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"Mein Stil? Bunt und ein bisschen verrückt"

"Mein Stil? Bunt und ein bisschen verrückt"
© Alexandra Reszczynski
Die Bloggerin und Moderatorin Ninia LaGrande fällt mit guter Laune und guten Outfits auf. "Warum sollte ich mit 1,40 Meter weniger Spaß an Mode haben als jemand mit 1,80 Meter?"

Ninia LaGrande: "Mode ist für alle da!

Wer viel im Internet unterwegs ist und sich für Mode, Poetry Slams oder Feminismus interessiert, ist ihr vermutlich schon einmal begegnet: Ninia LaGrande, die eigentlich Ninia Binias heißt. Die 32-Jährige mit dem vielleicht sonnigsten Lächeln bei Instagram lebt in Hannover, ist wahnsinnig umtriebig - und sie ist kleinwüchsig. Wir haben mit ihr über ihren Stil, ihre Liebe zu Mode und ihr Herzensthema Inklusion gesprochen.

BRIGITTE: Du schreibst, trittst bei Poetry Slams auf, berätst in Social-Media-Fragen, bloggst, bist Aktivistin und moderierst obendrein im TV und bei Veranstaltungen - wie kriegst du das alles unter einen Hut?

Ninia LaGrande: Mit gutem Zeitmanagement! Manchmal wird es trotzdem chaotisch, vor allem, wenn auch noch ein Privatleben stattfinden soll. Dann muss ich mich zusammenreißen und auch mal etwas absagen, das ich gern gemacht hätte.

"Ich werde eh angeguckt, da kann ich mich auch modisch ausprobieren"

Lass uns über dein Modemagazin sprechen, das bei RTL lief: Worum ging es dir dabei und wie unterscheidet es sich von anderen Sendungen über Mode?

Ninias Fashion Mag ist eine Wissenssendung über Mode für Jugendliche. Wir stellen Modeberufe vor und besuchen Leute, die in der Modebranche arbeiten, von der Visual Merchandiserin bis zur Tätowiererin. Außerdem machen wir Umfragen und in der Rubrik "Style der Woche" beschäftigen wir uns mit Figurtypen. Der Tenor dabei ist immer: Mode soll Spaß machen und ist für alle da! Das ist mir sehr wichtig. Wir stellen keine krassen Designer vor oder präsentieren nur einen bestimmten Typ Model. Die Moderatorin ist kleinwüchsig - da ist es ja klar, dass wir zeigen wollen, dass jeder mit Mode spielen und sich ausprobieren kann.

Inklusion, also das selbstverständliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung, ist eines deiner großen Themen. Wie passt das mit deinem Spaß an Mode zusammen? Gibt es da Berührungspunkte?

Das passt total gut zusammen! Bei mir fing es damit an, dass mich meine Mama schon immer ein bisschen anders angezogen hat als andere Kinder. Experimentierfreudig, aber auch stylisch. Sie hat viel Wert darauf gelegt, dass meine Schwester und ich unseren eigenen Stil finden. In der Pubertät hat mir das sehr geholfen. Ich wurde eh angeguckt, deswegen habe ich mir gedacht: Jetzt kann ich mich ausprobieren. Mal schauen, wie die Leute reagieren, wenn die kleine Frau auch noch total verrückt angezogen ist. Ich interessiere mich einfach für Mode. Und ich sehe nicht ein, warum ich mit 1,40 Meter nicht genauso viel Spaß daran haben sollte wie eine Frau mit 1,80 Meter.

"Mein Stil? Bunt und ein bisschen verrückt"
© Alexandra Reszczynski

Und welche Rückmeldungen hast du auf die Sendung bekommen?

Mir schreiben zum Beispiel öfter Eltern von kleinwüchsigen Kindern, dass sie sich freuen, jemanden im Fernsehen sehen, der so ist wie ihre Kinder – und der noch dazu etwas moderiert, das thematisch überhaupt nichts mit Behinderung zu tun hat. Weil es ihnen zeigt, dass sie alles machen können, was sie wollen. Das ist für mich das allergrößte Lob.

Auf der Fashion Week in New York lief ein Model mit Down-Syndrom über den Laufsteg, es gibt ein erfolgreiches Bikini-Model ohne Beine: Hast du den Eindruck, dass sich in der Modebranche gerade etwas ändert?

