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Träume aus dem Schokoland

Träume aus dem Schokoland
Es war einmal ein Brunnen, aus dem sprudelte duftende, heiße Schokolade. Er betörte die Sinne der Menschen, die in Scharen zu ihm strömten... Klingt wie im Märchen oder wie aus einem Kinderbuch, meinen Sie? Stimmt. Aber vielleicht gibt es ihn ja tatsächlich, diesen märchenhaften Schokoladenbrunnen. Autorin Martina Schönenborn hat sich in Köln auf die Suche gemacht und ließ sich ein bisschen an der Nase herumführen.

Glaubt man einigen Gerüchten, so gibt es den Schokobrunnen wirklich. Angeblich steht er seit neun Jahren im ersten Schokoladen-Museum Deutschlands, dass die Schokoladenfirma Stollwerck im Kölner Hafen für alle "Schokoholics" errichtet hat. Also auf ins Museum, wo sich täglich über 1400 Schoko-Süchtige mit erwartungsvollen Augen an der Kasse vorbei schieben. Und wahrscheinlich alle hoffen, dass an dem Gerücht auch ein bisschen Wahres dran ist.

Den Besucher an der Nase herumführen

Aus der guten alten Zeit: Schokoladenautomaten
Aus der guten alten Zeit: Schokoladenautomaten

Im Museums-Foyer zieht mir das Gerücht dann zum ersten Mal direkt in die Nase - ein Hauch von duftender Schokolade liegt in der Luft. Nur: Wo findet man den süßen Brunnen, wenn die Ausstellungsfläche größer ist als ein Fußballfeld und sich über mehrere Etagen erstreckt? Ich probiere es mal mit: Immer der Nase nach. Die weist mir allerdings erst mal den Weg durch die 3000jährige Kulturgeschichte der Schokolade. Aber, da ich die Hoffnung habe, dass ich irgendwann mit einem nicht enden wollenden Strom flüssiger Schokolade belohnt werde, lasse ich mich an der Nase herumführen und bestaune die 2000 Exponate, die von Meissner Porzellan über Schokoladenautomaten bis hin zur Kakaobutterpresse reichen.

Eine leidenschaftliche Geschichte

Spanische Eroberer bringen das "braune Gold" nach Europa.
Spanische Eroberer bringen das "braune Gold" nach Europa.

In der ersten Etage zum Beispiel lerne ich die bittersüße Vergangenheit der Schokolade kennen. "Speise der Götter" nannten die Völker Mittelamerikas den Kakao. Maya und Azteken ließen sich die braune Flüssigkeit deshalb nicht nur auf der Zunge zergehen, sondern heilten damit Fieber und Schlangenbisse. Selbst als Zahlungsmittel diente das "braune Gold" - für einen Sklaven mussten zum Beispiel 100 der kostbaren Bohnen geopfert werden.

Als im Jahr 1519 dann ein weißhäutiger, bärtiger Mann über das Meer kam, glaubten die Azteken, dass es der prophezeite Sonnengott sei und boten ihm die Götterspeise an. Großer Fehler, denn der vermeintliche Gott entpuppte sich als der spanische Eroberer Hernàn Cortez. Er ließ das hoch kultivierte Volk verwüstet zurück und entführte die kostbare Kakao-Bohne nach Europa.

Den Luxus auf der Zunge zergehen lassen

Etwas später schaue ich mir in abgedunkelten Räumen des Museums dann die wertvolle Porzellan- und Silbersammlung aus dem 18. und 19. Jahrhundert an. Die Sammlung stammt aus den Gemächern des europäischen Adels - der begehrte Schokoladentrunk war nämlich anfangs den Reichen vorbehalten. Sie tranken ihn morgens im Bett, während sie ihre Körper einpuderten. Damit der heiße Kakao nicht mitgepudert wurde, bekamen die Tassen einen Deckel. Und einen Henkel - zur Vermeidung von Brandblasen an zarten Adelshänden. Es dauerte allerdings nicht lange, da erreichte die braune Köstlichkeit auch die Geschmacksnerven des gemeinen Volkes.

Eine scharfe Sache

Träume aus dem Schokoland

Die aphrodisierende Wirkung des Kakaos kannten bereits die Azteken und sehr bald glaubten auch in Europa immer mehr Männer an seine anregende Wirkung. Denn Zucker im heißen Kakao ist eine Sache, aber eine Prise Chilipfeffer darin bewirkt wahre Wunder. "Schokolade als Lebenselixier" betiteln die Museumsmacher deshalb auch einen Raum, in dem ich jetzt aufgeklärt werde über schokogene Zonen. Außerdem erfahre ich das Geheimnis der anregenden Wirkung von Schokolade und bekomme stichhaltige Beweise, warum Frau Schokolade braucht. Allerdings erfahre ich auch, was geschieht, wenn man zu viel von dem Schoko-Getränk probiert: Im 17. Jahrhundert trank eine Adelige während ihrer Schwangerschaft soviel Schokolade, dass sie einen Knaben gebar, der so schwarz wie der Teufel war.

