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Mehlknödel: Die schmecken nach Kindheit

Mehlknödel: Die schmecken nach Kindheit
© Maryam Schindler
Für Lea Linster sind Mehlknödel das perfekte Nostalgie-Essen.

Es gibt Fast-Food, es gibt Slow-Food, und es gibt Nostalgie-Food. Im Klartext: Trost- oder Frust-Food. Das sind die Lieblingsgerichte, mit denen man sich schlagartig in die Kindheit zurückversetzen kann. Kartoffelmus, Milchreis, Schokoladenpudding... Für mich sind das allein die Mehlknödel, 'Kniddelen' auf luxemburgisch. Die haben mich als Kind oft gerettet, wenn ich traurig war. Am allermeisten brauchte ich sie, als meine Mutter in den 60er Jahren mit dem Wirteverband in den Senegal gereist war. Vorher hatte sie mir nie so richtig gefehlt, ich hing mehr am Papa. Bis zum tränenreichen Abschied habe ich nicht eine Sekunde dran geglaubt, dass die Mutter wirklich mitfahren würde, und das für ganze 16 Tage! Ich war untröstlich.

Für uns sorgte Tante Maria, eine herzensgute Frau. Ich hatte sie richtig gern. Bis zu dem Abend, an dem sie sich stur weigerte, mir meine geliebten Mehlklößchen zu machen. Als seien wir nicht schon gestraft genug durch die Abwesenheit der Mutter! Meine Enttäuschung war grenzenlos. Aber hungrig und traurig darf man nicht ins Bett. Und so traf ich die große Entscheidung, meine Klöße eben selber zu machen ...

Ein großer Topf mit Salzwasser wurde zum Kochen aufgesetzt. Und ich fing an zu rühren: Mehl, Eier, Milch und Salz. Bald war der Teig zu steif, also mehr Milch hinein. Prompt war er wieder zu flüssig ... Richtig war er erst, als ich ungefähr zwei Kilogramm Mehl und mindestens 20 Eier verarbeitet hatte!

Aber es geschah ein kleines Wunder. Ich ließ alle dumm reden und ging ohne Furcht mit den Knödeln in die Gaststube und verteilte sie an alle, die zufällig da waren. Die waren hoch erfreut, fanden die Knödel wunderbar und überhäuften mich mit Lob. Die Knödel liebe ich heute noch, und mein Sohn Louis natürlich auch. Er kann sie übrigens schon selber machen, seit er acht Jahre alt ist, genauso alt, wie ich damals war.

Hier ist das Rezept für die klassischen Mehlknödel: 500 Gramm Mehl werden mit sechs Eiern, 200 Milliliter Milch, etwas Salz und 20 Gramm zerlassener Butter zu einem halbfesten Teig verrührt. Ausstechen und kurz in reichlich Salzwasser kochen, bis sie oben schwimmen, danach zwei bis drei Minuten ziehen lassen. Um den Teig luftiger zu bekommen, weiche ich heute zusätzlich zwei Scheiben Weißbrot (ohne Rinde) in 100 Milliliter Milch ein und arbeite sie darunter, tue auch noch einen Esslöffel Sauerrahm dazu. Nimmt man einen Teelöffel zum Ausstechen, werden die Klößchen ganz appetitlich und sind auch als Beilage zu Kalbs- oder Rinderbraten wunderbar. Gut schmecken und trösten die Klöße mit feinen Croûtons von Weißbrot oder kleinen sautierten Magerspeckwürfeln. Tut man noch Sahne zu Speck und Croûtons und etwas fein gehackte Petersilie darüber, dann ist man garantiert gerettet.

Folgende Knödel-Version gibt es auch: der klassische Teig wird mit Weißbrot in Milch und viel fein gehackten Kräutern (glatte Petersilie, Basilikum) versetzt. Etwas Butter und gehobelten Parmesan darüber - und Gnocchi erblassen vor Neid. Wenn man den Teig einen Hauch flüssiger macht, kann man davon Spätzle vom Brett hobeln und zum Wild servieren. Spätzle mag ich allerdings am liebsten, wenn sie nach dem Abkühlen (einmal in eiskaltem Wasser abschrecken, damit sie nicht zusammenkleben) mit geklärter Butter goldbraun und schön kross gebraten werden. Es gibt auch die ganz schnelle Soul-Version für Notfälle, ich nenne sie 'Louis spezial'. Ganz flott macht man den klassischen Teig, holt die Klöße aus dem Wasser, und wenn sie noch gut nass und dampfend heiß sind, kommt ordentlich kalte Butter dran und Maggi darüber. Und schon kann man sich überhaupt nicht mehr erinnern, was einen eigentlich so traurig gemacht hatte.

Bis zum nächsten Mal - à bientôt!

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