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Urlaub mit den Eltern Ein wunderbares Abenteuer

Mit den Eltern Urlaub machen? Für Antje Wewer war dies 20 Jahre lang nicht vorstellbar. Bis jetzt. Sie fuhr mit Eltern und Bruder durch Südafrika und kam mit einigen Erkenntnissen zurück.

Gleißende Hitze. Unser Auto steht an einer Kreuzung in den Swartbergen. Um uns herum majestätische Berge, die aussehen wie feines Schichtnougat. Mein Bruder Bernd sitzt am Steuer. Ich habe die Karte auf den Knien. Mein Vater döst auf der Rückbank vor sich hin, meine Mutter hyperventiliert. "Wir hätten da vorn links gemusst", ruft sie. Sie will, dass wir zurückfahren. "Ich glaube, wir müssen geradeaus weiter, Mama", sagt mein Bruder. Fünf Tage Südafrika liegen hinter uns. Urlaub mit der ganzen Familie. Vielleicht war es doch keine so gute Idee? Schon die Planung war nicht so einfach. Alles begann ein halbes Jahr zuvor: Weihnachten in einem kleinen Dorf. Frank Sinatra sang "Jingle Bells", und auf dem Tisch lagen Landkarten und eine Liste mit Orten, die meine Mutter sehen möchte. Mein Vater hatte den "Baedeker" gekauft, ich den "Lonely Planet". Wir wollten meinen Bruder besuchen, der derzeit in Durban lebt. Unser Plan: gemeinsam eine Safari machen, im Indischen Ozean schwimmen, Kapstadt anschauen. Unser erster Familienurlaub seit 20 Jahren. Damals saßen wir Kinder auf der Rückbank und aßen Käsebrote, die meine Mutter geschmiert hatte.

Südafrika - Zeit für unvergessliche Momente

Lektionen für den Urlaub mit den Eltern: 1

Wenn man seine eigenen Reiseerfahrungen gemacht hat und weiß, dass man allein zurechtkommt, dann ist die Zeit reif, wieder mit den Eltern in den Urlaub zu fahren.

Die Eltern fliegen früher, weil wir uns bei den Buchungen nicht einig geworden sind. Sie wollen schnell und direkt am Ziel sein, ich dagegen so günstig wie möglich. In Durban kämpfen sie mit der Hitze, also sitzen wir im Schatten unter Palmen, um uns herum blühen Orchideen, wir trinken Pimm's & Lemonade und hören ihre ersten Abenteuer. Der Taxifahrer hat ihnen den doppelten Fahrpreis abgeknöpft, weil sie kaum Englisch sprechen, und meine Mutter hat bei einem Straßenhändler Softeis gekauft. "Mama, spinnst du, wir sind hier nicht an der Adria! Hast du Bauchweh bekommen?", frage ich. Sie schüttelt den Kopf, ich atme auf.

Lektion 2:

Die Rollen werden in der Familie neu verteilt. Plötzlich machen sich die Kinder Sorgen um die Eltern.

Als wir ein kleines Zulu-Dorf besuchen, das in einem staubigen Bergtal in der Provinz Natal liegt, überlässt mein Vater das Fragen mir. Unser Guide Tami führt uns in dieWellblechhütte einerZauberin,in der ein Kräutersud köchelt. Während wir auf sie warten, döse ich auf der Bastmatte ein und belausche im Halbschlaf, wie mein Vater sich mit Tami auf Englisch unterhält. Er kann es also doch, er muss sich nur trauen. Als wir nach Port Elizabeth fliegen, nehmen meinen Eltern zwei Gepäckträger die Koffer ab und bringen sie für ein viel zu hohes Trinkgeld ans Gate. "Euch kann man ja nicht eine Sekunde aus den Augen lassen", rufe ich. Mein Bruder beschwichtigt: "Lass ihnen doch den Spaß, die beiden sind erwachsen, wir können ihnen nicht alles abnehmen."

Lektion 3:

Eltern lassen sich im Urlaub gern mal übervorteilen. Sie kaufen überteuerte Andenken und geben zu viel Trinkgeld. Davon sollte man sich nicht nerven lassen, sondern es als Beitrag zur Völkerverständigung sehen.

