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Viva con Agua Wasser für alle – alle für Wasser

Caro Stüdemann von Viva con Agua
© Andrin Fretz für Viva con Agua
Viva con Agua steht für die Vision "Wasser für alle – alle für Wasser". Wie dieser Leitsatz erreicht werden kann und weshalb der Zugang zu sauberem Trinkwasser female Empowerment bedeutet, erfahrt ihr hier im Interview!

Viva con Agua ist eine Non-Profit-Organisation, die sich für den Zugang zu sauberem Trinkwasser und für eine sanitäre Grundversorgung weltweit mit einem Fokus auf dem globalen Süden einsetzt. Brigitte.de hat mit der Geschäftsführerin Carolin Stüdemann über die Vision von Viva con Agua sowie positiven Aktivismus gesprochen und darüber, warum die Organisation gerade für Frauen und Mädchen einen wichtigen Beitrag zur Selbstbestimmung leistet.

Liebe Carolin, "Wasser für alle – alle für Wasser" – kannst du diesen Leitsatz von Viva con Agua etwas genauer erklären?

Viva con Agua setzt sich für den Zugang zu sauberem Trinkwasser ein. Wir haben das in so einem kurzen Slogan zusammengefasst, um unsere Vision auf den Punkt zu bringen. Grundsätzlich dreht sich bei uns alles um Wasser: Ohne Wasser ist einfach kein würdevolles Leben möglich. Jeder Mensch braucht sauberes Trinkwasser, um gesund zu bleiben und um die Lebensbedingungen gut zu gestalten – all das hängt sehr eng mit Wasser als Lebensquelle zusammen. Unser Slogan beinhaltet zwei Teile: Auf der einen Seite spricht "Wasser für alle" unser Kernthema an – umgedreht steht "alle für Wasser" für unsere Vision, dass sich Veränderungen nur dann erreichen lassen, wenn wir es schaffen, eine Community aufzubauen, die sich gemeinschaftlich für diese lebenswichtige Ressource einsetzt.

Wie kam eure Vision zustande?

2006 war unser Gründer Benjamin Adrion mit seinem damaligen Fußballverein St. Pauli im Trainingslager auf Kuba. Dort ist er sehr stark auf das Thema Wasser aufmerksam geworden und hat anschließend Viva con Agua gegründet, mit dem Ziel, jedem Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen. Seitdem ist die Organisation immer mehr gewachsen. Wir haben deutschlandweit zwischenzeitlich knapp 10.000 Ehrenamtliche, die sich für Viva con Agua engagieren. Darüber hinaus haben wir mittlerweile ein Netzwerk, welches von der Schweiz über Uganda, bis Südafrika reicht.

Viva con Agua steht für positiven Aktivismus und erreicht Menschen über Musik-, Sport und Kunstveranstaltungen. Wie arbeitet ihr genau und kannst du ein paar der kreativen Wege beschreiben, wie ihr Menschen auf Viva con Agua aufmerksam macht?

Positiver Aktivismus ist genau das richtige Stichwort: Unser Ziel ist es, die Menschen in ein positives Engagement zu bringen. Das Engagement beginnt bei uns immer mit irgendeiner Form von Aktivierung, d. h. erst mal ins Tun und Handeln kommen. Wir sind z. B. auf Festivals oder Events unterwegs, wo es möglich ist, Viva con Agua sehr niedrigschwellig zu unterstützen, z. B. in Form einer Pfandbecherspende. Neben der Pfandbecherspende kann man sich auch an einem Infostand informieren oder sich an einer Aktion beteiligen. Die ehrenamtlichen Supporter*innen veranstalten z. B. Tischtennisrundlaufturniere, Flohmärkte, Backaktionen oder Running Dinners. Es gibt auch größere Sport-Events oder Sofa-Konzerte mit bekannten Künstler:innen, die in den Wohnzimmern von Leuten zu Hause spielen. Das wird dann live gestreamt und darüber Spenden generiert. Über lustige und kreative Aktivitäten möchte Viva con Agua Menschen verbinden und Spenden sammeln. Wir arbeiten generell sehr aktionsbezogen. Durch einen positiven Erstkontakt haben die Leute Lust, sich zur globalen Trinkwassersituation zu informieren und sich dauerhaft für sauberes Trinkwasser zu engagieren. Wir glauben, dass Veränderung durch Freude möglich wird: Eben dann, wenn Menschen Spaß haben, an dem was sie tun. Spenden aus Schamgefühl oder schlechtem Gewissen wollen wir vermeiden, weil wir glauben, dass es nicht zu einer langfristigen Veränderung führt.