Sich um die Bohne kümmern

Mischen, kneten, schlagen - der Weg zur Schokolade ist lang.
Mischen, kneten, schlagen - der Weg zur Schokolade ist lang.

Mittlerweile signalisiert meine Nase meinem Großhirn: der Schokoladenbrunnen muss ganz in der Nähe sein. Ich bin trotzdem tapfer und werfe erst noch einen Blick auf meterhohe Fotos, die Kakaoplantagen zeigen. Und auf eine verkleinerte Produktionsstätte. Ich lerne, wie aus der bitteren Bohne flüssige Schokolade entsteht: Bohnen rösten und mahlen, mit Zucker, Vanille und Milch mischen und dann die Masse Kneten und Schlagen. Fertig ist die flüssige Schokolade. Die wird anschließend zu Pralinen, Trüffel oder Hohlfiguren verarbeitet.

Der geformte Schokoladenmann

Träume aus dem Schokoland

Eine der Hohlfiguren kann zum Beispiel ein Schokoladenmann, alias Nikolaus, sein. Dazu wird heiße Schokolade in die eine Hälfte einer Form gegossen. Mit der anderen Formhälfte wird abgedichtet und das Ganze dann in eine Maschine gespannt. Vollautomatisch wird die Form gerüttelt und die Masse gleichmäßig verteilt. Anschließend kommt der Schoko-Weihnachtsmann in einen Kühlschrank, aus dem man ihn erst wieder befreit, wenn er außen hart und innen süß ist.

Der Schokoladentraum wird wahr

Endlich am Ziel: Der Schokoladenbrunnen. Für den 81jährigen Unternehmer Hans Imhoff war dieser Brunnen die Erfüllung eines Kindertraums.
Endlich am Ziel: Der Schokoladenbrunnen. Für den 81jährigen Unternehmer Hans Imhoff war dieser Brunnen die Erfüllung eines Kindertraums.

Im Museum ist der Geruch nach heißer Schokolade jetzt fast nicht mehr zum Aushalten. Und endlich, nach nur wenigen Schritten, taucht er auf: der Schokoladenbrunnen! Es gibt ihn tatsächlich. Kein Gerücht, kein Märchen, sondern Realität: Duftende, flüssige Schokolade stürzt in kleinen Fontänen aus 80 vergoldeten Kakaofrüchten in eine riesige Brunnenschale von zwei Metern Durchmesser. Sie wartet eindeutig darauf, dass ich eine Waffel erst in die Schokolade und dann in meinen Mund stecke. Das habe ich mir jetzt auch wirklich verdient. Denke ich und bin glücklich.

Info

Das Schokoladen-Museum in Köln
Das Schokoladen-Museum in Köln

Imhoff-Stollwerck-Museum, Rheinauhafen 1a, 50678 Köln, www.schokoladenmuseum.de Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Eintritt: Erwachsene 5,50 Euro, Kinder 3 Euro, Familienkarte 15 Euro. Führungen: Samstags und sonntags jeweils um 11, 14 und 16 Uhr. Ab Anfang Dezember "Mittelalterlicher Weihnachtsmarkt" vor dem Museum.

Schokoladenmuseen und Ausstellungen

  • Halloren Schokoladen Museum
  • Halle, Delitzscher Straße 70, eröffnet im Mai 2002. In Halle wurde 1804 Deutschlands erste Schokoaldenfabrik eröffnet. Später hieß sie Süßwarenkombinat und heute produziert die Halloren Schokoladenfabrik die berühmten "Original Halloren Kugeln".
  • Im Museum: Wissenswertes zur Geschichte der Schokolade, der modernen Schokoladenproduktion und der handwerklichen Herstellung von Pralinen und Trüffel.
  • Homepage: www.halloren.de.
  • Rausch SchokoLand in Peine: Eine süße Erlebniswelt voller Überraschungen. Wilhelm-Rausch-Str. 4,
  • 31228 Peine. Öffnungszeiten:
  • Mo-Fr 10-17 Uhr, Sa 10-16 Uhr, So 12-17 Uhr.
  • www.schokomuseum.de
  • Die süßen Seiten Bremens: Ausstellung im Überseemuseum Bremen, Bahnhofplatz 13, 28195 Bremen bis 30. März 2003. Als Eintrittskarte gibt's eine Tafel Schokolade, dann geht's weiter durch 400 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Gezeigt wird die Entwicklung der süßen Kostbarkeit von den Anfängen bis zur Gegenwart. Dazu gibt es ein umfangreiches Angebot mit eigener Schokoladen-Herstellung, Schoko-Klettergerüst und Kakao-Tropengarten. Homepage:
  • www.die-schokoladenausstellung-bremen.de.
Text: Martina Schönenborn Fotos: Info-Zentrum Schokolade (3), M. Schönenborn (2)

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