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Muss ich seine Parallelfamilie dulden?

Den Ehebruch konnte Sabine (36) verzeihen. Doch ihr Mann bekam mit dieser Frau auch einen Sohn. Das belastet die Beziehung zusehends.

Wir sind vor einem Jahr nach einer tiefen Krise wieder zusammengezogen. Ich wollte versuchen, über mich hinauszuwachsen, ihm wieder zu vertrauen: nachdem er mir gebeichtet hatte, dass er mit einer anderen während unserer Ehe ein Kind bekommen hat. Der Junge ist inzwischen acht Jahre alt und hängt sehr an seinem Papa, der versucht, so oft wie möglich bei ihm zu sein. Die dazu gehörige Mutter liebt er angeblich schon längst nicht mehr. Denn er liebt mich. Und so dachte ich, ich könnte verzeihen. Und wir könnten unsere Ehe weiter führen, nur besser, ehrlicher. Aber es ist die Hölle für mich.

Liebe soll uns stärken, nicht schwächen.

Ein Jahr lang habe ich die Minuten gezählt, die er bei seinem außerehelichen Sohn war, habe Bilder verscheucht, wie er mit ihm spielt und sie, die Mutter, selig zuschaut, wie sie vielleicht zu dritt am Esstisch sitzen. Wenn er nach Hause kam, eine halbe Stunde zu spät und keinen Hunger hatte, habe ich Panik gekriegt: die haben doch immer noch ein heimliches Familienleben! Ich fing an, zu spionieren, aber das Schlimmste: ich wartete immer. Ich hatte Angst vor den Ferien, weil er mit dem Sohn auf Zelttour gehen wollte – war sie vielleicht dabei? Was wusste ich denn? Das Schlimme war: ich gönnte dem Kind ja den Vater. Wir haben doch selbst einen Sohn. Und ich mag an meinem Mann besonders, wie er als Vater ist. Er liebt Kinder. Natürlich besonders die eigenen. Nur: Hier bin ich ausgeschlossen. Und er tut nichts, um eine Annäherung zu schaffen, den Kleinen mal mitzubringen. Unser Großer hat seinen Halbbruder längst kennen gelernt. Manchmal gehen sie zu dritt in den Zoo. Ich stelle mir vor, die andere Mutter ist dabei – nur ich nicht. Wenn ich über meine Angst spreche, beteuert er mir seine Liebe. Andererseits: Als er mich betrogen hat, war ihm auch nichts anzumerken. Kann man ihm denn noch glauben?

Neulich war ein Punkt erreicht, an dem ich dachte, wir müssen uns trennen, er muss aus meinem Leben verschwinden. Meine Schwiegermutter war zum Abendessen bei ihrem Zweitenkel, natürlich hat sie auch die Mutter kennen gelernt. Und unser Sohn war auch dabei. Ich fühlte mich so allein gelassen, so verraten. Ich zwang ihn, alle Details zu erzählen, und wusste noch immer nicht, ob es wahr ist, was er sagt. Ein anderes Mal habe ich von Freunden erfahren, dass sie ihn mit einem kleinen Jungen und einer Frau in der Eisdiele gesehen haben. Ich wusste nichts von dem Treffen, ich hatte Spätschicht und kam sowieso erst um neun nach Hause. Als ich ihn fragte, wie sein Tag war, sagte er nur: Normal. Nun denke ich, es gibt einiges, was ich nicht weiß, nicht wissen soll. Vielleicht, weil er meine Eifersucht fürchtet, vielleicht aber auch, weil ich echten Grund habe, eifersüchtig zu sein.

Inzwischen bin ich eine Frau geworden, die ich selbst nicht mag: Kleinlich, ängstlich, misstrauisch, eifersüchtig. Meine Freundin sagt, eine Liebe soll uns stärken, nicht schwächen. Ich soll ihn rausschmeißen. Wieder zu mir kommen. Sehen, wie er sich verhält, ob er um mich kämpft. Aber ich will kein Spielchen spielen. Wenn ich ihn weg schicke, dann meine ich es auch ernst. Aber ich habe totale Angst davor...

Protokoll: Katrin Kruse Foto: Getty Images

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