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Gelassen altern: Schön, stark & entspannt

Jung bleiben und trotzdem gelassen altern, sich wohl fühlen, gesund und fit sein, ohne große Anstrengung, mit Freude und Genuss. Kann das gelingen?
Diese Frau nimmt das Altern gelassen
Diese Frau nimmt das Altern gelassen
© Getty Images/Thinkstock

Ich habe die beste Yoga-Lehrerin der Welt. Ihr weisester Rat lautet: "Hör auf, wenn du nicht mehr kannst." Ich finde diesen Satz nahezu betörend. Mitten in der Heldenstellung - dem "Krieger" - stehend, wackelig, japsend, verzweifelt. Und dann die Erlösung, dieses Nachgeben. Ein K. o. - eins zu null für meinen Körper. Er war einfach stärker als mein verdammter Wille. Toll.

Warum mir das gefällt? Weil ich einen Kampf fechte, der einfach schwer zu gewinnen ist: Ich möchte frisch und sehnig, gelenkig und fest bleiben. Jung und hüpfend. Aber ich möchte dafür nicht meinen inneren Schweinehund hergeben, sprich das seltsame Tier, das schon bei kleinsten Anstrengungen aus ungeahnten Tiefen heraus knurrt: "Mach dich locker! Faul sein ist wunderschön. Wo ist die nächste Hängematte?"

Was ich hasse, sind Menschen wie Tracy Anderson, also gemeine, unerbittliche US-Fitnessgurus, die armen Stars wie Gwyneth Paltrow und Madonna wochenlange Folter angedeihen lassen, damit diese mit gemeißelten Waden oder unwirklichen Bauchmuskeln unser schlechtes Gewissen hochpegeln.

Ich bin jetzt gut 40, und ich mag mich. Dass ich angefangen habe, mich in meinem Körper wohl zu fühlen, ist aber noch gar nicht so lange her. Mit 20, aber auch 30 habe ich mich eher unwohl in meiner Haut gefühlt: gehemmt, unsexy, nicht erwachsen. Vielleicht bin ich ein Spätzünder, aber ich finde, es dauert einfach, bis man sein eigenes Fleisch und Blut zu schätzen lernt. Und dann kommen diese Jahreszahlen mit der vier davor und mit ihnen der Gedanke: "Mist, jetzt geht es schon wieder bergab." Was bedeutet: Ich müsste unbedingt gegensteuern. Aber nicht zu jedem Preis. Nicht zu dem Preis, dass ich meinen Seelenfrieden verkaufe. Das Leben ist doch schon anstrengend genug.

Ich weiß, müsste ich nach dem Sport vor Erschöpfung kotzen oder dächte ich eine Sekunde über Fettabsaugen nach, dann würde ich mich wirklich schwach und irrsinnig alt fühlen. Unvermögend und dumm. Ich habe nicht die Zeit und nicht das Geld und eigentlich noch nicht einmal die Lust, mich auf perfekt und makellos zu trimmen. Ich grinse heimlich über Frauen, die ein Jahr lang den absolut korrekten Schulterstand proben. Mir ist das zu verbissen. Irgendwie lebensverachtend. Und doch trage ich das Bild von meiner sich elegant in die Kurve lehnenden (wenn auch in die Jahre kommenden) Jugend in mir. Es ist sogar ein richtiges Leuchtfeuer. Scheucht mich los, jagt mich hoch. Und bringt mich immer wieder dazu, waghalsige Dinge auszuprobieren.

Man konnte mich schon dabei beobachten, wie ich mir zwei Stunden lang von einer eloquenten Beauty-Verkäuferin die Errungenschaften brasilianischer Hightech-Dermatologen vorbeten ließ, um mir anschließend für mehrere hundert Euro alleskönnerische Mikropartikel in einer Supercreme zu kaufen. Ich, die ich jahrzehntelang jedes Cremetöpfchen über 30 Euro auslachte. Gebracht hat's eh nichts: Plötzlich waren mir die tiefer gelegten Nasolabialfalten egal, weil in ihrer Region dank der neuen Supercreme nun ein munterer Hefepilz umhersprang. Dann greife ich lieber doch wieder zur Drogerie-Lotion, in Bioqualität, für 4,95 Euro.

Ich reiße mir oft voller Tatendrang aus Zeitschriften Gymnastikanleitungen heraus, um schließlich an der Komplexität der Abläufe zu scheitern. Ich habe Meditationskurse besucht, um meinen Körper von innen heraus zu stählen, habe Vitamin-Supplement-Kuren gemacht, gesunde Kräuter abonniert, eine winzige Epoche lang morgens um sieben im Schwimmbad eisige Bahnen gezogen. Und bei allem immer wieder ganz stark nachgelassen. Wie gesagt, ein ewiger Kampf. Bis mir schwante: Lass es oder mach halblang. Ich war glücklich, als eine Freundin ob meiner Klagen über meine Fältchen konterte: "Vergiss diesen Schönheitswahnsinn. Du siehst gut aus, wenn es dir gutgeht."

Tun und Lassen - eine tolle Mixtur

Und beherzige den lässigen Rat des wunderschönen Models Iman (über 50) an alle, die mit Botox und Hyaluronsäure liebäugeln: "Legt doch einfach mal fünf Kilo zu. Dann gibt's auch keine Falten." Ich schlucke keine teuren Vitamine mehr (wahrscheinlich eh Humbug), lieber brühe ich mir einen Tee aus frischem Ingwer und Zitrone auf. Aber ohne Plan, einfach nach Lust und Laune. Nur mein wöchentliches Yoga-Date halte ich ein, auch wenn es mich oft Überwindung kostet. Aber wenn ich dort bin und in meinen eigenen Fluss komme, fühle ich mich manchmal so high, als hätte ich Drogen genommen.

Es ist diese wundersame Mixtur aus Tun und Lassen. Aus Über-sich-Hinauswachsen und Schlappmachen, wenn es sein muss. Das macht mich jung. Ich galoppiere mit meinen Söhnen durch den Park, weil wir drei uns dabei froh und glücklich fühlen. Ich lasse mich zu einem Tischtennismatch überreden, auch wenn ich gerade auf off gestellt bin. Ich treffe eine Freundin und schwitze und schnaufe mit ihr bei einem inspirierenden Gespräch. Ich bleibe in Bewegung. Fasziniert hat mich die Idee des amerikanischen Mediziners David Agus: gleichsam tänzelnd durchs Leben zu gehen, mit Swing.

Nicht fünf Stunden am Laptop hocken, sondern zwischendurch um den Block sprinten, beim Telefonieren durch die Wohnung oder das Büro traben, jeden Aufzug missachten. Ich kenne längst die schlichte Köstlichkeit des Treppensteigens. Und ich habe meinen eigenen Gymnastikzyklus entwickelt - ich starte immer mit der Übung, die mir genau jetzt Laune macht, und dann frage ich meine Beine, meinen Bauch, meine Arme: Worauf habt ihr jetzt Lust? Ein irres Workout. Nicht immer. Aber immer wieder.

Text: Nadja Elsen BRIGITTE WOMAN 06/2013

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