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Cholesterin zu hoch Was hilft?

Cholesterin zu hoch: Blutdruck messen
© wutzkohphoto / Shutterstock
Ein hoher Cholesterinspiegel braucht nicht alarmierend zu sein. Doch wann wird es gefährlich? Und was kann man selbst für bessere Blutwerte tun? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem viel diskutierten Thema.
Angela Stoll

Meine Cholesterinwerte sind erhöht. Ab wann wird es gefährlich?

Das kommt darauf an, wie gesund du grundsätzlich bist. Zunächst einmal: Cholesterin ist eigentlich kein gefährlicher Stoff, sondern ein lebensnotwendiges Blutfett. Der Körper kann es selbst produzieren, aber auch über die Nahrung aufnehmen. Im Blutkreislauf ist Cholesterin an Eiweißstoffe (Lipoproteine) gebunden, von denen es verschiedene Arten gibt. Wenn zu viele dieser Fett-Eiweiß-Verbindungen im Blut zirkulieren, kann das auf Dauer zu Gefäßverkalkungen führen.

Aber nicht alle Lipoproteine erhöhen das Risiko: Verantwortlich ist vor allem das "schlechte" LDL (Low density Lipoprotein). Das HDL (High density Lipoprotein) kann wahrscheinlich sogar vor Ablagerungen schützen. Deshalb ist weniger das Gesamtcholesterin, sondern der LDL-Cholesterinwert eine entscheidende Größe.

Wer sonst keine Risikofaktoren wie etwa einen zu hohen Blutdruck hat, bei dem ist ein LDL-Wert bis 130 Milligramm pro Deziliter Blut (mg/dl) in Ordnung. "Ist jemand komplett gesund, kann man auch mal einen Wert bis 190 Milligramm pro Deziliter hinnehmen", sagt Stoffwechselexperte Prof. Klaus G. Parhofer vom Klinikum Großhadern der Uni München. "Bei allem, was darüber liegt, braucht man schon sehr gute Argumente, um auf eine Medikation zu verzichten." Wenn jemand starken Bluthochdruck hat, an Diabetes leidet oder es oft Herzinfarkte in der Familie gab, sollte das LDL-Cholesterin zumindest unter 70 Milligramm pro Dezi­liter sinken. Bei besonders hohem Risiko – etwa nach einem Herzinfarkt – gelten noch strengere Vorgaben: Ideal wäre dann ein Wert unter 55 Milligramm pro Deziliter.

Was kann sonst passieren?

Wenn der Anteil an LDL-Cholesterin im Blut längere Zeit zu hoch ist, können sich Ablagerungen in den Arterien bilden. Die Gefäßwände verdicken und verhärten dadurch, sodass Blut schlechter durchfließen kann. Das steigert das Risiko für Herz-­Kreislauf-Erkrankungen, vor allem für die gefürchteten Herzinfarkte und Schlaganfälle. Spüren kann man das nicht. Und wie groß die Gefahr wirklich ist, lässt sich schwer vorhersagen. "Ein hoher LDL-Spiegel ist ein Risikofaktor", sagt Experte Parhofer. „Aber eben nur einer von mehreren.“ Auch die Blutdruck- und Blutzuckerwerte spielen eine große Rolle, wenn es um die Gefäßgesundheit und das daraus erwachsende Herzinfarkt-­Risiko geht. Und die Tatsache, ob jemand raucht und übergewichtig ist oder viel Sport macht und sich gut ernährt.

Ich lebe eigentlich gesund. Warum sind meine Werte trotzdem schlecht?

In der Regel steigen die Cholesterinwerte mit dem Alter an. Das bekommen vor allem Frauen zu spüren: Nach den Wechseljahren verändert sich der Blutfettspiegel zum Negativen. "Dadurch, dass der Körper weniger Östrogen produziert, entsteht auch weniger HDL-Cholesterin", erklärt Parhofer. Gleichzeitig steigt häufig der schädliche LDL-Wert.

Abgesehen davon sind viele familiär vorbelastet: Beim Thema Cholesterin spielen die Gene eine große Rolle. Deshalb kann es sein, dass sich jemand in puncto Blutfette ungestraft von Schnitzel mit Pommes ernähren kann, der Nächste aber trotz ausgewogener Ernährung und regelmäßigen Sports schlechte Werte hat. Bei manchen angeborenen Stoffwechselstörungen kommt es sogar vor, dass schon Kinder stark erhöhte Cholesterinspiegel haben und Medikamente nehmen müssen. Abgesehen davon gibt es aber noch eine Reihe weiterer Krankheiten, die sich manchmal auf das Cholesterin auswirken – zum Beispiel kann eine Schilddrüsenunterfunktion die Lipidspiegel ansteigen lassen.

Reicht es, die Ernährung umzustellen?

Manchmal schon. "Es ist absolut möglich, den Cholesterinspiegel durch bewusste Ernährung zu beeinflussen", sagt Dr. Christine Dawczynski, Ernährungswissenschaftlerin an der Uni Jena. Wie stark die gefährlichen LDL-Werte sinken können, hat die Wissenschaftlerin in einer Studie gezeigt. Dabei arbeitete sie für die 60 Teilnehmer, die alle im mittleren Alter waren und mäßig erhöhte Cholesterinwerte hatten, für 20 Wochen individuelle Ernährungspläne aus, die deren Nährstoffbedarf optimal abdeckten. Vorgesehen waren viel Gemüse, Obst, Ballaststoffe und ein hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren (zum Beispiel in Form von Leinöl). Die Ergebnisse waren erstaunlich: "Im Schnitt sank das LDL-Cholesterin um 30 Prozent", berichtet Dawczynski. Gleichzeitig verbesserten sich der Blutdruck und die Langzeitblutzuckerwerte der Testpersonen. Manche von ihnen nahmen zudem deutlich ab.

