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Ecosia: Per Klick ein neuer Baum

Ecosia: Per Klick ein neuer Baum: Baumkrone
© Maxim Schulz
Googeln und dabei etwas fürs Klima tun: eine ziemlich gute Idee! Die grüne Suchmaschine Ecosia hilft dabei. Ihre Klicks bringen Setzlinge in den Boden. Sogar in die dürre Erde Marokkos.

Fast jeden Tag besucht Bauer Ait Taleb Abdelloh seine Johannisbrotbäume auf einem Bergplateau im Süden Marokkos, weit über seinem Dorf in 1400 Metern Höhe. Den Dung seiner Ziegen bringt er ihnen mit, gießt sie mit dem Wasser, das eine Pumpe aus einem tiefer gelegenen Bewässerungskanal hochpumpt. Schaut, was ihnen sonst noch fehlt.

Fast zärtlich sieht Abdelloh, ein kräftiger Mann von 45 Jahren, seine Bäume an. Der Bergwind kühlt die heiße Sommerluft und treibt den Staub über die dunkle, trockene Erde. Abdellohs rechte Hand umfasst den knorrigen Zweig einer besonders hoch geschossenen zweijährigen Pflanze: "Ich lerne täglich", sagt er, ein bisschen stolz. "Für mich ist das ja alles neu."

Abdelloh: Ein Pionier im Atlasgebirge

Als Erste im Bergdorf Tamzndirt, in dem 120 Familien leben, wagen Abdelloh und seine Familie eine neue Form von Landwirtschaft. Bisher bauten die Bauern hier, im Atlasgebirge, Getreide an, vor allem für den Eigenbedarf. Langsam wachsende Nutzpflanzen wie Johannisbrotbäume, die erst nach Jahren gute Ernten bringen – dann aber für 50 Jahre und länger –, konnten sie sich nicht leisten; die Setzlinge waren zu teuer, die Wartezeit bis zur ersten Ernte mit fünf, sechs Jahren für sie zu lang. Dabei lohnt es sich: Früchte und Samen des Johannisbrotbaums können beachtliche Marktpreise bringen. Abdellohs 13 Kinder werden noch davon profitieren.

Ecosia: Per Klick ein neuer Baum: Baumpflanzung in Marokko
Ein Bauer setzt ein Zeichen. Ait Taleb Abdelloh (l.) war der Erste im Dorf, der nachhaltig landwirtschaftete.
© Maxim Schulz

Marokko hat etwa 90 Prozent seines ursprünglichen Waldes durch Abholzung und Bodenero­sion verloren. Hinzu kommt, dass die Unwetter in der Regenzeit immer heftiger werden; die vielen Ziegen der Bauern vertilgen das letzte Grün. An einem Ort, an dem der Boden erodiert, weil ihn außer Kiefern und ein paar Zedern-Arten keine Wurzeln mehr halten, setzt Abdelloh reihenweise neue Laubbäume; sie sollen den kargen Berghängen ihre Fruchtbarkeit zurückbringen, denn wo sie wachsen, kann in ihrem Schatten eine neue Vegetation entstehen, die zusätzliche Einnahmequellen sichert und den Boden vor weiterer Versteppung schützt.

Jedes Jahr verschwinden ungefähr 15 Milliarden der rund 3000 Milliarden Bäume auf der Erde. Etwa ein Drittel des Treibhausgas-Problems geht darauf zurück – wo keine Bäume mehr stehen, wird auch kein CO2 mehr langfristig in Holz und Boden gespeichert. Deshalb hat Abdelloh die Johannisbrotbäume gepflanzt. Für sich. Seine Familie. Das Klima. Die Welt. So groß ist das, was er tut.

