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Göttin der Küche

Nigella Lawson ist Englands weiblicher Kultstar in der Küche. Statt braver Schürze trägt sie Dekolleté und flirtet in ihren TV-Shows. Ihr Erfolgsrezept: einfach lustvoll kochen.

BRGITTE-woman.de: Was löst bei Ihnen Kauflust aus? Wann werden Sie so richtig schwach?

Nigella Lawson: Die ganz normalen weiblichen Begehrlichkeiten sind nichts für mich. Zum Beispiel hasse ich es, zum Friseur zu gehen. Wenn es dann doch mal sein muss, verlasse ich den Laden meistens mit nassen Haaren. Mode-Shopping? Ein Albtraum! Bis auf Handtaschen. Die kaufe ich aus einem einzigen Grund: weil sich in ihnen Requisiten für die Küche – meine liebste Beute – nach Hause tragen lassen. Andere Frauen mögen beim Anblick scharfer Manolos durchdrehen, mein Widerstand schwindet beim Anblick scharfer Messer. Aber auch bei schönen Gewürzen, Kochbüchern, feinsten Ölen oder ökologischem Lamm.

BRGITTE-woman.de: Sie sind eine der bekanntesten Köchinnen auf den britischen Inseln, obwohl Sie gar kein eigenes Restaurant führen. Welche Rolle spielen Sie in der Welt der Profis?

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Nigella Lawson: Die einer Hausfrau, die lustvoll kocht, backt und isst. Küchenchefs haben – im Gegensatz zu mir – den Job von der Pike auf gelernt, sie bilden Personal aus, haben enormes Talent.

BRIGITTE-WOMAN.de: <frage name = "BRGITTE-woman.de">Bescheidenheit . . .

Nigella Lawson: . . . ich möchte noch mal betonen: Ich bin keine Expertin. Niemals könnte ich dem Druck standhalten, der entsteht, wenn man eine Restaurantküche leitet. Denn das bedeutet absolute Schwerstarbeit. In diesem Metier gehört es dazu, dass an einem Abend 150 Essen gleichzeitig angerichtet werden und warm auf dem Tisch stehen müssen. Das wäre nichts für mich. Mein Weg zum Erfolg ist ein anderer. Ich bin Autorin, schreibe Kolumnen, Artikel, Bücher.

BRGITTE-woman.de: Und was ist mit Ihrer Karriere als Fernsehköchin?

Nigella Lawson: Meine Tochter Cosima, sie ist gerade 13 geworden, ärgert sich, wenn man in mir nur die Köchin sieht. Sie meint: „Mama, du kochst doch gar nicht professionell, du schreibst nur übers Kochen.“ Zugegeben, in meiner TVShow stehe ich am Herd, aber mehr als lustvolle Küchentipps möchte ich dem Zuschauer gar nicht vermitteln. Sicherlich, da besteht ein Instinkt für das Handwerk, aber die Technik professioneller Köche fehlt mir.

BRGITTE-woman.de: In Ihrer Show geht es entspannt zu. In Restaurantküchen herrscht dagegen oft ein rauer Ton.

Meine Gerichte sollen auch die Seele wärmen.

Nigella Lawson: Ja, der Küchenchef muss den ganzen Tag über Konflikte lösen. So eine Athmosphäre passt nicht zu mir. Während ich koche, sehe ich mich eher als eine Art Friedensstifterin. Meine Gerichte sollen nicht nur den Magen füllen, sondern auch die Seele wärmen.

BRGITTE-woman.de: Bei Ihren Rezepten geizen Sie nicht mit Butter, Sahne und Öl. In Ihrem neuesten Buch „Festessen“ geht es auf jeder Seite genussvoll zu. Wollen Sie die Low- Fat-Kampagne der Medien untergraben, die immer wieder vor gefährlichen Dickmachern warnen?

Nigella Lawson: So einflussreich bin ich sicher nicht. Ich habe nur meine ganz persönliche Meinung zu Fetten. Soll ich etwa einen Geburtstagskuchen backen, der diesem lustfeindlichen Trend entspricht? Der schmeckt doch nicht. Die Leute machen sich was vor. Statt pfundweise künstlich gesüßte Produkte zu essen, sollten sie lieber einen Löffel mehr Butter in den Kuchen geben, das ist zumindest meine Überzeugung. Fett in Maßen ist gut für den Stoffwechsel, die Haut, das Wohlbefinden.

BRGITTE-woman.de: Leider landen bei einigen, die diesen Rat befolgen, unweigerlich gewisse Polster auf den Hüften.

