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Die Weinmacherin

Die Weinmacherin
Sie gehört zu den wenigen Frauen, die in die Männerdomäne der Winzer vorgedrungen sind. Mit großen Erfolg: Die Weine von Stefanie Weegmüller-Scherr gehören zu den besten. Ein Porträt.
Die Weinmacherin

Der Anfang war nicht einfach: In der Theorie wusste Stefanie Weegmüller-Scherr, wie man guten Wein macht. Sie war 25 und hatte ihre Ausbildung zur Winzerin gerade beendet. Wie ein optimaler Gärungsprozess abläuft konnte sie nachvollziehen - auf dem Papier.

Sie hatte viel über Weinpflanzen gelernt, über Böden und Spritzmittel. Dann der Praxisschock: Ohne Einarbeitung stand sie von einem Tag auf den anderen allein vor den Weinfässern ihrer Eltern - insgesamt 50.000 Liter. Der angestellte Kellermeister hatte aufgehört, die Tochter, die gerade mit der Ausbildung fertig war, musste ran. Sie wusste, dass ein Fehler das Traditionsweingut ihrer Familie hätte ruinieren können. Entsprechend verzweifelt war sie, als ein Weinfass überlief. Was jetzt?

Das war vor über 20 Jahren. Inzwischen ist Stefanie Weegmüller-Scherr 47 - an ihrem Können zweifelt niemand mehr. Wenn tatsächlich mal ein Fass überlaufen sollte, lässt sie etwas Most ab, um den Gärraum zu erweitern. Von solchen Kleinigkeiten lässt sie sich längst nicht mehr aus der Ruhe bringen. Sie gehört zu den Besten ihres Fachs, ihre Weine sind vielfach ausgezeichnet, drei Azubis versuchen momentan, die Kniffe des Weinbaus von ihr zu lernen.

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Als die Pfälzerin Ende der 70er-Jahre ihre Ausbildung zur Weinbaugehilfin in Neustadt an der Weinstraße machte, war sie die einzige Frau in der Klasse. Damals war Winzer noch ein reiner Männerberuf. Warum eigentlich? Eine wirkliche Antwort hat die Weinexpertin nicht. Sie vermutet, dass es an der körperlichen Arbeit lag, und dass die Männer dachten, "die packen das nicht". So blieb es auf den Weingütern meist bei der klassischen Rollenverteilung: Die Frauen waren für Büro und Kunden zuständig, die Männer für Weinberg und Keller. Inzwischen wächst offensichtlich das Interesse der Frauen am Wein. Zwar gibt es keine offiziellen Erhebungen, aber immerhin erste Anzeichen: Unter den 74 angehenden Winzern an der Schule in Neustadt sind inzwischen beispielsweise zehn Frauen.

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Und die dürfen sich vor körperlicher Arbeit nicht scheuen. So wie Stefanie Weegmüller-Scherr, die den Hefefilter im Weinkeller nicht nur von ihren Lehrlingen putzen lässt, sondern das auch selbst mal übernimmt, und die nur ungern Zeit am Schreibtisch verbringt. Ihr Arbeitsplatz ist der Weinkeller. Als Kellermeisterin kümmert sie sich um den Gärprozess der Weine, während ihr Mann draußen die Reben versorgt.

Sie möchte keinen Einheitswein, sie möchte, dass die Menschen ein Glas trinken und sagen: "Der ist von der Steffi". Aber wie schafft sie das? Die Arbeit im Weinberg ist wichtig, nach Einschätzung der Fachfrau hängt davon zu zwei Dritteln die Qualität des späteren Weines ab. "Das ist wie beim Einkochen. Mit gammeligen Erdbeeren können Sie auch keine gute Erdbeermarmelade kochen." Die Erträge werden bewusst niedrig gehalten, zu Gunsten der Qualität. Gerade sind die Auszubildenden dabei, die Grüntriebe vom alten Holz zu entfernen und die doppelten Knospen auszubrechen, damit die Reben nicht unnötig an Kraft verlieren.

Wichtig ist auch der Erntezeitpunkt: "Die Kerne müssen richtig braun sein, dann sind sie ausgereift", sagt sie. Für Nicht-Winzer begründet sie das mit einem Beispiel aus dem Supermarkt: "Es ist ein Geschmacksunterschied, ob ich Erdbeeren aus dem Ausland bekomme, die zum Teil noch grün sind, oder wirklich reife Erdbeeren aus der Gegend."

Und was ist das Geheimnis des Kellers? Eigentlich gibt es gar kein Geheimnis: "Ich lasse es einfach gären", sagt die Expertin. Verläuft die Gärung richtig, sinkt der Zuckergehalt langsam ab. Das ist alles. Was dabei rauskommt, überzeugt die Kritiker: beispielsweise die Scheurebe, die erst kürzlich in der BRIGITTE von Sommelière Natalie Lumpp empfohlen wurde.

Wenn Stefanie Weegmüller-Scherr tagsüber Wein verkostet, wird er ausgespuckt, da ist sie konsequent. Aber abends ein "Gläsle" zu trinken, gehört für sie dazu - als Belohnung für den Tag. Apropos Gläsle: Auch ihr erster Wein, den sie als frisch ausgelernte Winzerin produziert hat, ist gelungen.

Text: Monika Herbst Fotos: Thomas Angelmahr und Francis Ray-Hoff

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