Anzeige

Ferkelbraten - mit Biersoße

"Ich bin froh mit dir", das sagen die Luxemburger zu allem, was sie lieben. Bei Spitzenköchin Lea Linster ist es heute ein schöner Ferkelbraten.

Mein geliebtes Frisange ist schon seit jeher ein ganz besonderes Dorf gewesen, da lass ich nichts drauf kommen. Ein wahrer Ort der Superlative, zum Beispiel hatten wir schon 1965 mindestens zwölf Tankstellen auf nur 350 Einwohner. Das sollte uns mal einer nachmachen. Da war nicht eine Weltmarke, die nicht bei uns vertreten sein wollte. Aber es war auch keineswegs verwunderlich, denn die Grenze zu Frankreich lag quasi im Dorf, und das Benzin war auf unserer Seite gut ein Viertel billiger als auf der französischen.

Aber wir hielten noch einen ganz anderen Rekord: Die echten Frisinger taten sich mit dem Heiraten schwer. Fast ein Drittel der Leute im Dorf lebten allein, als wäre denen keine(r) gut genug. Ich traute mich nie so richtig zu fragen, wieso, und dachte mir, das könne nur daran liegen, dass man auf Luxemburgisch nicht sagen kann: "Ich liebe dich." In unserer Sprache können wir höchstens sagen: "Ich hab dich gern" oder "Ich bin froh mit dir" - und das genügt natürlich nicht zum Heiraten. So hab ich mir vorgestellt, dass sich luxemburgische Heiratsanträge nur in Paris unterm Eiffelturm mit einem leidenschaftlichen "Je t'aime" machen lassen...

Wie dem auch sei, meine Schwester und ich sind als echte Frisinger Mädchen nie besonders heiratswütig gewesen. Immerhin hat sie einmal einen ganz interessanten Freund mit festen Absichten gehabt, und ich war ein bisschen eifersüchtig, weil sie so von ihm vorschwärmte. Er war Metzger und liebte das Elsass. Und das hieß, er kannte was von gutem Essen und gutem Wein, das fand ich sehr sympathisch.

Noch sympathischer wurde er mir, als er kurz darauf mit einem wunderschönen Ferkelschinken wiederkam. "Der ist vom besten Bauern, den ich kenne. Die Ferkelkeule hab ich extra für euch gepökelt und sanft geräuchert, eine Spezialität von mir."

Ich liebe diesen deftigen Ferkelbraten mit einer Biersoße heute noch, und hier ist mein Rezept dafür: Ich nehme etwa zwei bis drei Kilogramm Spanferkelschinken, gepökelt und leicht geräuchert. Den müssen Sie unbedingt vorbestellen. Mit einem scharfen Messer schneide ich die junge, knackige Schwarte quadratförmig ein und spicke mit etwa zehn Nelken. Dann würze ich den ganzen Schinken mit Salz und Pfeffer aus der Mühle, aber auch mit einem Esslöffel braunem Zucker, denn unser Bier ist ziemlich bitter.

Nun brate ich den Ferkelbraten in zwei Esslöffel Butterschmalz oder Olivenöl zusammen mit etwa vier geschälten, halbierten Schalotten in einem Topf aus Gusseisen an, bis es schön braun karamellisiert. Bevor ich mit einem halben Liter Bier ablösche, gieße ich das überschüssige Fett ab. Jetzt kommt ein kleines Bouquet garni in den Bräter: etwas Thymian, ein Lorbeerblatt, etwas Selleriegrün, ein Blatt Porree und eine kleine Karotte. Die Keule wird so bei 170 bis 180 Grad im Ofen geschmort, etwa eine halbe Stunde. Dann mit der Soße übergießen. Das Übergießen nach und nach wiederholen und noch einen viertel Liter Hühnerfond dazugeben, nach zwei Stunden ist die Keule schön gar geschmort.

Ich hebe den Ferkelbraten aus dem Bräter in die Saftpfanne des Ofens. Die Soße passiere ich durch ein feines Sieb in eine Kasserolle und lasse sie, wenn nötig, noch etwas reduzieren. Dann binde ich sie mit einem Esslöffel mittelscharfem Senf und schmecke ab. Salz und Pfeffer kontrollieren und noch etwas frisch gehackte platte Petersilie darunter ziehen. Vor dem Servieren schiebe ich den Ferkelbraten nochmals in den nun richtig heißen Ofen, damit die Schwarte kross wird. Sie darf aufplatzen!

Als Gemüse passt auch etwas traditionell Luxemburgisches zum Ferkelbraten: Kartoffel-Kohl-Püree. Dafür 800 Gramm Kartoffeln schälen und würfeln, etwa 500 Gramm Wirsingkohl in Stücke schneiden, dazu 120 Gramm mageren Speck grob würfeln. Zuerst die Kartoffeln in den Topf, dann den Kohl und obendrauf den Speck und etwas Salz. Etwa einen halben Liter Wasser dazu und alles zusammen weich garen. Dann gieße ich die Hälfte vom Gemüsewasser ab, zerdrücke alles mit einem Kartoffelstampfer, rühre zum Schluss etwa 30 Gramm Butter kräftig darunter und schmecke ab.

Ach übrigens, meine Schwester hat ihren Metzger nicht geheiratet, aber wir sind immer noch "richtig froh mit ihm" - allein schon wegen des wunderbaren Ferkelbratens!

Foto:Thomas Neckermann

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel