Die Überlebende
Channah Trzebiner: "Die Enkelin oder Wie ich zu Pessach die vier Fragen nicht wusste"
In Channahs Familie wird entweder geschrien oder geschwiegen. Geschrien, wenn es um Unwichtiges geht: Tante Rachel nicht weiß, wo Channah steckt, Opa nicht will, dass Channah sich mit Freundinnen trifft, und Mama nicht glaubt, das Channah eine Suppe aufwärmen kann. Geschwiegen wird, wenn es um Wichtiges geht: die Vergangenheit. Das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte, bei dem Omas Kind in die Flammen geworfen wurde. Großeltern, Tanten, Onkel, Nichten, Neffen, Cousinen und Cousins deportiert und ermordet wurden und aus dem Trzebiner-Clan nur noch wenige, schwer traumatisierte Familienmitglieder übrig blieben. Männer und Frauen, denen die Rückkehr in ein normales Leben niemals gelingen wird. Aber genau das ist es, was die junge Frankfurter Autorin Channah Trzebiner, Jahrgang 1981, will: normal leben, lachen, weinen, Fehler machen, sich aus dem Klammergriff der Familie befreien. Vor allem aber: die Spirale des Schweigens aufbrechen. Nur dann, weiß die "Enkelin" als Vertreterin der dritten Generation, die vom Holocaust betroffen ist, wird sie angstfrei ins Leben starten können. Dieses wunderbare biografische Buch liest sich wie ein Befreiungsschlag, selbst dort, wo einem beim Lesen der Atem stockt. Wo einem Tränen die Wangen herunterlaufen. Vom Lachen und vom Weinen. (242 S., 19,90 Euro, weissbooks)Karin Weber-Duve