Wir beziehen unsere Zimmer auf der "Halstead Farm", zauberhaft versteckt im Hinterland von Port Elizabeth. Rund um das Anwesen wachsen Zitronen und Orangen. Die Räume sind im afrikanischen Stil eingerichtet: dunkles Holz, Moskito-Netz und großes Kudu-Fell auf dem Boden. Ich fühle mich wie Tania Blixen in "Jenseits von Afrika". Meine Mutter weckt mich mit Tee und Biskuit, und bevor ich richtig wach bin, cremt sie mir schon den Rücken mit Sonnenmilch ein. Mütter - sie können nicht anders. Bei der Safari durch den nahe gelegenen Addo Elephant Park erkämpft sie sich im Geländewagen einen der begehrten Außenplätze, damit sie besser fotografieren kann. "Für dich hat sich die Reise doch nur gelohnt, wenn du deinen Freundinnen ein Fotoalbum präsentieren kannst, stimmt's, Mama?", lästert mein Bruder. Plötzlich entdecken wir am Wegesrand Löwen. Sie liegen faul unter einem großen Baum und heben gelangweilt die Köpfe. Obwohl nichts weiter passiert, ist es ein großer Moment: Löwen! Nur drei Meter entfernt! In freier Wildbahn! Ich bin froh, dass wir irgendwann später mal sagen können: "Weißt du noch, damals, als wir diese wunderschönen Löwen in Südafrika gesehen haben?"

Lektion 4:

Reisen mit der Familie ist ein Crashkurs in Rücksichtnehmen, Zurückstecken und Kompromissemachen. Der Lohn: wunderbare intime Momente.

In Plettenberg Bay, dem angeblich schönsten Badeort an der Garden Route, beziehen wir am Keurboom-Strand ein Häuschen. Am Frühstückstisch diskutieren wir, wann wir wo was zu Mittag essen werden. "Bitte, müssen wir das schon jetzt entscheiden?", frage ich genervt. Doch es nutzt nichts, mein Vater besteht auf absoluter Planungssicherheit: "Hab Erbarmen mit mir, ich bin über 70 und brauche meine regelmäßigen Mahlzeiten." Richtig Streit gibt es aber, als wir einkaufen gehen. Ich hätte gern Müsli ohne Zucker, dazu fettarme Milch, mein Bruder lieber welches mit Schokolade. "Ich weigere mich, diesen Diät-Scheiß mitzumachen", sagt Bernd und besteht auf Vollmilch. Meiner Mutter gefällt der Salat nicht, den ich in den Einkaufskorb lege, und an der Kasse kontrolliert sie ihren Bon. Wir Kinder warten auf sie. Plötzlich fühle ich mich, als wäre ich wieder zehn Jahre alt.

Lektion 5:

Essen ist ein heikles Thema. Obwohl wir eine Familie sind, hat jeder seinen eigenen Geschmack und Rhythmus. Deswegen: Streit auf leeren Magen unbedingt vermeiden.

Auf dem Weg nach Robberg Island, mit seinen zerklüfteten Felsen, Wanderdünen und einsamen Buchten der schönste Nationalpark in der Plettenberg Bay, halten wir mal wieder bei einer "Tourist Information". Meine Mutter sammelt Prospekte wie andere Leute Streichholzschachteln. Wir Kinder murren, der Vater sagt: "Gewöhnt euch endlich daran, wir reisen im Zeichen der Schnecke." Als wir an der Steilküste entlanglaufen, muss ich immer mal wieder meinen Vater stützen, damit er sich sicherer fühlt. Momente, in denen ich realisiere, dass er tatsächlich älter geworden ist. Es fängt an zu regnen. Wir holen die Regenjacken raus und laufen weiter. Vier Stunden lang. Und sind glücklich - alle.

Lektion 6:

Bei den üblichen Kurzbesuchen bleibt vieles verborgen. Die gemeinsame Zeit nutzen, um Fragen zu stellen und Themen zu besprechen, die jede Familie mit sich herumträgt. Das geht nun mal am besten beim Wandern, Schwimmen, gemeinsam am Meer sitzen.

