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Sex - wie ging das noch? 4 Frauen über ihr zweites erstes Mal

Sex nach langjähriger Beziehung
© Teerawit Chankowet / Shutterstock
Die Trennung vom langjährigen Partner ist eine Weile her, der letzte Sex erst recht. Und dann ist da plötzlich ein neuer Mann und die bange Frage: Wie werde ich mich im Bett anstellen? Vier Frauen erzählen.
Text: Silke R. Plagge

Am 28. Dezember 1987 schrieb ich in mein Tagebuch:

"Morgen fahre ich zu ihm. Bin so aufgeregt. Ob ich das alles richtig mache? Wird es die Nacht? Ob er mich wirklich gut findet???"

Die drei fetten Fragezeichen in Lila. Rote Herzen dahinter. Damals war ich 18 und sehr aufgeregt, weil ich am nächsten Tag in den Zug steigen und zu einen 21-jährigen Studenten fahren würde, den ich auf einer Feier kennengelernt hatte.

Heute bin ich 47, aber meine Gedanken sind fast die gleichen: weil ich auch jetzt wieder jemanden besuchen werde. Einen Mann, der mir durch Zufall begegnet war. Erste Treffen mit Schmetterlingen. Nun will er mir ein Wochenende lang seine Heimat zeigen.

Beherrsche ich mit Ende 40 noch das Spiel zwischen Mann und Frau?

Da ist wieder dieses irre Prickeln. Und fast die gleiche große Unsicherheit wie damals: Werde ich alles richtig machen? Bin ich wirklich so weit? Mit einem mir - gerade im Vergleich zu meinem Ex - fast fremden Mann ins Bett zu gehen?

Nein, in gewisser Hinsicht bin ich sogar noch unsicherer: Als ich das erste Mal mit meinem Ex-Mann Sex hatte, war ich eine knackige 27-Jährige. Aber heute? Schwerkraft, Alter und zwei Schwangerschaften haben deutliche Spuren hinterlassen. Möchte ich mich wirklich vor jemandem ausziehen? Und überhaupt, wie ging das noch mal mit diesem Spiel zwischen Mann und Frau? Beherrsche ich das noch nach den 20 Jahren in einer Langzeitbeziehung mit ihren eingespielte Ritualen? Werde ich nach so langer Zeit ganz ohne Sex überhaupt noch - äh - Spaß daran haben? Oder wird das nur verkrampft?

Ich erinnere mich daran, wie ich damals als junge Frau am Tag vor der Verabredung den ganzen Tag am Telefon gehangen und Freundinnen um Tipps gebeten habe. Genau das werde ich wieder tun.

Ich frage also Frauen in meinem Freundeskreis, die ihr zweites erstes Mal schon hinter sich haben, nach ihren Erfahrungen.

Frauke, 49:

"ICH WAR SELBST ÜBERRASCHT VON MEINEM MUT" 
Frauke war 25 Jahre verheiratet. Das zweite erste Mal? Ein Jahr nach der Scheidung.

"Haus am Stadtrand, zwei Kinder, ein fester Job bei der Stadt. Alles war geregelt. Mein Mann und ich kannten uns schon seit der Schulzeit. Er war derjenige, mit dem ich zum ersten Mal schlief. Unser Sex war nach den vielen Jahren so, wie der Rest der Beziehung: langweilig. Alle paar Monate gehörte es irgendwie dazu, aber spannend war das nicht. Wir freuten uns nicht aneinander - wie auch. Wir hatten uns ja auch sonst nichts zu sagen und lebten total unterschiedliche Leben. Als das jüngste Kind mit der Schule fertig war, zog er aus. Ohne Streit.

Meine Single-Freundinnen überredeten mich schließlich, auf die Suche zu gehen

Ich war neugierig. Und ich hatte Lust auf Lust. Dass ich bisher nur mit einem einzigen Mann Sex gehabt hatte, traute ich mich gar nicht zu erzählen. Ja, ich hatte Nachholbedarf. Ich wollte wissen, wie sich andere Männer anfühlen, wollte wissen, wie ich mich dabei fühle.

Ich meldete mich bei einem Portal an, bei dem es ganz klar nur um eines ging. Und verabredete mich. Zu einem Glas Wein und mehr.

Ich war selbst überrascht von meinem Mut. Ich schaffte es nicht nur, mich auf einen anderen einzulassen, ich fand es spannend, etwas Neues auszuprobieren. Lernte Varianten kennen, die es so vorher nie für mich gab. Ich war gar nicht so unsicher, wie ich gedacht hatte.

Vor allem habe ich mich getraut, offen zu reden. Der Typ fand das niedlich, dass er mein "Zweiter" war, und war sehr verständnisvoll und voller Ideen. Das machte es leicht.

Ich traf noch andere Männer, und mittlerweile habe ich wieder einen Freund.

Worauf es ankommt: auf das Miteinanderreden.

Zu erspüren, was mir guttut, und herauszufinden, was der andere möchte. Das ist gar nicht so schwierig. Ich glaube, die Lebenserfahrung macht einiges leichter. Da ist eine andere Erwartungshaltung, nicht so viele Selbstzweifel. Weil ich weiß, was ich mag, wo ich gern berührt werde. Das kann ich genießen. Und Genuss geben. Was ich rate: Unsicherheit ansprechen. Dem anderen wird es auch so gehen. Und selbst Verantwortung für das eigene Gefühl und die eigenen Bedürfnisse übernehmen."

Anne, 55:

"MÄNNER HABEN JA DURCHAUS AUCH LACKSCHÄDEN"
Anne lebte 15 Jahre in einer festen Partnerschaft. 
Das zweite erste Mal? Drei Monate nach dem Auszug ihres Lebensgefährten.

