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Kochen im Palast

Wer thailändisch kochen lernen möchte, sollte auf alles gefasst sein. Das gilt auch für die Kochkurse im luxuriösen "Oriental Hotel" in Chiang Mai.

32º Celsius im Schatten. Mein Hemd klebt. Um mich herum explodieren Farben, Lärm und vor allem Gerüche. Papayas, Mangos, Pfeffer - fruchtige Aromen mischen sich mit Fisch und dem Duft von Gebratenem. Dieser Markt überfordert mich. Für einen Moment weiß ich nicht, wo ich zuerst hinsehen soll, dann entdecke ich den Frosch. Er ist giftgrün, mit schönen goldenen Augen und ungefähr so groß wie zwei geballte Fäuste. Hüpfend wagt er einen letzten Fluchtversuch und landet in einem blauen Plastiksieb bei seinen Artgenossen.

"Werden die gegessen?", frage ich zaghaft, und Ann nickt begeistert. "Nur die Beine", verrät sie, "der Rest ist zu knochig."

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Annchalee, kurz Ann, ist meine Kochlehrerin, eine junge Frau mit strahlendem Lächeln, der man ihre Leidenschaft fürs Kochen anmerkt. Schon als Kind hat sie im Restaurant ihrer Eltern ausgeholfen und später ihr Englischstudium an den Nagel gehängt, um an den Herd zurückzukehren. Jetzt bringt sie ahnungslosen "Farang", so nennen Thais die Ausländer, in der "Oriental Culinary Academy" die Feinheiten der thailändischen Küche nahe. Natürlich habe ich schon mal eine Tom Kha Gai oder ein Curry gegessen, aber wie die exotischen Gewürze verwendet und die Marinaden zubereitet werden, weiß ich nicht so genau. Schließlich ist jede thailändische Mahlzeit ein Balanceakt zwischen ganz eigenen Geschmacksrichtungen: Die Currys zum Beispiel sind säuerlich und cremig-süß zugleich, abgeschmeckt mit saurer Tamarinde, Kokosmilch, feurigen Chilis und einer Handvoll Basilikum, Koriander und Minze.

Wo könnte man die Kunst, so etwas zu kochen, besser lernen als im legendären "Oriental Hotel"? Für Asienliebhaber hat der Name einen fast magischen Klang. Schließlich pflegten im Stammhaus in Bangkok nicht nur literarische Größen wie Graham Greene oder Somerset Maugham zu logieren, sondern auch so ziemlich alle Filmstars dieser Welt. Allerdings findet mein Kochkurs nicht in Bangkok statt, sondern im Schwester-Hotel in Chiang Mai im Norden Thailands.

Eine Viertelstunde braucht das Taxi vom Flughafen auf der staubigen Landstraße, dann überqueren wir einen schmalen Flusslauf. Hier rechnet man mit allem Möglichen, aber nicht mit einem Märchenschloss. Das "Mandarin Oriental Dhara Dhevi" ist einem burmesischen Palast nachempfunden, allerdings mindestens doppelt so groß. Hier ist alles atemberaubend: von der üppigen Parkanlage bis zu den Villen, die sich um ein Reisfeld gruppieren. Die Bauern, die dort mit einem Büffel auf und ab laufen, tun das wohl eher zur Unterhaltung der Gäste. Dazu flötet eine Landesschönheit, und ich fühle mich wie in einem kostspieligen und ungeheuer geschmackvollen Ausstattungsfilm. Das Verblüffends- te ist allerdings, dass dieses thailändische Neuschwanstein nicht schon seit Jahrhunderten existiert, sondern der Fantasie eines kunstsinnigen Gebrauchtwagenhändlers und eines genial größenwahnsinnigen Architekten entsprungen ist. Auch die Kochschule ist in einem der offenen spitzgiebeligen Teak-Pavillons untergebracht, wie sie die traditionelle Thai-Architektur des Nordens prägen.

