Und es tröstet auch wenig, dass feine Haare zahlenmäßig stärker wachsen, denn aufgrund der fehlenden Millimeter machen sich selbst 50000 zusätzliche Haare optisch nicht wirklich bemerkbar.
Feines Haar führt zu erstaunlichen Verhaltensweisen. Weil die Frisur bei plötzlichen Regengüssen schnell in sich zusammensackt, verlassen manche Frauen selbst bei strahlendem Sonnenschein das Haus nie ohne Regenschirm. Verwirbelungen durch unberechenbare Windstöße wird mit exakt einstudierter Schräglage des Kopfes getrotzt. Nächte durchtanzen? Nur in Clubs mit elektrischen Handtrocknern auf den Toiletten, um "mal kurz nachföhnen zu können". Bei kurzen Wochenend-Trips sieht die Kosmetiktasche aus, als bliebe man mindestens eine Woche, und das allzeit griffbereite Haarspray überlebt häufig die Durchleuchtung am Flughafen nicht. Sogar altersschwache Heißluftbürsten werden über Jahre hinweg liebevoll mit Tesafilm restauriert, da man mit dem inzwischen längst ausgelaufenen Modell "so gute Erfahrungen für mehr Ansatzvolumen gemacht hat". Zum Glück gibt es noch ein paar weitere Möglichkeiten, ein bisschen mehr Volumen, Griffigkeit und Halt in feine Haare zu bekommen: mit der richtigen Pflege, einem intelligenten Styling und dem passenden Haarschnitt.
Feine Haare sind empfindlich und brauchen deshalb besonders aufmerksame Pflege. Da sie meist enger an der Kopfhaut liegen, wirken sie schnell fettig und kraftlos, müssen also häufiger gewaschen werden. Entsprechend mild und sparsam dosiert sollte das Shampoo sein (z.B. Baby-Shampoo). Außerdem darf die tägliche Reinigung die Haare nicht mit zu viel Pflegestoffen überfordern, sonst machen sie schnell schlapp. Neue Volumen-Shampoos versuchen genau diese Balance zwischen sanfter Reinigung und leichter Pflege zu erreichen. Dr. Andreas Koller, Leiter der Produktentwicklung von Nivea Haircare, erklärt: "Im Gegensatz zu Produkten für trockene oder geschädigte Haare haben Volumen-Shampoos einen reduzierten Pflegegrad. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie keine Pflegestoffe enthalten, sie sind lediglich leichter dosiert. Zusätzlich werden gezielt Substanzen eingesetzt, die den Zustand der Haare verbessern, ohne sie zu beschweren. Zum Beispiel Vitamine wie Niacinamide, die für Elastizität und Glanz sorgen. Diese Shampoos können natürlich nicht so viel ,Aufbauarbeit' leisten wie entsprechende Volumen-Produkte, die im Haar bleiben – als Vorbereitung fürs anschließende Styling sind sie jedoch optimal."
Wenn die Haare trocken, splissig oder spröde sind, was leider sehr schnell durch zu viel Föhnwärme und übertriebenes Styling passiert, sind alkoholfreie Sprühkuren mit Panthenol ideal. Der Wirkstoff wandert in den Haarschaft und ist ein toller Feuchtigkeitsspender. "Überpflegen" ist mit Panthenol nicht möglich, denn die Haare nehmen davon nur so viel auf, wie sie wirklich brauchen. Ebenfalls in Sprühkuren eingesetzt wird flüssiges Keratin, eigentlich Hauptbestandteil der Haare. Wird es von außen aufs Haar gegeben, dringt es in dessen äußere Hülle und verstärkt sie. Gleichzeitig haben die Sprühkuren einen Styling-Effekt und geben Fülle und Halt. Spezielle Volumen-Spülungen mit Aminosäuren, Weizen- und Milchproteinen glätten und machen die Haare kämmbarer. Ganz neu sind Inhaltsstoffe wie Akazienharz und fein gemahlene Tonerde. Sie lagern sich am Haar an und rauen die Oberfläche etwas auf, ein ähnlicher Effekt wie bei Strähnchen. So können die Haare nicht mehr so leicht aneinander vorbeiflutschen, und die Frisur hält. Nach besonderen Strapazen (Sonne, Salzwasser, Colorationen) reichhaltige Kuren nur in die Spitzen geben oder am besten vorm Shampoonieren einwirken lassen. Oder Packungen speziell für feines Haar nehmen, zum Beispiel mit Bambus. Der mineralstoffreiche Extrakt enthält bis zu 77 Prozent Kieselsäure (Silicea). Optimal, um die Fasern zu kräftigen und geschmeidiger zu machen, ohne sie zu beschweren.