Ecosia: Per Klick ein neuer Baum: trockener Boden Marokkos
Trockener Boden, viel Optimismus: Hier entsteht eine neue Johannisbrotbaum-Plantage.
© Maxim Schulz

Eine Billion, eine eins mit zwölf Nullen. So viele neue Bäume bräuchte es, um den Klimawandel jetzt noch abzumildern. "Dafür müssten sich aber alle Staaten an die Klimaziele des Pariser Abkommens halten", sagt Christian Kroll, Gründer eines Start-ups in Berlin, das dafür sorgt, dass sich die Bauern im Hohen Atlas wie auch an vielen anderen Orten der Welt die Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft überhaupt leisten können. Kroll, 35, Programmierer und Aktivist, studierte Betriebswirtschaft, fand dann aber wenig Sinn darin, einfach nur viel Geld zu verdienen. Er reiste, sah die Monokulturen und den verschwindenden Regenwald in Südamerika und war darüber so geschockt, dass er mit Mitte zwanzig beschloss, etwas zu tun. Seine Idee: die Erde so zügig und umfassend aufzuforsten, dass die Klimawende noch gelingen kann.

Das steckt hinter Ecosia

Vor rund zehn Jahren entwickelte er die grüne Suchmaschine Ecosia. Sie sieht ähnlich aus wie Google, nutzt aber die Microsoft-Suchmaschine Bing. Die Werbeumsätze – die Maschine finanziert sich wie jede über gesponserte Links – fließen an Microsoft, das den Großteil an Ecosia auszahlt. Und der Ecosia-Teil fließt dann zu 80 Prozent in Aufforstungsprogramme. In Brasilien, Indonesien – da, wo die Bäume groß sind und viel dazu beitragen, dass das CO2 aus der Luft gefiltert wird. Und in Regionen wie Marokko, wo die Bäume aufgrund des Klimas zwar kleine, knorrige Blätter haben und weniger Photosynthese betreiben können und doch helfen, denn nur nachhaltige Landwirtschaft kann die Schäden, die die Natur bereits erlitten hat, ein wenig reparieren.

Hätten wir 20 Jahre lang den Gewinn und die Marktposition wie Google, wäre das Problem Klimawandel gelöst.

Eigenen Profit zieht Kroll nicht aus seinem Unternehmen, das er inzwischen an eine Stiftung übergeben hat, die überwacht, dass alle Überschüsse in der Firma bleiben oder gespendet werden. Bislang macht Ecosias Marktanteil in Deutschland etwa ein Prozent aus. Kroll sagt: "Hätten wir 20 Jahre lang den Gewinn und die Marktposition wie Google, wäre das Problem Klimawandel gelöst."

Mehr Bäume gegen den Klimawandel

Dass eine weltweite Aufforstung die effektive Maßnahme gegen den Klimawandel ist, hat gerade eine Studie der ETH Zürich belegt. Zwei Drittel der von Menschen verursachten klimaschädlichen CO2-Emissionen, so die Forscher, könnten auf diese Weise ausgeglichen werden – allerdings nur, wenn schnell gehandelt werde, weil es Jahrzehnte dauert, bis die Wälder ihr CO2-Speicherpotenzial entfalten können. Andere grüne Unternehmen setzen daher lieber darauf, weitere Abholzung zu verhindern, durch Solarkollektoren in ländlichen Haushalten beispielsweise oder energieeffiziente Öfen. So macht es etwa das gemeinnützige Unternehmen atmosfair, auf dessen Seite jede*r für seine Flugreisen eine Ausgleichszahlung vornehmen kann.

9,5 Millionen Euro nahm das Unternehmen im vergangenen Jahr an Ausgleichszahlungen ein, 60 Prozent von Privatreisenden. Ein Baum kostet Ecosia durchschnittlich 20 Cent, dafür sind im Schnitt 45 Suchanfragen nötig. Damit nachvollziehbar ist, was die Nutzung der Seite bringt, läuft rechts oben ein Zähler mit Baumsymbol mit. Weit über 60 Millionen Bäume sind es bisher, die die Ecosia- User*innen in die Welt gebracht haben. 1,4 Millionen davon in Marokko. 500 stehen auf Abdellohs Feld.

Ecosia: Per Klick ein neuer Baum: Setzlinge
Es geht ums Überleben: Ecoisa zählt nur jene Setzlinge, die die ersten drei Jahre nach dem Einpflanzen überstehen.
© Maxim Schulz

Ecosias Baumzähler nennt nur Pflanzen, die länger als drei Jahre überleben; werden sie in einer Region gepflanzt, in der statistisch gesehen ein Viertel der jungen Bäume abstirbt, rechnet der Zähler diese im Vorab heraus. "Junge Bäume zu pflanzen, ist nicht so schwer", sagt Kroll. "Schwieriger ist es, dafür zu sorgen, dass sie überleben."

Deshalb wählt Ecosia seine globalen Partner genau aus: Bauern, die etwas von Böden verstehen, Pflanzkonzepte, die zur Region passen. In Abdellohs Fall die marokkanische NGO High Atlas Foundation, die im Hohen Atlas 15 Baumschulen – Mandel-, Feigen-, Zitronen-, Walnuss-, Oliven-, Kirsch-, Johannisbrotbäume – betreibt. Sie kombiniert Nachhaltigkeit und Dorfentwicklung und verteilt die Setzlinge zu einem geringen Preis an die Landwirte, die, bis die Pflanzen rentabel sind, Geld als Mitarbeiter in den Baumschulen verdienen können. Mehr als 3,6 Millionen Bäume und andere Pflanzen hat die Foundation seit 2003 bereits gepflanzt – finanziert mit US- und lokalen Geldern.

Ecosia: Per Klick ein neuer Baum: Baumschule
Pflanzen von der Pike auf: Eine der Baumschulen im Hohen Atlas. Diese ist für Walnussbaum-Setzlinge.
© Maxim Schulz

Vier der 15 Baumschulen werden derzeit von Ecosia finanziert, das Unternehmen gibt 248.000 Euro für zwei Jahre an die marokkanischen Partner. Dafür verlangt es vor Ort eine so akribische Dokumentation, als wäre jeder Stängel ein Klümpchen Gold. Pflanzdatum, Entwicklung, späterer Einsatzort werden in den Baumschulen erfasst und in digitale Karten eingetragen. Jeder gepflanzte Baum wird gelistet, jeder bepflanzte Hektar fotografiert, die Koordinaten mit Geo-Tag gespeichert. Auch Namen und Daten der Landwirte oder der Familie, auf deren Land gepflanzt wird, werden erfasst.

In jeder Sekunde gehen bei Google durchschnittlich 65000 Suchanfragen ein.

Es könnten 1444 Bäume sein.

Jede Sekunde.

Junge Frau hält im Supermarkt skeptisch eine Ananas hoch

Im Web suchen und Bäume pflanzen

Das Prinzip ist ganz einfach: Ecosia als Startseite festlegen (für Safari, Firefox und viele andere) und lossuchen. 45 Suchanfragen finanzieren einen Baum, den Ecosia-Partner*innen pflanzen. Die Suchmaschine betreibt ihre Server mit Solarstrom.

Gute Absichten, wenig Taten

Vier von fünf Unternehmen in Europa haben inzwischen eine eigene Klima-Agenda: Einige binden ihre Manager*innen-Boni an bestimmte Nachhaltigkeitsziele, andere erlegen sich Selbstverpflichtungen auf, wie Bosch, das bis 2020 CO2-neutral werden will – zunächst durch mehr Ökostrom und Kompensationen, später aus eigener Kraft. Andere lassen sich mehr Zeit: Der Energieriese Vattenfall etwa plant die Umstellung auf eine Energieproduktion ohne fossile Brennstoffe im Verlauf einer Generation – spät in Anbetracht der Klimaziele. Laut einer Umfrage der "WirtschaftsWoche" koppeln viele der Big Player ihr Wachstum weiter an ihre bisherigen Emissionswerte. Ein Drittel der Dax-Konzerne stieß 2018 sogar mehr CO2 aus als 2017. Nur rund 30 Prozent zahlen Kompensationen.

In BE GREEN, dem neuen Nachhaltigkeitsmagazin von BRIGITTE, lest ihr das exklusive Interview mit Greenfluencerin DariaDaria, in dem sie fordert: "Wir müssen Zeit neu definieren!"
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© Brigitte
BRIGITTE BE GREEN 1/2019

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