Der Kochkurs beginnt mit einem morgendlichen Besuch auf dem Markt, wo wir die Zutaten für unsere Gerichte kaufen und kennen lernen sollen. Ganz so lebhaft wie bei dem Frosch hatte ich mir das allerdings nicht vorgestellt.

Kochlehrerin Ann lächelt mitleidlos weiter, vermutlich lassen ihr selbst kulinarische Herausforderungen wie die frittierten Riesenameisen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die schmecken angeblich knusprig-nussig. Trotzdem mag ich sie nicht probieren. Meine Grenze ist endgültig erreicht, als Ann uns einen Bottich zeigt, in dem Anchovis vor sich hin fermentieren. Daraus wird später Fischsoße gefiltert. Im derzeitigen Verarbeitungszustand riecht die Brühe allerdings - sagen wir mal - ziemlich übel.

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Aber dass man sich nicht immer vom Geruch leiten lassen darf, lerne ich wenig später. Die stachelig- grüne Durian, die in Thailand als Königin der Früchte gilt, hat das Aroma alter Sportsocken. Tatsächlich müffelt sie so penetrant, dass es verboten ist, sie in Hotelzimmern aufzubewahren oder im Flugzeug zu transportieren, und aus diesem Grund gelangt sie auch nur selten nach Europa. Natürlich bin ich es, der probieren muss, nachdem ich schon bei den Ameisen gekniffen habe. Kurz über- lege ich, mir für den Rest des Kochkurses den Ruf eines Weicheis zuzuziehen, aber dann schiebe ich mir beherzt eines der zartgelben Segmente in den Mund. Es zergeht cremig auf meiner Zunge wie eine überreife Avocado. Der Geschmack ist eine kleine Sensation und mit nichts, was ich kenne, vergleichbar. Am ehesten könnte es Vanillepudding mit einem Hauch von Chili und Käse sein. Klingt merkwürdig, schmeckt aber sehr, sehr lecker. "Aroi maak", wie man hier sagt. Für unsere Gerichte hingegen benötigen wir ganz einfache Zutaten wie Rinderfilet, Trauben, Koriander und Knoblauch, den es hier in verschiedensten Sorten gibt. Aber auch bei vertrauten Küchenkräutern wie der Pfefferminze müssen wir umlernen - Geschmack ist von der Erziehung geprägt. Min- ze in Süßspeisen oder Cocktails käme für Asiaten nicht infrage, sie wird in Thailand ausschließlich für herzhafte Gerichte verwendet. Avocados hingegen gelten als süß, ein Avocado-Lassi ist ein erfrischendes Dessert.

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Zurück in unserer schlossartigen Kochschule bekommt jeder Kursteilnehmer seine eigene Wok-Station, dann erklärt Ann die Grundlagen thailändischer Küche: Egal ob Suppe, Curry oder Nudeln - alles bewegt sich zwischen den Koordinaten süß, sauer, salzig und scharf, die in jedem thailändischen Gericht vorkommen, wobei die Thais ihre eigenen Gerichte mit so viel Chi- li würzen, dass man außerhalb von Touristengegenden unbedingt "mai pet", also nicht so scharf, verlangen sollte.

"Klein, aber tödlich", kichert Ann und deutet auf die winzigen grünen Vogelaugen-Chilis. Je kleiner, desto schärfer. Vermutlich kennt sie das Missgeschick, das mich später ereilen wird.

Als Vorübung lernen wir Schnippeln. Zitronengras ist eines meiner liebsten Gewürze, aber bislang war mir nicht klar, welche Teile man benutzt, und daher hatte ich mich aufs Mitkochen der holzigen Stängel beschränkt. Wenn man jedoch die äußeren Lagen abschält und das Innere nur bis zum Ende des purpurfarbenen Ringes aufschneidet, sind die feinen, knackigen Scheiben auch roh sehr aromatisch.

