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Tanja Grandits: Meine wichtigsten Zutaten

Wer Tanja Grandits in ihrem Restaurant im Schweizer Eschikofen besucht, erfährt, warum man Liebe essen kann.

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Alan Parkers Film "Big Night" schließt mit einer Szene, in der sich zwei Brüder, die zusammen ein italienisches Restaurant in den USA betreiben, nach einem Katastrophenabend wieder versöhnen. Ohne Worte. Der eine macht für den anderen nur ein Rührei. Zwischen gelingendem Essen und gelingendem Leben gibt es eine Art Geheimgang. Und oft sind es die einfachen Dinge, die jene geheime Verbindung augenscheinlich machen: der tröstliche Geschmack einer Honigmilch, der selig machende Duft von Zimtsternen, die versöhnliche Milde von Rührei. Die Schweizer Spitzenköchin Tanja Grandits, 37, ist überzeugt von dieser Kraft der einfachen Dinge. Von den Glücksmomenten, die sich in einem einzigen Aroma wie in einem Brennglas bündeln können. Und sie hat ein Kochbuch darüber gemacht. "Meine fröhliche Weltküche" enthält 15 Kapitel, und jedes Kapitel ist einem ihrer Lieblingsaromen gewidmet.

Tanja Grandits: die ungewöhnliche Köchin

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Lieblingsaromen deshalb, weil sie, jedes auf seine Weise, von den Eindrücken erzählen, die ihr Leben begleiteten: Honig, Vanille und Zimt erinnern sie an ihre Jugend auf der schwäbischen Alb, an die himmlische Weihnachtsbäckerei der Mutter, die fürsorglichen Hausmittel der Großmutter, an Tanjas frühe Vorliebe für Duftkerzen und Parfüms. Basilikum, Rose und Lavendel wachsen heute in ihrem Garten im idyllischen Schweizer Dorf Eschikofen. Und wenn sie in lauen Sommernächten das Fenster öffnet, kann sie den Duft der Pflanzen riechen. Intensiviert durch die vom nahen Bodensee feuchte Nachtluft. Der Geschmack von Koriander, Kreuzkümmel, Ingwer und Zitronengras ist verbunden mit ihrer bisher einzigen, aber überaus glücklichen Asienreise nach Vietnam mit Mann und Baby Emma.

Nun wird das Leben jedes großen Kochs von Gewürzen und Aromen begleitet. Wer aber Tanja Grandits und ihren Mann René Graf im Voralpenkanton Thurgau besucht, versteht das Besondere. Die gebürtige Schwäbin, die sich in ihrem Restaurant "Thurtal" 16 von 20 Gault-Millau-Punkten erkocht hat, wirkt mit ihrer zarten Figur, den Mandelaugen, den tiefschwarzen Haaren und der fröhlichen Gelassenheit wie eine Asiatin. Das ist Zufall. Aber ein passender. Denn sie kocht nicht nur, sie lebt auch, als hätte sie die fernöstliche Lehre von der Einheit allen irdischen Seins erfunden. In ihrer Küche verwebt sie asiatische und europäische Einflüsse, harmonisiert mit nahezu buddhistischer Gelassenheit Gegensätze wie scharf und mild, süß und sauer und setzt wohltuende Kontrapunkte durch Aromen.

Zum Beispiel in ihrer Tomaten-Vanille-Cassata oder der lavendelgeräuchterten Entenbrust. Scheinbar triviale Geschmacksnuancen bekommen ihre Einzigartigkeit zurück – und zugleich einen würdigen Platz im kulinarischen Kosmos. Einfach durch Liebe und Präzision. Und so hält Tanja Grandits es mit allem. Mit ihrem Mann René, der als Sous-Chef des Restaurants für die Organisation und die Fleischgerichte zuständig ist, und dem langjährigen Freund und Kollegen Stefan Pfanzelt, der den Service leitet, betreibt sie ihr Restaurant, das direkt an das Wohnhaus der Familie anschließt.