Ich glaube, wir befinden uns in einer Zwischenstufe. Man muss sich schon fragen, ob die Designer das nur machen, um Aufmerksamkeit zu bekommen. So nach dem Motto: Dann nehme ich mal ein Model mit Down-Syndrom oder eines mit nur einem Bein, damit alle über mich berichten. Aber selbst wenn das ihr Beweggrund ist, finde ich es okay. Die Botschaft ist ja trotzdem positiv. Wir sind auf einem guten Weg. Es gibt zum Beispiel auch ein ganz erfolgreiches männliches Model, das eine Beinprothese hat. Die sieht man oft gar nicht, weil er eine lange Hose trägt. Das ist Inklusion!

Ist es eigentlich schwierig für dich, Klamotten zu finden, die dir gut passen?

Ich habe eine nette Schneiderin hier in Hannover, die meine Hosen umnäht. Ich kann ja nicht erwarten, dass massenweise Hosen in meiner Beinlänge und meiner Hüftweite gefertigt werden, so viele Leute gibt es gar nicht, die die kaufen könnten. Ganz schwierig ist es, Schuhe zu finden. Ich hab Größe 34, manchmal sogar nur 33. Früher habe ich mir Chucks aus den USA mitbringen lassen, weil es die hier in meiner Größe nicht gab. Inzwischen gibt es zum Glück coole Sneakers in Kindergröße. Aber Pumps und Stiefel sind eine Katastrophe. Die fangen in der Regel erst bei Größe 36 an und für Kinderstiefel sind meine Waden zu dick – abgesehen davon, dass sie nicht so aussehen, wie ich mir coole Schuhe vorstelle. Den Rest wurschtel ich mir zusammen. Manche Trends sind halt nichts für mich, der Oversized-Look zum Beispiel sieht bei mir mehr als oversized aus. Andererseits ist bauchfrei super. Die ganzen Crop Tops passen mir richtig gut.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Mir hat mal jemand gesagt, ich wäre die einzige Person, mit der sie das Wort Hipster positiv verbindet. Ein sehr nettes Kompliment, finde ich. Ansonsten ist mein Stil meistens sehr bunt, sehr experimentierfreudig und ein Mix aus Secondhand und von der Stange.

"Sei mutig und probiere dich aus!"

Du machst jeden Morgen ein Selfie von dir und postest es bei Instagram. Warum?

Es fing damit an, dass eine Bloggerin vor ein paar Jahren einen Rant über Modelmaße geschrieben hat. Dabei hat sie sich vertippt, statt 90-60-90 schrieb sie 60-90-60. Viele Leute fanden das spontan witzig und begannen, sich bei Instagram mit dem Hashtag #609060 zu fotografieren, um zu zeigen, dass es mehr gibt jenseits der Normform. Inzwischen ist es für mich zu einem Ritual geworden. Die Fotos sind eine Art Archiv meines Kleiderschranks. Und ich bekomme tolles Feedback. Leute schreiben mir, dass sie sich freuen, wenn sie mich morgens auf dem Foto lächeln sehen, sie finden meine Hose super und fragen nach einer Brille. Das sind auch Streicheleinheiten fürs Ego.

Deine Mutter hat dich früher außergewöhnlich angezogen. Ist sie für dich ein Stil-Vorbild?

Sie ist sehr stilsicher und weiß, was zusammenpasst. Wenn ich verzweifele, zum Beispiel weil ich zu einer Hochzeit eingeladen bin und partout nichts Passendes finde, schreibe ich ihr eine Nachricht und zehn Minuten später bekomme ich eine Mail mit diversen Links zu Kleidern, von denen mir drei mit Sicherheit gefallen und auch stehen. Sie kennt mich ja seit 32 Jahren und weiß, was ich mag.

Und wer inspiriert dich sonst noch?

Ganz viele verschiedene Menschen, jeden Tag. Diverse Instagram-Accounts wie @kellymcbabe, @cat_arsis, @vrenifrost, @jilly_peppa, @horstintheforest oder @sammijefcoate, meine Freundinnen, Fremde im Bus. Manchmal sehe ich einfach jemanden mit einer tollen Frisur oder einem bestimmten Lippenstift und denke: Das machst du morgen auch! Das habe ich auch von meiner Mama gelernt: Sei mutig und probiere die Dinge einfach aus!

Und hier noch ein Slam-Text von Ninia LaGrande

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