Frisch aus den Labors der Forschungsabteilungen kommt ein Wirkstoff namens Creatin. Leistungssportler kennen die körpereigene Substanz schon seit Jahren. Sie unterstützt den Energiestoffwechsel in den Muskeln und gilt als zuverlässiger Lieferant für mehr Power. In der Anti-Age-Kosmetik wird sie bereits eingesetzt, um müde Zellen zu beleben. Nun haben neue Studien ergeben, dass auch schlappe Haare von dem Stoff profitieren, besonders wenn er in Seren und Emulsionen steckt, die nach dem Waschen ins feuchte Haar gegeben werden. Dr. Christian Springob, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Wella, hat die Wirkung von Creatin getestet: "Die Substanz dringt in das Haar ein und stabilisiert es von innen, indem sie sich zwischen die längs laufenden Fibrillen (Fasern) setzt und diese fester miteinander verbindet. Dadurch werden die Haare kräftiger und haben mehr Stand." Aus amerikanischen Labors kommt die "Bond Styling Technology": Erst werden die Haare mit einer Lotion vorbehandelt, dann eine Wirkstoff-Ampulle mit einem Mix aus Proteinen und Keratin einmassiert. Die festigende Wirkung soll sogar zwei bis drei Haarwäschen überstehen. So genannte "Booster"-Produkte wurden speziell für den Haaransatz entwickelt. Mit feinen Kanülen oder gut dosierbaren Sprühköpfen können sie ganz gezielt aufgetragen werden. Sie arbeiten meist mit verschiedenen Polymeren (langkettigen Molekülen), die sich um die einzelnen Haare legen und beim Trocknen ein feines Netz bilden. Diese Art "Stützkorsett" hilft, die Haare aufzurichten.
Bevor Föhn plus Rundbürste zum Einsatz kommen, sind natürlich auch Styling-Cremes und Schaumfestiger eine gute Maßnahme zum Fixieren. Sie schützen gleichzeitig vor zu starker Hitzeeinwirkung. Ähnlich wie die Ansatz-Lifter umhüllen sie die Haare mit "Filmbildnern". Die Volumen-Schäume gibt es sogar mit verschiedenen Härtegraden, damit man sich ganz individuell entscheiden kann. Und: In Sachen Haarspray hat sich ebenfalls einiges getan. Die Allzweckwaffe für Haltbarkeit und Schutz vor Luftfeuchtigkeit gibt es inzwischen als duftneutrale Variante oder mit leichter Parfümierung, um den typischen Geruch zu übertönen.