Ein Buch über die wesentlichen Dinge des Lebens

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Von Geburt an dabei ist die dreijährige Tochter, abwechselnd betreut von Mutter, Vater, Freund, Aupair oder dem Restaurantpersonal. Doch, das klappt. Denn es gibt hier keine Konkurrrenz zwischen Beruf und Privatleben, keine Trennung von Freundschaft und Kollegialität, kein eifersüchtiges Verteidigen der Freizeit gegen die Arbeitszeit. Es gibt nur Hingabe an das, was man gerade tut. Der Rest kommt von selbst. Sie habe den ganzen Tag neue Rezepte im Kopf, erzählt Tanja Grandits. Sie denkt darüber nach, wenn sie aufsteht und bevor sie zu Bett geht. Nicht etwa, weil sie nicht abschalten kann. Sondern weil sie es liebt, darüber nachzudenken. "Aroma pur – Meine fröhliche Weltküche" ist deshalb kein Buch über Kräuter und Gewürze, mit denen ein Koch so arbeitet. Sondern ein Buch über die wesentlichen Dinge des Lebens. Und eines über die wichtigste Zutat: die Liebe.

Rezept Honigtomaten und Fenchelsauerkraut

4 Portionen Tomaten: 6 Tomaten, 2 EL Wildblütenhonig, Salz, frisch gemahlener Pfeffer, 2 EL Olivenöl; Fenchelsauerkraut: 2 Fenchelknollen, 1 Knoblauchzehe, 1 Zwiebel, 2 EL Olivenöl, je 1?2 EL Koriander und Kreuzkümmelsamen, 1 Lorbeerblatt, 2 Wacholderbeeren, 5 EL Zitronensaft, 150 ml Gemüsefond; Saiblingsfilets: 4 Saiblingsfilets à etwa 150 g, 100 ml Olivenöl, 4 Zweige Zitronenthymian; Soße: 2 Schalotten, 1?2 Bund Schnittlauch, Fleur de Sel, Zucker, 6 EL Zitronensaft • Für die Tomaten: Backofen auf 100 Grad, Umluft 80 Grad, Gas Stufe 1?2 vorheizen. Tomaten kreuzweise einritzen, 20 Sekunden ins kochende Wasser legen und kalt abspülen. Die Haut abziehen. Von 4 Tomaten den Deckel abschneiden und das Fruchtfleisch herauslöffeln. • 4 Tomaten mit Honig bestreichen, mit Salz und Pfeffer würzen und mit der Öffnung nach unten auf ein Backblech setzen. Tomaten mit 2 EL Olivenöl beträufeln und im Backofen etwa 3 Stunden ziehen lassen. • Für das Fenchelsauerkraut: Fenchelknollen abspülen und den Strunk keilförmig herausschneiden. Fenchel am Stielansatz beginnend fein hobeln. Knoblauch und Zwiebel abziehen und beides fein würfeln. • Olivenöl in einem Topf erhitzen. Fenchel, Zwiebel, Knoblauch und die Gewürze zugeben und einige Minuten dünsten. Zitronensaft und Gemüsefond zugeben und etwa 20 Minuten bei mittlerer Hitze garen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

• Für die Saiblingsfilets: Den Backofen auf 80 Grad, Umluft 60 Grad, Gas Stufe 1?2 vorheizen. Saiblingsfilets abspülen, trocken tupfen, halbieren und in eine ofenfeste Form legen. Mit Olivenöl begießen und mit Thymianzweigen belegen. Im Backofen etwa 10 Minuten garen. Saiblinge herausnehmen. • Für die Soße: Restliche Tomaten in Würfel schneiden. Schalotten abziehen und fein würfeln. Schnittlauch abspülen und in feine Röllchen schneiden. Tomaten- und Schalottenwürfel mit dem Olivenöl der Saiblinge und den Schnittlauchröllchen verrühren. Mit Fleur de Sel, Zucker, frisch gemahlenem Pfeffer und Zitronensaft abschmecken. • Fenchelsauerkraut in die Tomaten füllen. Zusammen mit den Saiblingsfilets und der Soße anrichten. Pro Portion ca. 580 kcal, E 31 g, F 42 g, KH 20 g