Angeblich soll Victoria Bay der Hot Spot für Surfer an der Garden Route sein. Die erste Enttäuschung: Die Bucht ist viel kleiner, als wir erwartet haben. Die zweite: ein Dutzend Schilder, die auf Africaans mitteilen, dass Rasen und Felsen nicht betreten werden dürfen. Im Vorgarten des reservierten Bed&Breakfast stehen Gartenzwerge. Für meinen Bruder und mich ist sofort klar: Hier bleiben wir auf keinen Fall. Nur: Wie bringen wir die spontane Änderung unseren Eltern bei? Der erste Impuls meines Vaters: "Lasst uns bleiben, schließlich haben wir reserviert." Dann gibt er zu, dass ihm die Bucht auch nicht gefällt. Fünf Minuten später sitzen wir wieder im Auto.

Lektion 7:

Niemals die Flexibilität der eigenen Eltern unterschätzen. Sie sind durchaus für Planänderungen zu haben, wenn die Kinder die Organisation übernehmen.

Die Fahrt durch die "Große Karoo" startet in dem winzigen Örtchen Prince Albert, in dem sich ein Dutzend Künstler und Kreative niedergelassen haben. Der Weg in die Winelands scheint sich ewig zu ziehen. Draußen fliegt die Wüste vorbei, ab und zu blickt uns ein Vogel Strauß hinterher. Als wir unser Bed & Breakfast in Paarl erreichen, sind wir verschwitzt und müde. Die Gastgeberin Janet serviert am Pool Gurken-Sandwiches und Tee. Alle vier wollen wir dasselbe: ausruhen. Später, bei der Weinprobe, sitzen wir auf weißen Stühlen unter einer alten Eiche. Vor uns sieben verschiedene Weinsorten, die mein Vater ausgesucht hat. Er ist in seinem Element, erklärt, wie man Wein testet: erst schauen, dann riechen und zum Schluss schmecken.

Schließlich Kapstadt. Unser letzter gemeinsamer Tag. Wir halten bei einem der Straßenmärkte. Meine Mutter kauft im Alleingang ein Dutzend geschnitzter Salatbestecke. Mit ein paar Brocken Englisch und Zeichensprache handelt sie einen sensationellen Schnäppchenpreis aus. "Ich glaube, wir können die beiden ein paar Tage allein lassen, oder?", fragt mein Bruder. Am Muizenberg-Strand steigt mein Bruder aufs Surfbrett, und der Rest der Familie sieht ihm zu. Kurz bevor die Sonne im Atlantik versinkt, gehen wir schwimmen und lassen uns am Strand vom Wind trocknen. Wir schauen aufs Meer und schweigen zusammen.

Service Südafrika

Beste Reisezeit November, Februar, März, April, Mai. Hochsommer ist im Dezember und Januar, dann ist es sehr voll.

Anreise South African Airways (SAA) fliegt z. B. täglich von München nach Johannesburg, ab ca. 880 Euro, sowie von Frankfurt nach Kapstadt ab ca. 870 Euro (www.flysaa.com). Anschlussflüge nach Durban ca. 60-100 Euro.

Unterkünfte Bisher gibt es den sehr guten Bed&Breakfast- Guide "The Greenwood Guide to South Africa" nur auf Englisch, alle Unterkünfte sind getestet und werden aktualisiert (www.greenwoodguides.com). Z. B. Halstead Farm. Colonial African Lodge in der Nähe des Addo-Elephant-Nationalparks, Tel. 00 27/42/233 01 14, www.halsteadfarm.com, DZ ab ca. 60 Euro. Wilderness Manor, Guest House an der Garden Route, P.O. Box 484, Wilderness 6560, 397 Waterside Road, Tel. 00 27/ 44/877 02 64, www.manor.co.za, DZ ab ca. 60 Euro. Dennehof Karoo Guest House, Prince Albert nahe den Swartbergen, Tel. 00 27/ 23/541 12 27, www.dennehof.co. za, DZ ab ca. 60 Euro. Cheviot Place Guest House, zentral gelegen, 18 Cheviot Place, Green Point, Kapstadt 8005, Tel. 00 27/ 21/439 37 41, www.cheviotplace.co.za, DZ ab ca. 55 Euro.

Lesen Merian Reiseführer "Südafrika" für individuelle Entdeckungen (27,95 Euro).

Info South African Tourism, Friedensstraße 6-10, 60311 Frankfurt/ M., Tel. 069/929 12 90, Fax 28 09 50, www.southafrica.net

Text: Anjte Wewer Fotos: Brita Sönnichsen

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