"Mehr als ein Jahr hatte ich gar keinen Sex. Mein Ex und ich lebten wie Bruder und Schwester zusammen. Als er vor acht Jahren auszog, war ich traurig. Aber nicht geschockt.

Wie heißt es: Glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist. Ja, der Mann war eine meiner großen Lieben, und natürlich habe ich nach dem Aus viel nachgedacht. Was will ich wirklich im Leben? Will ich mich noch mal richtig binden?

Ich musste nichts nachholen, das war nicht meine erste Partnerschaft. Aber meine längste, und mein Ex ist der Vater meiner Kinder. Es gab viele Kompromisse, viel "Beziehungsarbeit", und mir wurde klar, dass ich das nicht wieder wollte.

Ich wollte jemanden zum Reden an meiner Seite, mit dem ich lachen kann, gemeinsam Rad fahren kann. Aber keinen Alltag teilen. Nicht wieder mit jemandem zusammenziehen. Ich guckte mich schon um, überlegte mir aber sehr genau, was ein Neuer mitbringen sollte. Ähnliche Interessen, idealerweise auch Kinder, denn nur Väter können verstehen, dass meine beiden Kleinen nun mal immer vorgehen.

Der Neue kennt meinen Mädchenkörper von einst nicht

Nach zwei ersten netten Verabredungen merkte ich, dass das Kennenlernen nicht so einfach ist. Ich wollte keinen, der eine andere Erwartungshaltung hat als ich. Der verzweifelt eine neue große Liebe suchte, etwa noch mal eine Familie gründen wollte.

Ich wusste, was ich wollte - und so jemanden fand ich dann auch tatsächlich. Ein Treffen, ein lustiger Abend, und was dann kam, passierte einfach. Toll war ja - der kannte mich nicht anders. Der verglich meinen Frauenkörper nicht mit meinem Mädchenkörper von einst. Der warf mir meine Kilos nicht vor, sondern nahm mich so hin, wie ich bin. Männer in dem Alter haben ja ebenfalls kleine Lackschäden, das stört mich auch nicht so.

Ich war ehrlich gesagt angenehm erstaunt, dass ich für das Neue empfänglich war. Und den Moment ohne selbstkritische Stimmen genießen konnte. Was wichtig ist: sich vorher über eigene Wünsche und Bedürfnisse klar werden. Was suche ich im anderen? Was möchte ich nicht? Und einfach die Zeit genießen."

Nicole, 51:

"SEX IST WIE FAHRRADFAHREN, MAN VERLERNT ES NICHT"
Nicole war 17 Jahre mit ihrem Ex-Mann zusammen. 
Das zweite erste Mal? Sechs Jahre nach der Trennung.

"Meine reichlich temperamentvolle Beziehung hatte ein sehr hässliches Ende. Sex? Den gab es bis zum Schluss, und das war eher anstrengend. Denn es ging dabei nicht um meine Bedürfnisse. Für mich war das eine eher lästige Pflicht, damit es nicht schon wieder Streit gab.

Nach dem Aus war ich allein für meine drei Kinder verantwortlich und verlor auch noch meinen Job. Eine totale Überlastung und gefühlt keine freie Minute.

Sex war komplett aus meiner Welt verschwunden. Aber so ganz war mein Körper damit nicht einverstanden. Da gab es irgendwann wieder sehr erotische Träume, ich sah Männer, bei deren Anblick ein gewisses Verlangen kam.

Und plötzlich - ein rauschendes Gefühl

Eine Beziehung? Nee, das nicht. Aber schließlich hatte ich doch wieder Lust auf körperliche Nähe. Und traf auf einem Seminar diesen Mann. Es war ein Selbstläufer, es ergab sich einfach. Ich musste nicht nachdenken. Eine Mischung aus perfektem Timing und intellektuell faszinierender Anziehung. Ein rauschendes Gefühl. Der küsste super, roch gut, und so, wie er mich ansah, fühlte ich mich sexy und attraktiv.

Sex kann man nicht verlernen, genau wie Fahrradfahren. Aber das hier war ein Unterschied wie zwischen einem E-Bike und einem Klapprad mit einem Platten. Ich spürte diesen fremden Männerkörper. Der mich im ersten Moment sehr überraschte - weil ich so einen anderen Körperbau gewohnt war.

Seine Berührungen? Anders. Aber genau das war verdammt gut. Er wusste genau, was er tat, und ich auch. Ein lustvolles Erlebnis, genau so, wie es sein sollte. Ich fühlte mich bei diesem zweiten ersten Mal viel sicherer. Je älter ich werde, desto besser ist meine Körperwahrnehmung. Ein Paar wurden wir nicht. Aber diese neue Lust, die hat mir sehr gefallen. Mein Tipp: einfach geschehen lassen. Nichts lässt sich herbeizwingen."

Und was wurde nun aus meinem Date?

Ein paar Tage später habe ich wieder rote Ohren. So viel telefoniert habe ich schon lange nicht mehr. Aber klar - nun möchten die Freundinnen hören, wie es war, dieses Wochenende. Ich grinse. Und bedanke mich. Bei den Frauen, die so offen zu mir waren und deren Tipps halfen.

Weil ich gerade auf Wolken schwebe, erzähle ich gern. Von einer innigen Umarmung, bei der die Zeit stehen blieb und alle Zweifel weg waren. Vom Glück der Augenblicke, die wir beide, der tolle Mann und ich, teilten. Von Nähe und Zärtlichkeit und ziemlich viel Kribbeln. Anders - ja, klar war es das. Weil Erfahrung einiges leichter macht und doch vieles überraschend war: Wie der küssen kann!

Aus BRIGITTE Woman 11 / 2017

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