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Es reicht! Klimaleugner? Fuck you very much

Klimaleugner: Mittelfinger
© OH_HO / Shutterstock
"Für dein Sojaschnitzel werden auch Wälder gerodet". Warum BE GREEN-Redaktionsleiterin Alexandra Zykunov nicht mehr mit Klimaleugnern redet. Ein Rant.

Same old, same old: Ich sitze auf einer Familienfeier. Wir plaudern, die Kinder spielen. Was gibt’s Neues? Und bei dir so? Ich habe seit zwei Jahren keine Klamotten der gängigen Marken mehr geshoppt, erzähle ich. Gar nicht heroisch oder herausfordernd, einfach nur so nebenbei. Das war vor Kurzem nämlich noch meine Strategie: Leuten, die sich wenig bis sehr wenig mit der Klimakrise beschäftigten, spannende nachhaltige Dinge zu erzählen, sich dabei aber ein bisschen dumm zu stellen, damit man ja nicht oberlehrerhaft daherkommt. Vor allem angebracht, wenn man als junge Frau, na klar, alte weiße Männer belehren möchte.

"Aha. Und in euren Mallorca-Urlaub fahrt ihr dann mit der Eisenbahn, oder wie?", wird also beim Tee gefragt und geschmunzelt. "Mallorca hat mit meinen Klamotten ja nichts zu tun", sage ich und rolle innerlich zum milliardsten Mal mit den Augen. „Außerdem sind persönliche Reisen eh nicht das Problem."– "Jaja, wie es gerade passt, ne?", höre ich dann, lächle höflich und frage mich, ob ich sofort ausrasten soll oder später. Ich entscheide mich für: weder noch. So viele Male bin ich schon ins Gespräch gegangen, mit Onkeln, Tanten, Familienmitgliedern, Verkäufer*innen oder Kellner*innen. Mal verständnisvoll, mal aufklärend, mal wütend. Gebracht hat es meistens: nichts. Beim nächsten Get-together drehte sich das Karussell von vorn – und mir wurde nur noch übel.

"Das muss man aushalten", las ich dann immer wieder in den Feeds und Magazinen. „Der Dialog ist wichtig." Aber ist er das wirklich? Muss ich es tatsächlich aushalten, wenn mir als Gegenargumente Artikel oder YouTube-Videos vor die Nase gehalten werden, in denen Politiker ihre als Meinung getarnten Parolen zum Klima, zu Flüchtlingen oder zu meinem Uterus kundtun?

Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen, heißt es darin oft. Welche Sorgen sollen das denn sein? Dass sie jetzt nicht mehr in den Urlaub fliegen können, also nicht mehr dreimal im Jahr? Oder dass sie es sich nicht mehr leisten können, Fleisch zu kaufen – an jedem einzelnen Tag? Aber nein, ich verstehe schon, Ängste ernst nehmen, okay. Nur frage ich mich auch da: Wer sagt eigentlich, dass das immer das Beste ist? Einer Person mit Angststörungen ist doch auch nicht geholfen, wenn man ihrer Angst immer und überall Raum gibt. Wenn man ihr empfiehlt, vor jeder Spinne die Straßenseite zu wechseln. Oder wenn ich einer Kollegin mit Putzzwang verständnisvoll nickend jeden Morgen ein Desinfektionsmittel in die Hand drücke. Oder aber "besorgte Bürger" wegen ihrer Angst zu politischen Talkshows eingeladen werden, obwohl deren Inhalt meist selbst gemachter Wahnsinn ist.

Ich jedenfalls will mir die Sätze dieser Menschen nicht mehr reinziehen, ihre vor Verschwörungstheorien triefenden Argumente nicht mehr entkräften. Vielleicht ist das kindisch, vielleicht wird die Meinung der Klimakrisenleugner*innen nur stärker, wenn ich nicht mit ihnen spreche. Doch was ist mit meiner Meinung? Was ist, wenn sie immer schwächer wird, eben weil ich mit ihnen rede? Denn genau das passiert gerade. Ich bin müde, so schrecklich, schrecklich müde. Gegen immer dieselben Sprüche anzukommen. Gegen dieses "Für dein Soja werden aber auch Wälder abgeholzt" oder "Das Müllpro­blem ist doch in Asien, nicht in Deutschland". Ich bin es leid, meine Energie darauf zu verschwenden, sie aufzuklären, ihnen immer wieder Zahlen herunterzubeten, statt meine Ressourcen dafür zu nutzen, mich bei der nächsten Demo anzumelden oder eine Petition zu starten. Es gäbe tausend sinnvollere Beschäftigungen.

Mit Fakten erreichte ich genau das Gegenteil – nämlich, dass sie mir noch weniger glaubten. Und irgendwann habe ich verstanden, warum

Denn ich sage es jetzt, wie es ist: Ihre Gegenargumente sind einfach dumm. Ja, dumm! Und das vorsätzlich. Klar, ich könnte jetzt politisch korrekt "uninformiert" sagen. Und bevor gleich der große Aufschrei kommt: Ich meine hier nicht diejenigen, die mit Armut, Diskriminierung oder Krankheit vielleicht ganz andere Probleme haben als den Klimaschutz. Ich bin mir meiner Privilegien sehr wohl bewusst. Ich meine aber eben genau diejenigen, die, wie ich weiß, gesund und wohlhabend sind. Die, die sich informieren könnten. Denen ich gern sagen würde: Es gibt eine nette kleine Erfindung, die nennt sich Suchmaschine. Lest euch da doch mal ein bisschen ein.