Pfandbechertonnen für Viva con Agua
© Markus Schwer für Viva con Agua

Die Viva con Agua-Mineralwasser-Flaschen sind im Handel und in der Gastronomie erhältlich. Was ist die Geschichte hinter den Flaschen?

Wir haben vor Jahren festgestellt, dass der ganze Trinkwassermarkt schwierig ist: Über weite Entfernungen wird Wasser importiert und transportiert. Mit diesem Gut wird viel Geld gemacht – was aber wiederum nicht für ein globales Gleichgewicht verwendet wird. Dabei ist Wasser ein Menschenrecht und sollte jedem zugänglich sein. Dieses Privileg, das wir hierzulande sauberes Trinkwasser aus der Leitung haben, und über das wir uns keine Gedanken machen müssen, wollen wir mit allen Menschen teilen. Das Viva con Agua-Mineralwasser trägt finanziell dazu bei, dass Wasserprojekte umgesetzt werden können: z. B. wird das Geld für den Brunnenbau oder für Schulworkshops rund um das Thema Hygiene verwendet. Der Konsum des Produktes generiert einen langfristigen nachhaltigen Mehrwert. Außerdem: Wenn das Wasser in der Gastro steht, machen wir auf das Thema aufmerksam und sensibilisieren dafür. Die Flaschen sind eine Art "flüssiger Flyer".

Auf eurer Website liest man viel über WASH-Projekte. Kannst du die Abkürzung WASH kurz erklären?

WASH steht für Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene. Damit sauberes Trinkwasser langfristig sauber bleibt, braucht man immer auch die beiden anderen Komponenten: Hygiene und sanitäre Einrichtungen. Darum machen wir in Schulen z. B. auch Hygiene-Workshops, vor allem mit Kindern und Jugendlichen, um für dieses Thema zu sensibilisieren. Das ist insbesondere jetzt in Corona-Zeiten eine wichtige Aufgabe für uns, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Aber auch die Sanitärversorgung ist von zentraler Bedeutung: Wenn es z. B. keine Toiletten in einer Region gibt, verschmutzen Fäkalien das Grundwasser, was wiederum zu gesundheitlichen Problemen führt. Deswegen gehören für uns diese drei Komponenten in unseren Projekten immer zusammen.

Unter mangelndem Wasserzugang und fehlenden sanitären Einrichtungen leiden im globalen Süden hauptsächlich Mädchen und Frauen. Kannst du genauer beschreiben, welchen Problemen sie ausgesetzt sind?

Zum einen sind Frauen und Mädchen in den meisten Fällen primär dafür verantwortlich, die Wasserversorgung des Hauses sicherzustellen. Die Zeit, die sie dafür aufwenden müssen, fehlt den Frauen und Mädchen, um einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen oder an Bildung teilzunehmen. Entsprechend trägt der Zugang zu sauberem Trinkwasser zu einem Empowerment der Frauen und Mädchen bei. Zum anderen muss das Thema Menstruationshygiene hier angesprochen werden: Frauen und Mädchen, die ihre Periode haben, können die Schule oft in dieser Zeit nicht besuchen, da dort keine ausreichenden Sanitäranlagen vorhanden sind. Das ist viel Zeit pro Monat, was dazu führen kann, dass Mädchen aus der Schule ausscheiden müssen, weil sie beispielsweise nicht mehr mitkommen oder das Thema Periode stigmatisiert wird. Deswegen ist Menstruationshygiene in unseren Projekten auch eine Komponente, die wir in der Umsetzung berücksichtigen. 

Wasserentnahme in Äthiopien
© Lea May für Viva con Agua

Mit eurer Arbeit leistet ihr einen wichtigen Beitrag zum female Empowerment (zu deutsch: weibliche Selbstgestaltungskräfte). Kannst du beispielhaft beschreiben, was ihr mit eurer Arbeit schon erreicht habt?