"Wir konnten die Senkung des Cholesterinwerts auch bei den Normal­gewichtigen beobachten, die ihr Gewicht über die Studie hielten", sagt die Expertin. Dennoch gibt es Menschen, die um Medikamente nicht herumkommen. Auf ihre Ernährung sollten sie trotzdem achten. "Denn sie benötigen möglicherweise eine geringere Dosis, wenn sie sich gleichzeitig bewusst ernähren", weiß Christine Dawczynski. Und das kann im Umkehrschluss bedeuten: weniger Nebenwirkungen.

Was ist nun mit dem Frühstücksei?

Täglich Eier mit Speck zu futtern ist nicht gesund – das liegt aber vor allem am fettigen Fleisch. Die Zeiten, in denen Eier als Cholesterin-Übeltäter schlechthin galten, sind vorbei. Sie enthalten natürlich immer noch viel Cholesterin, genau wie etwa Innereien, Schalentiere oder Aal. Aber wie man heute weiß, hat das Cholesterin, das wir über die Nahrung aufnehmen, keinen wesentlichen Einfluss auf den Cholesterinspiegel im Blut. Viel stärker erhöhen gesättigte Fettsäuren (wie sie zum Beispiel in Wurst enthalten sind) den "schlechten" LDL-Spiegel. "Zwei Eier pro Woche dürfen schon sein", sagt Dawczynski. Auf ihren Ernährungsplänen steht gelegentlich auch etwas Fleisch, aber nur fettarme Sorten wie Wild und Geflügel. Fleisch an sich treibt nicht zwangsläufig den Cholesterinspiegel in die Höhe, wohl aber große Mengen an tierischem Fett. Dass es sich lohnt, einen Teil der gesättigten Fettsäuren vom Speiseplan zu streichen, legen auch Un­tersuchungen an den Tsimane in Bolivien nahe: Das Urvolk, das traditionell von Jagd und Gartenbau lebt, wurde von Kardiologen zum gesündesten der Welt gekürt. Als Grund dafür sehen sie die Lebensweise: Die Tsimane ernähren sich vor allem von Pflanzen und gelegentlich von fett­armem Fleisch, zudem laufen sie weite Strecken. Ihre Cholesterinspiegel sind niedrig, Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt es kaum.

Gibt es einzelne Lebensmittel, die den Cholesterinspiegel senken?

Ja, für Walnüsse zum Beispiel ist die Wirkung gut belegt: Bei einer Studie unter der Leitung Parhofers aßen die Probanden täglich eine Handvoll davon. Nach acht Wochen sank das schlechte Cholesterin im Schnitt um etwa fünf Prozent. Hafer- und Gerstenflocken enthalten den Vielfachzucker Beta-Glucan, der sich günstig auf den LDL-Spiegel auswirkt. Wie sehr, hat Dawczynski untersucht: "Wir konnten in einer Studie zeigen, dass eine tägliche Portion Hafer- oder Gerstenflocken den Cholesterinspiegel um circa fünf Prozent senkt." Überhaupt sind Ballaststoffe, wie sie zum Beispiel in Vollkornprodukten stecken, besonders wertvoll: Sie binden Gallensäuren, die dann vermehrt ausgeschieden werden. Dadurch sinkt der LDL-Cholesterinspiegel. Trotzdem kann ein Schälchen Müsli nicht einfach den King-Size-Burger kompensieren. "Es kommt immer auf die Ernährung im Ganzen an", betont die Ernährungswissenschaftlerin.

Wann muss ich doch Tabletten nehmen?

Allgemein gilt die Regel: Je höher das individuelle Risiko, desto wahrscheinlich ist es, dass Medikamente Infarkte und Co. verhindern. Sicher voraussagen kann es aber niemand. Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren kritische Stimmen gegeben, die vor einem schnellen Griff zu Pillen warnen. Auf jeden Fall sollte man sich überlegen, wie ausgeprägt das eigene Sicherheitsbedürfnis ist: Ist meine Angst vor einem möglichen Herzinfarkt so groß, dass ich mich besser fühle, wenn ich täglich eine Tablette schlucke? Oder habe ich große Angst vor Nebenwirkungen? Bei den gängigsten Cholesterinsenkern, den Statinen, sind das oft Muskelbeschwerden, die an einen Muskelkater erinnern. "Etwa zehn Prozent aller Patienten berichten darüber", sagt Experte Parhofer. Außerdem kann es sehr selten unter anderem zu Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen und erhöhten Blutzuckerspiegeln kommen, auch Allergien sind möglich. In solchen Fällen kann man die Dosis verringern oder ein anderes Statin wählen.

Notfalls kommen alternative Cholesterinsenker infrage: etwa Ezetimib, das die Aufnahme von Cholesterin im Dünndarm hemmt. Seit einigen Jahren gibt es außerdem eine Spritze gegen Cholesterin, die den LDL-Wert stark senken kann. Diese sogenannten PCSK9-Hemmer werden auch von Patienten, die Statine nicht vertragen, meist sehr gut toleriert. Allerdings sind sie teuer und daher speziellen Fällen vorbehalten.

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