Ganz ehrlich: Wir sind alle erwachsen. Ich bin nicht mehr länger dafür da, die fahrlässige Uninformiertheit anderer auszubaden oder ihre argumentativen Totalausfälle mit "Wir sind da unterschiedlicher Meinung" zu relativieren. Oder, noch schlimmer, ihnen den Unterschied zwischen einer seriösen Website und einem abgefuckten Verschwörungsportal zu erklären. Denn das meine ich mit vorsätzlich dumm: Wenn sie Letzterem mehr Vertrauen schenken oder sogar wis­sentlich auf diesen Seiten surfen, dann wird denen mein politisch korrektes Fakten-Bla-Bla eh am Arsch vorbeigehen. Oder wahrscheinlich noch nicht mal da.

Und da kommen wir zum letzten Punkt, warum ich nicht mehr mit Klimawandelverweigerern spreche: Irgendwann habe ich einfach verstanden, dass meine noch so fundierten Zahlen in diesem Kampf nichts bringen werden. Warum? In einer Studie wurde vor ein paar Jahren mal gezeigt, warum man bei emotionalen Themen wie Impfen, politischer Gesinnung oder eben der Klimakrise mit Zahlen weder bei überzeugten AfD-Wähler*innen noch Trumpfans noch Klimaleugnern weiterkommt: Da diese Themen hoch emotional behaftet sind, unsere Einstellungen zu ihnen seit Jahren tief in uns verankert sind und wir im Zweifelsfall unseren Alltag, unsere Berufe, ja, unsere Freundeskreise nach ihnen ausgerichtet haben. Kommen dann plötzlich von jemandem wie mir Fakten ins Spiel, die an dieser Überzeugung rütteln, würde der innere Konflikt so exorbitant werden, so gewaltig, so zerstörerisch (man müsste ja sein halbes Leben anzweifeln oder sogar ändern), dass das Hirn sich vor dieser Überlastung selbst schützt – indem es die Mauern im Kopf nur noch höher zieht. Anstatt nachzudenken gibt es dem Mund den Befehl, so etwas wie "Lügenpresse" oder "Die Zahlen sind sicher fake" daherzuschwafeln.

Irgendwann habe ich einfach verstanden, dass meine noch so fundierten Zahlen in diesem Kampf nichts bringen werden.

Und spätestens da, spätestens in dem Moment ist weder dem Zu-Überzeugenden noch dem Überzeugten zu helfen. Backfire-Effekt nennt sich das Ganze: Obwohl man den Menschen mit Fakten kriegen wollte, erreicht man das genaue Gegenteil. Da kann man eigentlich nur noch die zwischenmenschliche Scheidung einreichen. Nur genau das möchte ich ja an sich nicht. Denn – auch das ist die Wahrheit – es ist sehr leicht bei Klimaleugnern von uninformierten Idioten zu sprechen. Was aber, wenn diese „Idioten“ die eigenen Eltern sind? Oder aber der Onkel, der Cousin, die Schwägerin, die beste Freundin? Bricht man mit ihnen? Überzieht man sie mit Schimpfnamen, rauft sich und ihnen die Haare und schwört, nie wieder ein Wort mit ihnen zu reden? Vielleicht ja. Meistens aber nicht. Ich zumindest nicht. Denn abgesehen vom Klimathema hänge ich ja auch an meinen Verwandten, an meinen Freunden oder auch unbelehrbaren Kita-Müttern. Sie sind wundervolle, hilfsbereite, liebende Menschen. Sie finden es nur wichtiger, dass sich Greta erst mal behandeln lassen sollte, bevor sie weltweit Schüler*innenscharen wuschig macht.

Was mache ich also? Ich plane, beim nächsten Familientreffen nicht mehr über Politik zu sprechen. Nicht mehr über Flüchtlinge und nur noch über das Wetter. Ach nee, geht ja nicht. Na gut, dann nur noch über das Essen. Ach nee, geht ja auch nicht. Vielleicht sitzen wir dann nur noch da und schweigen uns an. Zumindest so lange, bis ich meinen Pulli ausziehe und auf meinem T-Shirt groß lesbar die Aufschrift "GRETA" zum Vorschein kommt. Die Wahrheit ist nämlich auch: Ich kann es nicht. Ich möchte, aber ich kann es einfach nicht lassen. Ich kann es nicht akzeptieren. Auf ein Neues, also. Ring – fucking – frei!

Argumente gegen Stammtischbullshit:

"CO2 gab es doch schon immer"

Kontra: Böden und Ozeane geben viel mehr CO2 ab als der Mensch, stimmt. Aber dieser Teil wird von der Natur absorbiert, alles ist im Gleichgewicht, wie bei einer Waage. Kommt auf der einen Seite minimal etwas dazu (durch Kohle, Öl & Co.), kippt die Waage. Das Gleichgewicht ist im Eimer.

"Der menschliche Einfluss ist nicht belegt"

Kontra: Einen Hundertpro-Beweis wird es nie geben. Hier greift aber das Ausschlussprinzip: Es gibt keine anderen wissenschaftlichen Gründe, die den Wandel sonst erklären könnten.

"Klimaveränderungen gab es früher auch"

Kontra: Ja, aber damals war es anders. Veränderungen im Klima früher und jetzt sind zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe.

Mehr Tipps gegen Schwachsinnstheorien im Buch „Anleitung zum Widerspruch“ von Franzi von Kempis.

Wer hier schreibt: Alexandra Zykunov

Umdenkmoment:

Seit sie den banalen Satz las „Kühe geben Milch nicht, weil sie Kühe sind. Sie geben Milch, weil sie Mütter sind", versucht sie, auf Milchprodukte größtenteils zu verzichten.

Schlimmster Fail:

Sie kocht nicht gerne und bestellt sich leider sehr viel Essen to go. 

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