Da fällt mir direkt ein Beispiel in Mozambique ein: Dort arbeiten wir schon länger an einer Projektumsetzung. Die Basis ist dort bereits gelegt: Es gibt Zugang zu sauberem Trinkwasser, sanitären Anlagen und Hygiene. Gleichzeitig müssen wir aber sicherstellen, dass die Wasser-Infrastruktur langfristig und nachhaltig bestehen bleibt. Dafür wurde dort ein Wasserkomitee gegründet: Die Mitglieder sind ausgebildet, sodass sie selbst Reparaturen an der Infrastruktur vornehmen können. Außerdem sorgt das Komitee dafür, dass eine Wassernutzungsgebühr von allen Dorfbewohnern eingenommen wird. Falls der Brunnen also kaputt geht, können Ersatzteile gekauft werden. Die Vorsitzenden dieses Wasserkomitees sind alle weiblich – absolute Powerfrauen, die sich mit der Wasser-Infrastruktur verbunden und verantwortlich fühlen. Dadurch sind sie im Ansehen in ihrem Dorf sehr gestiegen: Sie sind hauptverantwortlich dafür, dass die Dorfbewohner:innen gesund bleiben. Denn wenn es keine Brunnen gibt, trinken die Menschen häufig Oberflächenwasser, das mit Fäkalien verschmutzt sein kann und zu Durchfallerkrankungen und wiederum zu einer hohen Kindersterblichkeitsrate führt. Es gibt Hochrechnungen, dass die Todesfälle durch Durchfallerkrankungen deutlich höher sind als durch kriegerische Auseinandersetzungen. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser bewirkt also gleichzeitig eine Statuserhöhung der Frauen, die sich langfristig darum kümmern.

Gerade während der Corona-Pandemie nimmt die Notwendigkeit für Hygiene und sanitäre Anlagen nochmals an Dringlichkeit zu. Gleichzeitig behindert die Pandemie aber auch eure Arbeitsweise. Welchen Herausforderungen saht ihr euch ausgesetzt?

Die Herausforderung bestand konkret in den Projektgebieten. Durch Abstandsbeschränkungen mussten wir unsere Projekte nochmals verändern: Wenn wir zum Beispiel in Schulen Hygiene-Workshops abhalten, musste das in abgewandelter Form stattfinden, wenn Live-Workshops nicht möglich waren. Das geschah dann zum Beispiel über Comic-Magazine, die das Thema Wasser oder Hygiene spielerisch vermitteln. Es mussten also andere Wege gefunden werden, um trotzdem den Bildungseffekt zu haben.

Auch hierzulande wird euer positiver Aktionismus durch das Fehlen von Veranstaltungen ausgebremst. Mit welchen Auswirkungen habt ihr zu kämpfen und wie erreicht ihr die Menschen derzeit?

Hierzulande, wo wir sehr stark über Veranstaltungen Menschen zum Spenden motivieren, haben wir durch die Pandemie wirklich Spendeneinbußen bemerkt. Also mussten wir neue Wege finden und haben auf kleine Veranstaltungen und auf digitale Formate gesetzt. So haben wir z. B. Gaming Turniere gemacht, bei denen Prominente gegeneinander Fifa gespielt haben. Das wurde als Anlass genutzt, dass die Fans dann für sauberes Trinkwasser spenden können. Wir haben auch ein Instagram-Live-Stream über 36 Stunden auf unserem Viva con Agua-Kanal veranstaltet und über die Art Spenden gesammelt.

Wie kann man sich privat für Viva con Agua engagieren?

Die für uns wichtigste Unterstützung ist die Fördermitgliedschaft, mit der man Viva con Agua dauerhaft unterstützt, z. B. mit 5 Euro pro Monat – im Endeffekt ist das der eine Drink pro Monat, der nicht getrunken wird und stattdessen zu Gunsten von Viva con Agua geht. Die Fördermitgliedschaft gibt uns eine gewisse Planungssicherheit für die Fördersummen.

Ansonsten kann man auch gerne auf Konzerten oder im Stadion des FC St. Pauli oder des 1. FC Nürnberg nach den Viva con Agua Fahnen Ausschau halten. Wir haben dort Pfandtonnen, in denen das Pfand gespendet werden kann oder wo man direkt ins Gespräch über Wasserprojekte kommt. Man kann aber auch den eigenen Geburtstag für Spendengelder nutzen und den Gästen die Möglichkeit geben, für Wasserprojekte zu spenden statt Geschenke zu kaufen. Eigentlich eignet sich alles, was Leuten Spaß macht oder was sie gut können: Manche machen Kunst oder Häkeln für Wasser und generieren darüber Spenden für sauberes Trinkwasser. Denn natürlich brauchen wir hauptsächlich Spendengelder, um unsere Projekte umzusetzen.

Das klingt nach kreativen und vielfältigen Möglichkeiten, die sich vor allem leicht in den Alltag integrieren lassen. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der weiteren Arbeit, liebe Carolin.

Brigitte

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