Anzeige

Beerenfrüchte, die bunten Kraftpakete

Mit ihnen kommt der Sommer in die Küche. Beerenfrüchte verführen zum Schlemmen - heilsame Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen.

Vertrauensvoll schob sich mein kleines Großstadthändchen in die schrundige Pranke meines Opas. Ein Jäger war er und ein Gärtner. Er sprach mit einem Akzent, der so knorrig klang, wie er selbst tat und nicht war. Mein Opa. Er beugte sich zu mir herab und hielt mir ein kleines Gebilde aus stecknadelkopfgroßen samtigen Noppen entgegen. Neugierig machte ich den Mund auf und kostete die erste Himbeere meines Lebens.

sind das Sinnlichste, das uns die Natur zum Genuss beschert hat. Sie sind klein, knackig, saftig, prickelig, pickelig, ledrig, lecker. Und oft sogar umsonst, denn vielerorts geht man wieder wie früher "in die Beeren", pflückt die Früchte frisch vom Strauch direkt in den Mund. Eine sommerliche Delikatesse mit wertvollen Inhaltsstoffen.

Beerenfrüchte: klein, knackig, saftig, lecker

Schon die beeindruckende Farbvielfalt der verschiedenen Sorten symbolisiert Gesundheit. Von durchsichtigem Beige über Grasgrün und Knallrot bis zu undurchdringlichem violettem Schwarz reicht die Palette. Damit erfüllen Beeren die einfache Formel für gute Ernährung: Je bunter unser Einkaufskorb, je leuchtender die Farben darin, desto ausgewogener ernähren wir uns. Eine Bereicherung unseres Speisezettels sind die prallen Früchte alle.

Ihr Vitamin- und Mineralstoffgehalt ist unbestritten, ihr Anteil an sekundären Pflanzenstoffen hoch. Eine kleine Schüssel Erdbeeren enthält fast so viel Vitamin C wie ein Glas Orangensaft. Ebensolche Vitamin-C-Bomben sind schwarze Johannisbeeren. Ihr frisch gepresster Saft soll das Entzündungsrisiko mildern, das Immunsystem stärken und gegen Arthritis helfen. Himbeeren haben einen hohen Gehalt an Pektin, ernährungsphysiologisch betrachtet ein wertvoller Ballaststoff. Gesund und lecker: Diese Kombination verlockt Interessenverbände dazu, Beeren wahre Wunder anzudichten. So sollen Stachelbeeren beim Abnehmen helfen, Erdbeeren Gedächtnisstörungen verhindern, Brombeeren sollen einen hohen Blutdruck senken und Blaubeeren sogar Krebs bekämpfen...

Bei solchen Behauptungen verdreht Wilhelmina Kalt die Augen. Die promovierte Pflanzenphysiologin forscht im Auftrag der kanadischen Regierung über wilde Blaubeeren, die nicht mit der deutschen Zuchtware zu verwechseln und bei uns tiefgekühlt erhältlich sind. "Tatsache ist", so die Wissenschaftlerin, "dass die hohe Konzentration von Antioxidanzien beispielsweise in der Schale der wilden Blaubeeren freie Radikale bekämpft und effektiven Zellschutz liefert." In ihrer aktuellen Studie aus dem Jahr 2009 konnte sie überdies beweisen, dass der Verzehr von Blaubeeren ergänzend zur normalen Ernährung den Plasmacholesterinspiegel senkt und das Herz-Kreislauf-System stärkt.

Allerdings: Die Beerenmengen, die wir dafür essen müssen, sind nicht unerheblich. 300 Gramm wilde Blaubeeren pro Tag wären für Wilhelmina Kalt ideal. Mehr ist nicht nötig, aber auch diese 300 Gramm sind - selbst für kanadische Verhältnisse - viel. Deshalb ist sie schon zufrieden, wenn wir uns täglich eine dicke Hand voll in den Mund stecken.

Beerenfrüchte haben sogar mythische Kräfte

Selbst in tiefgefrorener Form können Beerenfrüchte Gutes bewirken.

Doch auch Beerenextrakte, beispielsweise in Pulverform, haben wertvolle Inhaltsstoffe. Laborstudien an der Ohio State University bewiesen im Jahr 2008, dass sich ein aus schwarzen Himbeeren gewonnenes Pulver positiv bei Barrett-Ösophagus auswirkte, einer Gewebeveränderung der Speiseröhre, die als Krebsvorstufe gilt. Selbst in tiefgefrorener Form können Beeren Gutes bewirken. Es lohnt sich,Vorräte anzulegen! Das Wichtigste ist jedoch, dass die Früchte schmecken. Und das tun sie: so verschieden ihre Farben, so vielfältig ihre Aromen. Je nach Sorte sind Beeren sauer, säuerlich, quietschesüß, feinsüß, erfrischend, adstringierend, bitter, pfeffrig. Sie verleihen Soßen Raffinesse, versüßen einen Joghurt- Milk-Shake oder das Frühstücksmüsli und passen schön altmodisch in Kuchen oder einen Clafoutis, die mit Obst belegte französische Eierteig-Nachspeise.

Dass sie auch noch mythische Kräfte haben, erzählt die Entstehungslegende der Cherokee- Indianer: Als Erste Frau genug von den Streitereien mit Erstem Mann hatte und ihn verlassen wollte, stellte Sonnengott Unelanunhi ihr einen Beerenstrauch nach dem anderen in den Weg. Irgendwann kostete sie die erste Erdbeere der Schöpfungsgeschichte - und ging zu ihrem Mann zurück.

Text: Gabriele Gugetzer Foto: iStockphoto

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel