Was hat ein Roman, der im Original "The Burgess Boys" heißt, in einer Sammlung von Buchheldinnen verloren? Nicht viel auf den ersten Blick, denn die Brüder Jim und Bob stehen tatsächlich im Zentrum des Geschehens um die Burgess-Geschwister. Sehr viel auf den zweiten Blick, denn ihre Schwester Susan wie auch ihre Noch- und Ex-Ehefrauen Helen und Pam sind mehr als nur Nebenfiguren. Alle drei - die alleinerziehende Susan, die überperfekte Helen und die nie wirklich erwachsen gewordene Pam - sind Frauen mittleren Alters, in denen man sich (manchmal eher unfreiwillig) erkennt. Die Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Strout hat ein fast unheimliches psychologisches Gespür für ihre Charaktere, die sie gern in den Kleinstädten Maines verortet. In ihrem neuen Roman lebt nur noch Susan mit Sohn Zachary in Shirley Falls, der Rest bastelt an mehr oder weniger erfolgreichen Karrieren in New York. Die Geschwister treffen sich in Maine wieder, als der 19-jährige Zachary einen Schweinekopf in eine Moschee wirft, in der vor allem somalische Flüchtlinge beten. Eine politisch motivierte Tat? Eher eine ganz normale Familientragödie. (Ü: Sabine Roth und Walter Ahlers, 400 S.,19,99 Euro, Luchterhand)Antje Liebsch