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Lea Linsters erster Stollen

Lea Linsters erster Stollen
© Maryam Schindler
Ein paar Korinthen und die Form machen aus einem Kuchen noch keinen Stollen. So geht's!

Unser Stollen ist immer noch der beste, sagte meine Mutter jedes Mal ganz überzeugt, wenn sie auch nur einen kleinen Bissen eines anderwärtig gebackenen Stollens kostete. Ich habe ich ihn früher wegen der kandierten Früchte nie wirklich gemocht. Aber ich liebte den Duft in der Backstube! Und das Verpacken! Das war immer ein Ereignis in Großvaters Bäckerei. Auch als er den Konditorberuf schon aufgegeben hatte - Stollen hat er jedes Jahr für uns gebacken. Und wenn er einmal dabei war, kam seine ganze Leidenschaft wieder zum Vorschein, dann hatten wir einen Riesenspaß.

Nun war mein Vater aber auch ein leidenschaftlicher Kartenspieler, und Backen und Kartenspielen sind zwei Sachen, die sich nicht gleichzeitig machen lassen. Ein Jahr kam es sogar zu einem großen Krach, denn meine Mutter hatte in der Woche vor Weihnachten schon dreimal die Butter bei Zimmertemperatur weich werden lassen und alle Zutaten für einen Stollen zusammengestellt...

Um sie von meinem geliebten Vater abzulenken, bot ich meine Hilfe an. "So schlimm kann das doch nicht sein", sagte ich und fing an, Hefe zu zerböseln, und gab in eine große Backschüssel Milch und Wasser, lauwarm und gemischt, rührte Mehl darunter, verarbeitete alles zu einem weichen Teig und ließ ihn eine halbe Stunde in der Küche aufgehen. "Den Ansatz hab ich schon gemacht, Vati, was muss ich nun tun?", platzte ich in seine Kartenpartie. "Butter kommt jetzt rein, viel weiche Butter, und Eier, aber nicht zu viele, die machen den Teig sonst zu trocken. Zucker nur moderat, denn die vielen Rosinen und Korinthen werden Süße bringen. Auf keinen Fall das Salz vergessen, aber erst zum Schluss, sonst tut die Hefe auf beleidigt. Mehl nur so viel du brauchst, um einen schönen halbfesten Teig zu machen, und dann vermischen und kneten, so lange, bis der Teig nicht mehr an den Händen klebt."

Als ich alles sah, was da rein sollte, traute ich der Sache für einen Augenblick nicht. Aber es war ja seine Verantwortung. Auf dem Marmortisch vermengte ich die Butter zuerst vorsichtig mit dem Ansatz und knetete dann das Mehl unter. Der Teig wurde immer größer, aber ich schaffte es und war glücklich! "Wie viel Früchte muss ich dazutun und wann?" - "So viel der Teig halten kann, ich hoffe, du hast ihn fest genug gemacht, damit die Früchte sich nicht alle unten absetzen. Also mische genügend Mandeln, Nüsse, Korinthen und Rosinen vorher mit etwas kandierter Orangen- und Zitronenschale. Gescheiter ist es, wenn man die ganzen Früchte mit etwas Mehl bestäubt, damit sie nicht zusammenkleben."

Also ran an die Arbeit. Ich habe alles genauso gemacht, wie er es gesagt hat. Der Teig wurde so schwer, dass es meine Arme nicht mehr schafften und ich mich auf einen Stuhl stellen musste, um die Masse bewältigen zu können. Ich habe nicht aufgegeben, die Mutter half mir beim Abwiegen. Jedes Stück Teig wurde zu einer Kugel geformt, mit der Teigrolle fingerdick ausgerollt, und dann wurde ein Drittel des Teiges auf die anderen zwei Drittel geschlagen. Der Stollen kommt auf ein gefettetes Backblech und muss zugedeckt zwei Stunden bei Zimmertemperatur aufgehen. Der Ofen wird auf 200 Grad vorgeheizt, der Stollen 15 Minuten bei dieser Temperatur gebacken, dann wird die Hitze reduziert auf 180 Grad.

Da der Teig mit Früchten so schwer gefüllt ist, braucht er noch ungefähr weitere 35 Minuten. Noch warm wird der Stollen mit flüssiger Butter bestrichen und nach dem Abkühlen auf einem Gitterrost noch einmal.

Einen hab ich damals übrigens in die kalte Nacht gestellt, damit wir ihn gleich probieren konnten. Es war, glaube ich, schon zwei Uhr, als der Vater ihn kostete und sagte: "Der ist fantastisch, besser, als ich ihn je gemacht hab." Weil er froh war, dass er doch noch fertig war, ehe das Christkind kam? Egal - seither mag ich Stollen! Bon appétit und bis zum nächsten Mal!

Tipp

Die Zutaten für drei Stollen, jeder etwa 1000 g schwer: Ansatz: 200 g Mehl, 42 g Hefe, je 100 ml Wasser und Milch. Teig: 800 g Mehl, 120 g Zucker, 400 g Butter, 2 Eier, 15 g Salz, 100 g ganze Mandeln, 180 g ganze Haselnüsse, 100 g gehackte Mandeln, 120 g Rosinen, 200 g Korinthen, 100 g Orangeat, 100 g Zitronat. Zum Bestreichen: insgesamt 300 g flüssige Butter. Zum Bestäuben: etwas Puderzucker

Fotos: Marc Theis, Thomas Neckermann

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