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Viel mehr Gefühl als ihr denkt!

Mann hält Blumenstrauß hinter dem Rücken
© VGstockstudio / Shutterstock
Was zeichnet romantische Männer aus? Herzenswärme, Humor, Einfühlungsvermögen? Jein. Der wahre Romantiker weiß, welche Filme man sich mit seiner Liebsten anschauen sollte - und welche nicht.

Die Wahrheit ist, dass in jedem Mann ein Romantiker wohnt.

Es war ein Fehler von Robert De Niro als "Taxidriver", dass er seine Angebetete beim ersten Rendezvous in ein Pornokino einlud, genauso wenig wird ein Mann eine Frau bezaubern, wenn er sich zum Kennenlernen so etwas wie "Ein Zombie hing am Glockenseil" mit ihr ansehen will. Schon eher entsteht Nähe beim gemeinsamen Kochen, danach auf DVD "Das große Fressen" anschauen, mehr Sinnlichkeit geht kaum, aber der sicherste Anfang ist immer noch der Liebesfilm - gern mit einigen Erotikszenen, das erhöht den Reiz für die Frau und den Mann, die vielleicht bald ein Paar sind. Durch seine Bereitschaft, einen Liebesfilm zu gucken, soll sie in ihm bereits den Romantiker erkennen, obwohl ein echter Romantiker doch eigentlich ein bisschen mehr bieten müsste, um sich dieses Prädikat zu verdienen.

Bei mir kommt die Romantik aus der Tiefe des Herzens; die arrangierte Romantik, von der sich viele Frauen täuschen lassen, hat kaum einen Wert, und ich betrachte sie als meinen Feind. Die Wahrheit ist, dass in jedem Mann ein Romantiker wohnt, aber die meisten Männer wissen das gar nicht und können ihn deshalb nicht rauslassen. Etliche Männer im Männlichkeitswahn schämen sich ihrer romantischen Tendenzen, wollen nicht darüber sprechen und verleumden das Romantische als Mädchenkram: Sie sind gefangen in dem Irrtum, die Frau an sich bevorzuge einen Sexualartisten und Versorger mit Realitätssinn und keinen Schwärmer, der die Natur verherrlicht, gern unter einem Baum sitzt und seufzt, weil ihn die Melancholie anweht und er sich Gedanken darüber macht, wie lange das Bächlein noch fließt und ob im Walde das Reh schon schläft.

Der Geheimrat Goethe, unser Nationalmacho, zeigte diese Ignoranz, indem er 1829 verkündete, die Klassik (also er und sein Kumpel Schiller) sei das Gesunde, die Romantik jedoch das Kranke. Die Missverständnisse über die Romantik und der Verrat an ihr ziehen sich durch die Epochen, seit sich das Romantische in der Literatur, Musik und Malerei auszudrücken begann. Der Franzose Gustave Flaubert beispielsweise war zuerst ein Romantiker, bedauerte das später, wandelte sich zum Realisten und schrieb sein Buch "Madame Bovary" über Emma, die unbedingt eine Romantikerin sein will, sich aber in Gefühligkeit und Hysterie flüchtet (am Ende hat sie sich und ihren Ehemann ruiniert).

Geheimrat Goethe verkündete, die Romantik sei das Kranke.

Kürzlich, also zwei Jahrhunderte nach Flaubert und Emma, meinten die Manager eines Hamburger Einkaufszentrums, zum Jubiläum sollten sie ihre Kunden mit einer "Romantiknacht" verwöhnen, also durften sich die Leute im Halbdunkel ein paar Stücke von Bach, Mozart, Vivaldi und Haydn anhören: Diese vier Komponisten fühlten zwar viel, aber Romantiker war keiner von ihnen. Im Dienste der Romantik stellen Spezialhotels den Verliebten eine Kerze, eine halbe Flasche Champagner und ein Kuschelkissen ins Zimmer - soll das im Ernst romantisch sein?

Keine Romantik, sondern ein weiterer Abklatsch davon, ist es, wenn ein Chris de Burgh vor Verzückung die Augen schließt, während er auf der Konzertbühne seine Schnulzen singt und die Fans ihre Feuerzeuge oder Taschenlampen schwenken. Wir echten Romantiker aber sind Einzelmenschen und verabscheuen diesen Gruppenzwang, die Leere der Gesten beleidigt das Wesen der Romantik. Wir echten Romantiker erlauben uns die Romantik nicht als Laune oder Mode: Wir sind immer romantisch, das ist unser Schicksal. Unsere Schwermut verbindet sich mit Leidenschaft, Abenteuerlust und Sehnsucht, die sich niemals erfüllen wird.

Wir sind Hauptdarsteller in einem Märchen.

Der Durchschnittsmann im Westen denkt ungefähr zweihundertmal am Tag an Geschlechtsverkehr, wir Romantiker ahnen öfter noch das Jenseits. Wir feiern und verklären nicht die Sonne, sondern den Mond; der Dichter Novalis dichtete seine "Hymnen an die Nacht", es widerstrebte ihm, den Mittag zu loben. John Keats aus England verfasste die "Ode an eine Nachtigall", ein anderer Vogel kommt für uns Romantiker gar nicht infrage.

Romantische Männer haben keinen One-Night-Stand

Das Nachtblau bleibt unsere Farbe, wir haben keinen One-Night-Stand, wir verschwenden uns in Romanzen. Aus der Welt fliehen wir ins Unendliche, unsere Einbildungskraft quält und adelt uns. Wehe, wie unsere Seele schmerzt! Wir weinen still und verbergen nicht unsere Tränen, wenn etwas besonders Schönes oder Trauriges geschieht. Ja, wir haben Humor, wollen die Heiterkeit aber nicht übertreiben. Mit jedem Jahr sind wir noch mehr Romantiker, denn das Alter bringt Demut und die Poesie des Abschieds, während die Jugend ihr Recht auf Arroganz genießt.

Wir träumen das Leben, sind frei und akzeptieren keine Grenzen; wir sind Hauptdarsteller in einem Märchen, und die Logik bedeutet uns nichts. Die ganze Welt möchten wir mit Romantik anstecken, das ist unser Ehrgeiz. Ach, ihr Frauen, liebet uns Männer, die das Unerreichbare zu berühren versuchen und euch die blaue Rose pflücken wollen!

Text: Uwe Kopf Foto: iStockphoto.com

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