Unser erstes Gericht ist ein Rindfleischsalat mit Trauben. Das Wichtigste dabei ist die scharfe Soße. Sie besteht aus grünen Chilis, Korianderwurzeln, Minzstängeln, Fischsoße, Limettensaft und Zucker und schmeckt auch zu gebratenem Tofu sehr gut. Die Zutaten werden in einem Mörser so lange zerstoßen, bis keine Pflanzenfasern mehr zu sehen sind. Das sieht ganz einfach aus, zumindest bei Ann.

Nach fünf Minuten Armtraining lasse ich mir ein eisgekühltes, nach Orchideen duftendes Handtuch reichen und nehme gern die Hilfe eines Assistenten an, der mir erklärt, während er weitermörsert, dass meine Soße noch lange nicht fein genug ist. Den entscheidenden Fehler begehe ich, als ich mir den Schweiß aus dem Gesicht wische: Mein Auge brennt wie Feuer, und ich bin minutenlang außer Gefecht gesetzt. Wann immer Sie mit Chili hantieren, waschen Sie sich anschließend bloß die Hände!

Als ich mich erholt habe, ist der Rest relativ einfach: Rinderfilet, rare oder medium gebraten, wird in dünne Scheiben geschnitten und mit halbierten und entkernten Trauben, Kaffirlimettenblättern, dem fein geschnittenen Zitronengras sowie der scharfen Soße vermischt, ein paar Minzblätter geben dem Salat eine zusätzliche frische Note. Lauwarm ein perfektes Sommergericht, das man mit Reis servieren kann.

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In den nächsten Tagen lerne ich, dass man für die meisten Thai- Gerichte nicht mehr als acht bis zwölf Minuten braucht. Hat man sich an den Umgang mit ungewohnten Zutaten und Gewürzen erst gewöhnt, ist das Schnippeln und Mörsern das einzig Aufwändige an der Zubereitung.

Hauptsache, man hat das richtige Equipment, da bin ich jetzt ganz Profi. Am Tag vor der Abreise fahre ich auf den Markt und kaufe Spatel, Mörser, Bambuskörbchen, Hackmesser und Schüsseln. Natürlich gibt es die auch zu Hause im Asien-Shop, aber das ist doch etwas anderes. Auch bei den Zutaten kann mir jetzt keiner mehr etwas vormachen: Getrocknete Shrimps, Galgant, gerösteter Miniknoblauch, lila Schalotten und drei Sorten Basilikum sollten den Flug im Koffer unbeschadet überstehen, und nach so perfekten Mangos kann ich in Deutschland lange suchen. Mal sehen, ob der Zoll Schwierigkeiten mit der Durian macht. In mehrere Lagen Plastik verpackt, fällt das Ding hoffentlich nicht auf. Ich rieche jedenfalls nichts. Dann schicke ich meinen Freunden, die mich abholen, eine SMS: "Besorgt bitte Fleisch und Getränke. Den Rest bringe ich mit. Ich koche für euch!"

Thailändisch kochen: Adressen

Oriental Culinary Academy "Mandarin Oriental Dhara Dhevi", Chiang Mai Vormittagskurs mit Marktbesuch: 5000 Baht (ca. 100 Euro) Nachmittagskurs: 3500 Baht (ca. 75 Euro)



The Oriental Thai Cooking School"Mandarin Oriental", Bangkok Vormittagskurs: 4000 Baht (ca. 85 Euro), sechs Vormittage: 20 000 Baht (ca. 420 Euro)