Nigella Lawson: Was die so genannten Dickmacher anbelangt, herrscht absolute Hysterie. Dabei kommt es bei ihrer Verwendung nur auf die Verhältnismäßigkeit an. Wir soll- ten uns mehr Gedanken darüber machen, wie man hochwertige, frische Zutaten bekommt, anstatt ständig Kalorien zu zählen. Ich nehme lieber einen Löffel Sahne zu viel als einen zu wenig. Sonst ist der Frust programmiert. Kochen muss Spaß machen. Essen muss Lust erzeugen.

BRGITTE-woman.de: Wer so schlank und fit ist wie Sie, hat gut reden. . .

Nigella Lawson: Halt! Von schlank kann bei mir nicht die Rede sein, meine Konfektionsgröße ist 42! Ich habe nur das Glück, eine schmale Taille zu besitzen. Der Rest? Na ja, darüber schweigen wir lieber.

Ich fühle mich besser, wenn ich normal esse, statt Salatblätter zu zählen.

BRGITTE-woman.de: Was tragen Sie niemals?

Nigella Lawson: Jeans. Die kommen für mich nicht infrage. Kürzlich las ich in einem Interview mit Liz Hurley, dass sie vor der Entscheidung stand: enge Jeans oder Cookies. Sie wählte Jeans. Was mich erstaunt, denn ich weiß, dass sie sehr gern isst. Aber jeder hat die Wahl. Ich fühle mich besser, wenn ich normal esse, statt Salatblätter zu zählen.

BRGITTE-woman.de: Sie sagten mal, dass Sie als junge Frau Komplexe wegen Ihrer Figur hatten, Sie fühlten sich zu dick. Wie haben Sie diese Einstellung überwunden?

Nigella Lawson: Sehe ich mir Fotos von früher an, finde ich mich gar nicht zu dick. Dass wir uns nicht wohl fühlen, hat meist mehr mit dem Kopf zu tun als mit dem Körper. Meine Eltern trennten sich damals, eine schmerzvolle Zeit begann, jedes Pfund zu viel war ein Desaster für mich. Glücklicherweise half mir mein damaliger Freund aus der seelischen Klemme. Als wir einmal zu einer Party gingen, gefiel ihm ein sehr schlankes Mädchen. Komplexbeladen, wie ich war, reagierte ich eifersüchtig, worauf er sagte: "Nigella, Menschen sind attraktiv oder nicht, das hat nichts mit ihrem Gewicht zu tun." Das hat mir geholfen, zu meiner Figur zu stehen.

BRGITTE-woman.de: Woher kommt Ihre Liebe zum Essen?

Nigella Lawson: Meine Mutter machte eher einen großen Bogen um die Küche – ganz im Gegensatz zu meiner Großmutter. Die ließ mich als Kind in ihre Töpfe gucken, probierte ständig neue Rezepte aus und vermittelte mir beim Zubereiten der Mahlzeiten ein wärmendes Gefühl der Geborgenheit. Das hat mich geprägt.

BRGITTE-woman.de: Ihr Mann und Ihre Kinder bedeuten Ihnen viel. Wie bekommen Sie Familie und Arbeit unter einen Hut?

Nigella Lawson: Man muss Kompromisse machen. Ich denke, wer arbeitet, verheiratet ist und Kinder hat, kann abends eben nicht so häufig unterwegs sein. Außerdem befinde ich persönlich mich in der privilegierten Situation, zu Hause arbeiten zu können. Nur bei den Dreharbeiten für die Kochshows kann ich tagsüber nicht für die Familie sorgen. Letztes Jahr habe ich eine Neun-Wochen-Staffel für Amerika und eine Drei-Wochen-Staffel für England abgedreht, das muss vorläufig reichen.

BRGITTE-woman.de: Als Familienmensch legen Sie großen Wert auf gemeinsame Mahlzeiten. Wie kann das in unserer hektischen Lebenswelt funktionieren?

Nigella Lawson: Man muss sich einfach die Zeit nehmen! Wenn jeder in Eile ist, kommen keine Gespräche mehr zustande, und dann bleibt auch kein Raum mehr für Gefühle. Damit das nicht passiert, stelle ich mich in die Küche und koche: Das entspannt mich, erfrischt und weckt Emotionen! Was sich dann bei Tisch positiv auf meine ganze Familie überträgt.

BRGITTE-woman.de: Stimmt unser Eindruck, dass der Spaß am Kochen und Essen Ihr berufliches Leben ebenso stark beeinflusst wie Ihr privates?

Nigella Lawson: Allerdings! Ich könnte zum Beispiel nie mit einem Mann zusammen sein, der keine Lust am Essen hat. Jemand, der nicht gern isst, hat für mich einfach keine erotische Ausstrahlung.

Interview: Britta Scholz<br/><br/>Foto: Getty Images

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