Ideal für feine Haare sind kinnlange Schnitte, egal ob mit Pony, fedrigen oder stumpf geschnittenen Konturen. Leichte Stufen und einzelne kürzer geschnittene Partien lassen die Frisur voller wirken. Fallen die Haare bis auf die Schultern, sollten die Spitzen häufiger nachgeschnitten werden. Wegen des "Anstoßens" neigen die Enden nämlich leichter zu Splissbildung. Grundsätzlich sollte immer vom Ansatz her nach oben oder gegen den Strich geföhnt werden. Entweder mit Hilfe einer dickbauchigen Rundbürste (bei kleineren Bürsten können die Spitzen beim Einrollen verknicken) oder mit so genannten Skelettbürsten; der "löchrige" Bürstenkopf lässt die warme Luft besser durch. Alternative: breite Warmluft-Lockenbürsten oder ganz große Klettwickler für die oberen Partien. Natürlich kann man fürs Volumen-Styling auch nur die Finger benutzen. Einfach Strähne für Strähne nach oben ziehen und vom Ansatz her trocken föhnen. Zum Schluss die Frisur mit kalter Luft fixieren oder mit Bürste oder Lockenwickler im Haar kurz auskühlen lassen. Um mehr Stand in den Pony zu bekommen, kann man ihn mit etwas Styling-Lotion einnebeln, dann die Haare seitlich mit ein paar Haarklammern feststecken und trocken föhnen. Ein guter Trick ist es auch, die Scheitelseite öfter zu variieren. Damit auf Dauer nichts platt liegen kann.
Auch langes Haar kann tolles Volumen haben. Der Trick ist ein exakter Stufenschnitt: Die obere Partie ist bis zum Kinn gleich lang, nur der hintere Nacken und die Seiten sind stufig geschnitten. Fürs Styling zunächst eine pflegende Volumen-Emulsion ins feuchte Haar massieren. Einen tiefen Scheitel ziehen und die oberen Deckhaare mit Rundbürste oder Lockenstab bauchig nach innen föhnen. Danach etwas Styling-Creme in die Haarenden geben und der unteren Partie eine leichte Außenwelle verpassen. Seiten mit den Fingern fransig zupfen. Spitzen und Pony mit etwas Haarspray fixieren.
Ganz lässig und schnell gemacht ist dieser stark durchgestufte Kurzhaarschnitt mit längerem Deckhaar. Dafür werden die handtuchtrockenen Haare über Kopf geföhnt. Am Haaransatz starten und einzelne Partien gegen die Wuchsrichtung mit den Fingern vom Kopf wegziehen. Föhn dabei auf Abstand halten (mindestens 15 bis 20 Zentimeter). Anschließend Haarspray oder einen Ansatz-Lifter in die Haare sprühen (am besten auch kopfüber), kurz antrocknen lassen. Die Frisur mit den Fingern zurechtzupfen, mit Glanzcreme eine leichte Struktur in die Spitzen geben und einige davon nach außen ziehen.
Damit die durchgestuften Seitenpartien einen schönen Schwung nach vorn bekommen, Volumenschaum ins feuchte Haar geben und kopfüber trocken föhnen. Zum Schluss Strähne für Strähne mit einer möglichst großen Rundbürste eindrehen, kurz anföhnen und auskühlen lassen. Eine Miniportion Gloss-Serum in die Enden geben.
Ein paar leichte Stufen bringen die Naturwelle schön zur Geltung. Noch besser springen die Locken, wenn Volumen- oder Lockenschaum in die Seiten geknetet wird. Die Haare vorsichtig mit einem Föhn plus Diffusor-Aufsatz trocknen, damit viel lauwarme Luft an die Ansätze kommt. Per Hand die Partie um den Scheitel herum glatt streichen.
Beim Styling gilt immer: "Weniger ist mehr." Benutzt man ständig zu viele Produkte, können sich mit der Zeit Reste am Haar anlagern, die es stumpf und schwer machen, im Fachjargon "Build-up-Effekt" genannt (um sie zu entfernen, ein paar Tage auf Schaum, Spülungen und Co verzichten oder ein Peeling-Shampoo benutzen). Am besten ausprobieren, was dem eigenen Haar auf Dauer gut bekommt. Meist reichen ein mildes Shampoo, dazu ein Pflege- und ein Styling-Produkt.
Haare werden mit den Jahren dünner – Volumen ist gefragt. Wer unter Haarverlust leidet, kann mit unseren Tipps sofort gegensteuern: Die besten Tipps gegen Haarausfall.