Thailändisch kochen: Rezepte

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Garnelen mit Pfeffersoße

3 Portionen

Soße: 4 Knoblauchzehen, 8 Korianderwurzeln oder 2 cm Galgant, 6 EL Sonnenblumenöl, 150 ml Hühnerbrühe, 1?2 TL gemahlener weißer Pfeffer, 6 EL Pilzsoße (Sojasoße mit Pilzaroma; ersatzweise Sojasoße nehmen und mit gemahlenen getrockneten Steinpilzen aromatisieren), 6 EL Sojasoße, 6 TL Zucker, 2 TL Speisestärke; 9 Riesengarnelen ohne Kopf und Schale, je 50 g Tapioka- und Weizenmehl, Fett zum Frittieren; evtl. Limetten und Pfefferrispen für die Deko Für die Soße: Knoblauch abziehen. Korianderwurzeln schälen oder schaben. Beides im Mörser zerkleinern. In heißem Öl anbraten. Die Hühnerbrühe zugießen und aufkochen. Pfeffer, Pilzsoße, Sojasoße und Zucker zufügen. Speisestärke in etwas Wasser anrühren und die Soße damit binden. Abschmecken. Die Garnelen am Rücken der Länge nach knapp einschneiden und den schwarzen Darmfaden herausziehen. Garnelen in einer Mischung aus den beiden Mehlsorten wälzen und in heißem Fett schwimmend ausbacken. Mit der Soße servieren. Eventuell mit Limettenscheiben und Pfefferrispen dekorieren. Pro Portion ca. 330 kcal, E 20 g, F 19 g, KH 19 g Dazu: Basmati oder Thai-Reis

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Rindfleischsalat mit Trauben und Minze

2 Portionen

2 Scheiben Rinderfilet à 100 g, Salz, frisch gemahlener Pfeffer, 1 EL Öl, 50 g kernlose weiße Trauben, 1 Bund Minze (soll 10 g Minzblätter ergeben), 1 Stange Zitronengras, 2 Kaffirlimettenblätter; Soße: 1 rote Chilischote, 10 g Minzstängel, 3-4 Korianderwurzeln, 2 Knoblauchzehen, 4 TL Fischsoße, 4 TL Limettensaft, 1 TL Zucker, 2 EL Öl

Fleisch mit dem Handballen flach drücken, salzen, pfeffern und im heißen Öl von jeder Seite 2 Minuten braten. Das Fleisch kurz ruhen lassen, damit sich der Fleischsaft sammeln kann, und dann in Scheiben schneiden. Trauben kalt abspülen, von den Rispen pflücken und trocken tupfen. Große Trauben halbieren. Minze kalt abspülen und die Blätter abzupfen. Die Stängel aufheben, die werden später für die Soße gebraucht. Vom Zitronengras die äußeren Blätter entfernen und das Zitronengras sehr fein schneiden. Zitronengras nur bis zum Ende des rötlichen Inneren benutzen. Von den Kaffirlimettenblättern die Blattader entfernen und die Blätter sehr fein schneiden.

Für die Soße: Chili der Länge nach aufschlitzen und die Kerne entfernen. Chilischote sehr fein schneiden. Dabei mit Küchenhandschuhen arbeiten. Minzstängel fein schneiden. Korianderwurzeln schälen oder schaben und fein schneiden. Die sehr fein geschnittenen Zutaten mit zerdrücktem Knoblauch, Fischsoße, Limettensaft, Zucker und Öl vermischen.

Fleisch, Trauben, Minzeblätter, Kaffirlimettenblätter und die Soße vermischen und auf zwei Tellern anrichten. Pro Portion ca. 330 kcal, E 22 g, F 22 g, KH 11 g

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Mangosorbet

6 Kugeln

2 Dosen Mangospalten aus der Dose (Abtropfgewicht 250 g), 150 g Mangosaft aus den Dosen, 2 Limetten, 1 EL Zucker

Mangospalten abtropfen las- sen, Saft dabei auffangen und 150 ml davon abmessen. Mit den abgetropften Mangospalten, Limettensaft und Zucker fein pürieren. In einer Eismaschine 30 Minuten zu Sorbet gefrieren lassen. Eventuell noch für 1-2 Stunden in den Tiefkühler stellen. Oder das Püree in eine flache Metallschale füllen und im Tiefkühler gefrieren lassen, dabei immer wieder mit einer Gabel durchrühren. Sorbet zu Kugeln formen und servieren. Pro Portion ca. 110 kcal, E 0 g, F 0 g, KH 25 g

Text: Martin Schaft Foodfotos: Thomas Neckermann Styling: Meike Graf Produktion: Nicole Müller-Reymann alle anderen Fotos: „Mandarin Oriental“, Chiang Mai

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