Rezept Lavendelgeräucherte Entenbrust mit Glasnudelsalat und Cassis-Coulis

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6 Portionen Entenbrust: 2 Entenbrüste à etwa 350 g, 1 EL grobes Meersalz, 1 EL brauner Zucker, 1 EL getrocknete Lavendelblüten, 1 EL schwarze Tee- blätter, 1 EL Basmati-Reis; Glasnudelsalat: 1 rote Bete (180 g), 20 g frischer Ingwer, 1 Stängel Zitronengras, 100 ml Reisessig, 100 g Zucker, Salz, 100 g Glasnudeln, 1 Limette, 1?2 Bio- Orange, 1 EL Thai-Fischsoße (Asia- Laden), 1 EL gerösteter Sesam, 1 EL schwarzer Sesam, 3 Stängel Koriander; Coulis: 500 g schwarze Johannisbeeren, 3 EL Zucker, 30 g Butter, Salz • Für die Entenbrust: Entenbrüste abspülen, trocken tupfen und Fett abschneiden. Die Haut mit einem scharfen Messer kreuzweise einritzen. Meersalz, Zucker und Lavendelblüten mischen und die Entenbrüste damit einreiben. Zugedeckt im Kühlschrank etwa 24 Stunden ziehen lassen. • Entenbrüste abspülen, trocken tupfen und in einer beschichteten Pfanne bei kleiner Hitze auf der Hautseite etwa 6 Minuten anbraten. Fleisch wenden und weitere 6 Minuten braten. • Teeblätter und Reis in einen Wok geben und die Entenbrüste mit der Hautseite nach unten auf ein Gitter darüberlegen. Wok schließen und erhitzen. Sobald sich Rauch entwickelt, Temperatur reduzieren und etwa 8 Minuten räuchern. Das Fleisch herausnehmen und abkühlen lassen. • Für den Glasnudelsalat: Rote Bete schälen und in feine Streifen schneiden. Ingwer und Zitronengras putzen und in Scheiben schneiden. Rote Bete, Zitronengras- und Ingwerscheiben, Reisessig, Zucker und 100 ml Wasser aufkochen und abkühlen lassen. • Salzwasser aufkochen, vom Herd nehmen und die Glasnudeln darin etwa 3 Minuten ziehen lassen. Glasnudeln in einem Sieb abtropfen lassen und zum Rote-Bete-Sud geben. Limette und Orange heiß abspülen, trocken tupfen und die Schale fein abreiben. Früchte auspressen. Glasnudeln mit Limettenund Orangensaft und -schale, Fischsoße, beiden Sesamsorten und Korianderblättchen vermengen und abschmecken.

• Für die Coulis: Johannisbeeren abspülen. Beeren von den Stängeln streifen und mit 3 EL Wasser und 3 EL Zucker etwa 15 Minuten kochen lassen. Mit dem Stabmixer fein pürieren. Johannisbeerpüree durch ein Sieb streichen, erwärmen und die Butter unterrühren. Mit Salz würzen. • Entenbrüste in Scheiben schneiden und mit dem Glasnudelsalat und der Johannisbeer-Coulis anrichten. Pro Portion ca. 500 kcal, E 23 g, F 26 g, KH 41 g Tipp: So geht die Coulis einfacher: 200 g Johannisbeergelee erwärmen, Butter einrühren und abschmecken.

Rezept Erdbeer-Rosen-Sorbet

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6 Portionen 200 g Zucker, 8 EL Zitronensaft, etwa 8 rote Bio-Rosenblüten; 300 g Erdbeeren, 60 ml Rosenwasser • 200 ml Wasser und Zucker aufkochen, bis sich der Zucker gelöst hat. 4 EL Zitronensaft zugeben. Rosenblütenblätter abzupfen und in das Zuckerwasser geben (eventuell einige zum Garnieren beiseitelegen). Kurz aufkochen und den Sirup durch ein Sieb passieren. Abkühlen lassen. • Erdbeeren abspülen, Stängelansatz entfernen und die Früchte halbieren. Erdbeeren, 300 ml Rosensirup, 4 EL Zitronensaft und Rosenwasser mit dem Schneidstab fein pürieren. • Sorbetmasse in die Eismaschine geben und gefrieren lassen. • Zum Servieren eventuell mit Rosenblütenblättern garnieren. Pro Portion ca. 165 kcal, E 0 g, F 0 g, KH 39 g Tipps: • Einfacher geht’s mit fertigem Rosensirup.• Tanja Grandits reicht zu ihrem Erdbeer-Rosen-Sorbet Rosen-Marshmellows und -Lassi.

Text: Katja Jührend<br/><br/>Fotos: Thomas Neckermann

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